2011

Unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer führt zu Umsatzsteuerschuld – auch bei unvollständiger Rechnung

Ein unberechtigter Steuerausweis im Sinne des § 14c Abs. 2 UStG führt dazu, dass der Rechnungsaussteller die ausgewiesene Umsatzsteuer schuldet. Voraussetzung ist hierbei jedoch nicht, dass die Rechnung alle in § 14 Abs. 4 UStG aufgezählten Pflichtangaben aufweist. Auch in einer unvollständigen Rechnung kann somit der unberechtigte Ausweis von Umsatzsteuer zur Umsatzsteuerschuld des Rechnungsausstellers führen. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 17.02.2011. Im zugrunde liegenden Fall hatte eine Klägerin in mehreren Rechnungen über nicht erbrachte Leistungen abgerechnet und eine Umsatzsteuer in Höhe von insgesamt 74.121,60 EUR gesondert ausgewiesen. Die Rechnungen enthielten allerdings keinen Lieferzeitpunkt und keine fortlaufende Rechnungsnummer. Die Rechnungsempfängerin verwendete die Rechnungen zum Vorsteuerabzug. Das Finanzamt behandelte die gesondert ausgewiesenen Steuerbeträge in den Rechnungen nach § 14c Abs. 2 UStG als unberechtigt ausgewiesen und setzte in dieser Höhe Umsatzsteuer fest. Die Klägerin argumentierte, dass derartige, unvollständige Rechnungen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigen, weswegen § 14c Abs. 2 UStG nicht anzuwenden sei. Das Finanzgericht gab der Klägerin Recht, während der Bundesfinanzhof mit seinem aktuellen Urteil diesem widerspricht und damit zugleich seine Rechtsprechung zur alten Rechtslage aufgibt, wonach eine Rechnung im Sinne der „Strafbesteuerung“ nur vorliege, wenn sie alle in § 14 Abs. 4 UStG aufgezählten Pflichtangaben aufweise. Nunmehr schuldet jeder, der ein Dokument erstellt, in dem Umsatzsteuer ausgewiesen wird und dem Empfänger dadurch den Vorsteuerabzug ermöglicht, auch diese Umsatzsteuer.

Anmerkung: Ein unberechtigter Steuerausweis liegt insbesondere immer dann vor, wenn über Leistungen abgerechnet wird, die tatsächlich nicht erbracht worden sind, z.B. bei Schein- oder Gefälligkeitsrechnungen. Hieraus kann ein Vorsteuerabzug nicht wirksam vorgenommen werden. Die Umsatzsteuer wird gleichwohl geschuldet.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

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Umsatzsteuerpflicht für über eBay getätigte Privatverkäufe

Grobes Verschulden durch Nichtbeachtung der zugehörigen Anleitung bei Verwendung des Elster-Programms

Nach dem Urteil des FG Sachsen-Anhalt vom 30.06.2010 gilt das Handeln eines Steuerpflichtigen auch dann als grob fahrlässig, wenn er die Steuererklärung mithilfe des Elster-Programms erstellt hat, aber versäumte, die dazugehörende „Anleitung zur Einkommensteuererklärung“ sorgfältig durchzulesen und zu beachten. Fallen dann Fehler im Steuerbescheid beispielsweise erst im Folgejahr auf, ist die einmonatige Einspruchsfrist vorüber und der Steuerbescheid bestandskräftig. Eine Änderung ist dann in der Regel nur auf Grundlage der Vorschrift „Aufhebung oder Änderung von Steuerbescheiden wegen neuer Tatsachen oder Beweismittel“ möglich. Trifft den Steuerpflichtigen kein grobes Verschulden am nachträglichen Bekanntwerden neuer Tatsachen und Beweismittel, kann der Steuerbescheid auch dann noch zu seinen Gunsten geändert werden. Das gilt aber nach Ansicht des FG Sachsen-Anhalt nicht, wenn der Steuerpflichtige durch Nichtbeachtung der zum Elster-Programm gehörenden Anleitung den Fehler selbst grob verschuldet hat. 

