2011

Ringweise Anteilsveräußerungen und -erwerbe zwecks Verlustnutzung sind grundsätzlich kein Gestaltungsmissbrauch

Im Urteil vom 07.12.2010  entschied der Bundesfinanzhof, dass die verlustbringende Veräußerung eines Kapitalgesellschaftsanteils an einen Mitgesellschafter nicht deshalb rechtsmissbräuchlich ist, weil der Veräußerer in engem zeitlichen Zusammenhang von einem anderen Mitgesellschafter dessen in gleicher Höhe bestehenden Gesellschaftsanteil an derselben Gesellschaft erwirbt.

Strittig war der Fall der Gesellschafter einer GmbH, die in den Jahren 2000 und 2001 fast ausschließlich mit Aktien am Neuen Markt handelte. Das in Wertpapieren angelegte Kapital betrug aufgrund der negativen Börsenentwicklung Ende 2001 nur noch einen Bruchteil des ursprünglichen Wertes. Vor diesem Hintergrund veräußerten die Gesellschafter der GmbH ihre jeweilige Beteiligung reihum an einen Mitgesellschafter und erwarben zeitgleich wieder eine Beteiligung in gleicher Höhe von einem anderen Mitgesellschafter. Der aus der Veräußerung entstandene Verlust wurde seitens Finanzamt und Finanzgericht wegen Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO nicht steuerlich anerkannt. Der Bundesfinanzhof hingegen begründete sein Urteil damit, dass das Motiv, Steuern zu sparen, eine steuerliche Gestaltung deshalb nicht missbräuchlich macht. Letztlich steht es gemäß § 17 EStG einem Anteilseigner frei, ob, wann und an wen er seine Anteile an der GmbH verkauft. Außerdem ist zu beachten, dass sich durch den erneuten Anteilserwerb die steuerrechtliche Ausgangslage ändert. Bei einer späteren Veräußerung dieser Anteile oder bei einer Liquidation der GmbH werden Gewinn oder Verlust unter Berücksichtigung der niedrigeren Anschaffungskosten ermittelt.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

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Tank- und Geschenkgutscheine des Arbeitgebers als steuerfreier Sachbezug

Der Bundesfinanzhof hat mit drei Urteilen vom 11.11.2010 (VI R 21/09, VI R 27/09, VI R 41/10) erstmals Grundsätze zu der Unterscheidung von Barlohn und einem nach dem Einkommensteuergesetz bis zur Höhe von monatlich 44 € steuerfreien Sachbezug aufgestellt und damit Fragen der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Tankkarten, Tankgutscheinen und Geschenkgutscheinen beantwortet.

In den vom Bundesfinanzhof entschiedenen Fällen hatten Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern das Recht eingeräumt, auf ihre Kosten gegen Vorlage einer Tankkarte bei einer bestimmten Tankstelle bis zu einem Höchstbetrag von 44 € monatlich zu tanken oder den Arbeitnehmern anlässlich ihres Geburtstages Gutscheine über 20 € einer großen Einzelhandelskette geschenkt oder den Arbeitnehmern Tankgutscheine überreicht, mit denen diese bei einer Tankstelle ihrer Wahl 30 Liter Treibstoff tankten und sich die verauslagten Kosten dafür von ihrem Arbeitgeber erstatten ließen. Die Arbeitgeber bewerteten die Zuwendungen jeweils als steuerfreien Sachbezug und behielten demzufolge angesichts der Freigrenze keine Lohnsteuer ein. Die Finanzämter und Finanzgerichte gingen auf Grundlage von Verwaltungserlassen von steuerpflichtigem Barlohn aus und beharrten auf entsprechenden Lohnsteuerhaftungs- und Nachforderungsbescheiden. Der Bundesfinanzhof entschied  dagegen in allen Streitfällen, dass es sich um Sachbezüge handele. Die Unterscheidung Barlohn oder Sachbezug sei nach der Art des arbeitgeberseitig zugesagten und daher arbeitnehmerseitig zu beanspruchenden Vorteils selbst und nicht durch die Art und Weise der Erfüllung des Anspruchs zu treffen. Rechtsgrundlage sind die arbeitsvertraglichen Vereinbarungen. Kann demnach der Arbeitnehmer lediglich die Sache selbst beanspruchen, kommt eine Steuerbefreiung für Sachbezüge nach § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG in Betracht. Unerheblich ist dabei, ob der Arbeitgeber zur Erfüllung dieses Anspruchs selbst tätig wird, oder dem Arbeitnehmer gestattet, auf seine Kosten die Sachen bei einem Dritten zu erwerben. Demzufolge liegen Sachbezüge auch dann vor, wenn der Arbeitgeber seine Zahlung an den Arbeitnehmer mit dem Nachweis des Erwerbs einer bestimmten Sache verbindet.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Nachträglicher Einbau einer Gasanlage erhöht nicht den pauschalen Nutzungswert eines Dienstwagens

Mit seinem Urteil vom 13.10.2010 hat der Bundesfinanzhof entschieden, dass der nachträgliche Einbau einer Flüssiggasanlage in ein privat genutztes betriebliches Fahrzeug nicht als Son­derausstattung in die Bemessungsgrundlage bei Anwendung der 1-%-Regelung einzubeziehen ist. Eine Sonderausstattung im Sinne des Gesetzes liegt danach nur dann vor, wenn das Fahrzeug bereits werkseitig zum Zeitpunkt der Erstzulassung damit ausgestattet ist.