Das FG Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 13.12.2010 bezüglich Verwendung des Elster-Programms milder entschieden, nämlich, dass Übertragungsfehler nicht stets als grobes Verschulden zu werten seien. Gegen diese Entscheidung wurde seitens der Finanzverwaltung allerdings Revision eingelegt.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Abzug von Reisekosten bei einem Sprachkurs im Ausland

Auch ein im Ausland absolvierter Sprachkurs kann beruflich veranlasst sein. Somit dürfen die Aufwendungen dafür als Werbungskosten abgezogen werden. Allerdings ist die Wahl, einen solchen Kurs auswärts zu besuchen, regelmäßig privat mit veranlasst, sodass die entstandenen Kosten in der Regel nur anteilig als Werbungskosten steuerlich wirksam werden können. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 24.02.2011. Die mit einer beruflichen Fortbildung verbundenen Reisekosten sind uneingeschränkt als Werbungskosten abziehbar, wenn die Reise nahezu ausschließlich der beruflichen Sphäre zugeordnet werden kann. Ist allerdings die Reise auch privat mit veranlasst, kann eine Aufteilung der Kosten und der Abzug des beruflich veranlassten Teils nach dem Verhältnis der beruflichen und privaten Zeitanteile in Betracht kommen. Diese Aufteilung ist jedoch dann nicht möglich, wenn berufliche und private Veranlassung nicht zeitlich nacheinander, sondern gleichzeitig realisiert werden, wie im zugrunde liegenden Streitfall. Ein Zugführeroffizier der Bundeswehr hatte an einem Englischsprachkurs in Südafrika teilgenommen. Finanzamt und Finanzgericht verweigerten den Abzug der entstandenen Kosten als Werbungskosten, da keine ausschließliche berufliche Veranlassung gegeben war, den Kurs unbedingt dort zu absolvieren. Dem trat der Bundesfinanzhof entgegen. Da sich berufliche und private Anteile der Reise überlagerten, sei jedoch ein anderer als der zeitliche Aufteilungsmaßstab in Betracht zu ziehen - wie genau die Aufteilung erfolgen solle, blieb dabei offen. Eine hälftige Aufteilung sämtlicher mit der Reise verbundenen Kosten sei allerdings durchaus möglich.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

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Aufteilung gemischt veranlasster Aufwendungen

Anlaufhemmung bei der Antragsveranlagung zur Einkommensteuer

Mit Urteil vom 20.04.2011 entschied das Finanzgericht Baden-Württemberg, dass auch für Antragsveranlagungen die dreijährige Anlaufhemmung nach § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO gilt und somit letztlich die Festsetzungsfrist erst nach sieben Jahren abläuft. Die Finanzverwaltung hingegen vertritt die Ansicht, dass für die Antragveranlagung nach § 170 Abs. 1 AO keine Anlaufhemmung gilt. Grundlage der Entscheidung ist, dass der Steuergesetzgeber im Einkommensteuerrecht die Steuerschuldner der verschiedenen Einkunftsarten gleich zu behandeln und damit eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung zu vermeiden hat. Demzufolge beginne nicht nur für Steuerpflichtige, die eine Steuererklärung abgeben müssen, sondern auch für solche, die nur auf ihren Antrag hin veranlagt werden, die vierjährige Festsetzungsfrist erst nach Ablauf der dreijährigen Anlaufhemmung. Allein die systematische Unterscheidung von Einkunftsarten im Gesetz rechtfertige für sich allein eine Ungleichbehandlung nicht. Die Revision wurde zugelassen.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Berufsmusiker darf Kosten für ein häusliches Übungszimmer uneingeschränkt steuerlich absetzen

Aufwendungen für das Übungszimmer eines Berufsmusikers sind grundsätzlich unbeschränkt abziehbar, sofern die Räumlichkeit nahezu ausschließlich beruflich genutzt wird. Zu dieser Entscheidung kam das Finanzgericht Köln in seinem Urteil vom 13.10.2010. Danach stellt das Übungszimmer eines Musikers kein häusliches Arbeitszimmer im Sinne von § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG dar. Der Begriff des häuslichen Arbeitszimmers ist der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zufolge das häusliche Büro, das seiner Lage, Funktion und Ausstattung nach in die häusliche Sphäre eingebunden ist und vorwiegend der Erledigung gedanklicher, schriftlicher, organisatorischer oder verwaltungstechnischer Arbeiten dient. Letztere Eigenschaften seien dem häuslichen Übungszimmer eines Berufsmusikers nicht zuzuordnen, da der Raum eher einem Tonstudio als einem Arbeitszimmer im herkömmlichen Sinne entspreche. Demzufolge könne auch nicht die nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG vorgesehene Abzugsbeschränkung hinsichtlich der Betriebsausgaben für einen solchen Raum Anwendung finden.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

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