Umrüstungskosten auf Flüssiggasbetrieb bei privat genutzten Dienstfahrzeugen sind deshalb nicht in den pauschalen Nutzungswert einzurechnen. Generell ist bei der 1-%‑Regelung für jeden Kalendermonat ein Prozent des inländi­schen Listenpreises zum Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich der Umsatz­steuer anzusetzen. Nach Ansicht des Gerichtes hebt der Gesetzgeber zwei Merkmale hervor, die bei der Einbeziehung von Sonderausstattungen relevant sind. Zum einen muss es sich dabei um werkseitig zusätzlich eingebaute Ausstattungen des Fahrzeugs handeln, zum anderen muss die Zusatzausstattung bereits zum Zeitpunkt der Erstzulassung vorhanden sein. Es ist erkennbar, dass mit der Anknüpfung der Bemessungsgrundlage an den Zeitpunkt der Erst­zulassung – statt an die tatsächlichen Anschaffungskosten – nachträgliche Veränderun­gen des Wertes an dem jeweiligen Fahrzeug nicht auch zur Veränderung des pauschalen Nutzungswertes bei Anwendung der 1-%‑Regelung führen sollen. Ansonsten müssten ohne zeitliche Begrenzung alle nachträglichen Umbaumaßnahmen an gebrauchten Fahrzeugen für die Anwendung der Vorschrift nachvollzogen werden.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

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Erleichterter Nachweis von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen

Bislang musste zur Geltendmachung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen ein vor Beginn der Behandlung eingeholtes amts- oder vertrauensärztliches Gutachten bzw. Attest eines öffentlich-rechtlichen Trägers vorgelegt werden. Unter Änderung seiner bisherigen Rechtsprechung hat der Bundesfinanzhof mit seinen Urteilen vom 11.11.2010 VI R 17/09 und VI R 16/09 entschieden, dass dieser Nachweis auch noch später und durch jegliche geeignete Beweismittel erfolgen kann. Damit teilt er nicht mehr die der ursprünglichen Rechtsprechung zugrunde liegende unbestimmte Sorge, dass ein behandelnder Arzt ein sogenanntes Gefälligkeitsgutachten ausstellen könne.

Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands entstehen. Insbesondere gilt dies auch für Krankheitskosten, die der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen, unter der ein unterhaltsberechtigtes minderjähriges Kind des Steuerpflichtigen leidet. In den beiden Klagen ging es einmal um die steuerliche Geltendmachung von Kosten für Schule, Unterkunft, Verpflegung und Therapie für die vom behandelnden Arzt vorgeschlagene Unterbringung eines Kindes in einem Internat mit integriertem Legastheniezentrum. Im zweiten Fall war streitig, ob die Kosten für Anschaffung neuer Möbel, die die Kläger wegen Asthmabeschwerden ihres Kindes erwarben, als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen sind. Das Finanzgericht lehnte die Klage ab, da die konkrete Gesundheitsgefährdung durch die alten Möbel nicht durch ein amtsärztlichen Attest nachgewiesen worden sei. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass sich das bisherige formalisierte Nachweisverlangen nicht aus dem Gesetz ergebe und dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung widerspreche. Es sei auch nicht ersichtlich, warum nur ein Amtsarzt oder etwa der medizinische Dienst einer öffentlichen Krankenversicherung, nicht aber ein anderer Mediziner die erforderliche Sachkunde und Neutralität besitzen soll, medizinisch erforderliche und nützliche Maßnahmen objektiv und sachverständig beurteilen zu können.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

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Kosten für krankheitsbedingte Heimunterbringung sind als außergewöhnliche Belastung abziehbar

Kosten für krankheitsbedingte Heimunterbringung sind als außergewöhnliche Belastung abziehbar

Nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 13.10.2010 sind die Kosten bei einem durch Krankheit veranlassten Aufenthalt in einem Seniorenheim auch dann als außergewöhnliche Belastung einkommensteuerlich abziehbar, wenn keine ständige Pflegebedürftigkeit besteht und auch keine zusätzlichen Pflegekosten abgerechnet worden sind. Mit dieser Entscheidung rückt der Bundesfinanzhof von seinen bislang strengeren Grundsätzen ab, wonach für einen Abzug entweder zusätzliche Kosten für Pflegeleistungen oder die Ausstellung eines Schwerbehindertenausweises mit den Merkzeichen "H" oder "Bl" Voraussetzung waren.

Dem Urteil liegt der Fall einer Klägerin zugrunde, die nach einer stationären Behandlung in einer psychiatrischen Klinik auf ärztliche Empfehlung hin in ein Seniorenheim gezogen war. Ihre Wohnung hatte die Klägerin währenddessen nicht aufgegeben. Das Finanzamt erkannte die geltend gemachten Kosten des Seniorenheims nicht als außergewöhnliche Belastung an, weil die Klägerin nicht in eine Pflegestufe eingruppiert gewesen sei und auch das Merkmal "H" im Behindertenausweis fehlte. Dem widersprach der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil. Anders als bei einem altersbedingten Aufenthalt führt eine krankheitsbedingte Unterbringung in einem Seniorenheim zu Krankheitskosten. Demzufolge können Miet- und Verpflegungskosten abzüglich einer Haushaltsersparnis als außergewöhnliche Belastung steuerlich berücksichtigt werden. Auch Pflegebedürftigkeit ist keine Voraussetzung für den Abzug, wenn ärztlich bescheinigt wird, dass der Heimaufenthalt infolge einer Erkrankung notwendig wurde.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz