2010

Zufluss von Kapitaleinnahmen aus Schneeballsystemen

Leider führen Gier und blindes Vertrauen immer wieder dazu, dass Anleger Erspartes in undurchsichtige Kapitalanlagen des grauen Kapitalmarktes investieren und am Ende statt der erhofften Rendite einen Kapitalverlust erzielen. Gelegentlich handelt es sich hierbei um sogenannte Schneeballsysteme, bei denen Auszahlungen an alte Anleger mit dem frischen Kapital neuer Anleger finanziert werden. Solche Ausschüttungen sind in jedem Fall als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern. Teilweise werden aber auch mögliche Ausschüttungen in der Hoffnung auf weitere Renditen wieder angelegt und kommen nicht zur Auszahlung. Fraglich war, ob diese Scheinrenditen als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern seien. Der BFH hat mit Urteil vom 16.03.2010 entschieden, dass dem so ist, sofern der Betreiber des Schneeballsystems bei entsprechendem Verlangen des Anlegers zur Auszahlung gutgeschriebener Beträge leistungsbereit und leistungsfähig gewesen wäre. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH sind Einnahmen zugeflossen, sobald der Steuerpflichtige über sie wirtschaftlich verfügen kann. Eine Gutschrift in den Büchern des Verpflichteten kann einen Zu­fluss bewirken, wenn in der Gutschrift nicht nur das buchmä­ßige Festhalten einer Schuld zu sehen ist, sondern darüber hinaus zum Ausdruck gebracht wird, dass der Betrag dem Berech­tigten von nun an zur Verwendung zur Verfügung steht. Aller­dings muss der Gläubiger in der Lage sein, den Leistungserfolg ohne weiteres Zutun des im Übrigen leistungsbereiten und leis­tungsfähigen Schuldners herbeizuführen. Unerheblich ist, ob die Beträge tatsächlich erwirtschaft waren. Für geschädigte Anleger bedeutet dies im schlimmsten Fall, dass sie nicht nur das eingesetzte Kapital verloren, sondern auf die Scheinrenditen auch noch Einkommensteuer zahlen müssen.

 

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Anlage KAP 2009

Vertragswidrige private Fahrzeugnutzung – Arbeitslohn oder verdeckte Gewinnausschüttung?

Mit dem Urteil vom 11.02.2010 widerspricht der BFH einem Urteil des FG Niedersachsen, wonach die vertragswidrige Nutzung eines Dienstwagens durch einen Gesellschafter-Geschäftsführer stets als verdeckte Gewinnausschüttung und nicht als Arbeitslohn zu werten sei. Der BFH urteilte: Unterbindet die Kapitalgesellschaft die unbefugte Nutzung durch den Gesellschafter-Geschäftsführer nicht, kann dies sowohl durch das Beteiligungsverhältnis als auch durch das Arbeitsverhältnis, also aus dem Anstellungsvertrag, veranlasst sein. Demgemäß kann die private Nutzung nach dem gemeinen Wert oder unter Anwendung der 1-%-Regelung zu ermitteln sein. Die Zuordnung, ob eine verdeckte Gewinnausschüttung oder Arbeitslohn vorliegen, bedarf der wertenden Betrachtung im Einzelfall. Es blieb jedoch offen, wie genau diese Abgrenzung vorzunehmen ist.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

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1-%-Regelung bei mehreren PKW im Betriebsvermögen

Keine Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes wegen eventueller Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlags

Mit Beschluss vom 27.05.2010 hat der 12. Senat des FG Niedersachsen die Aussetzung der Vollziehung wegen der eventuellen Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlags abgelehnt. Dabei hat das Gericht eine Interessenabwägung zwischen dem berechtigten Interesse der Antragsteller auf Gewährung des vorläufigen Rechtsschutzes und dem öffentlichen Interesse an dem Vollzug des derzeit gültigen Gesetzes vorgenommen. Auch wurde erwogen, dass bislang lediglich der 7. Senat des FG Niedersachsen von der Verfassungswidrigkeit des Solidaritätszuschlaggesetzes ausgegangen ist (FG Niedersachsen, 25.11.2009). Der BFH und einige andere FG sind dieser Rechtsauffassung entgegengetreten. Außerdem sei zu erwarten, dass das Bundesverfassungsgericht das Solidaritätszuschlaggesetz voraussichtlich nicht ohne Anordnung einer befristeten Fortgeltungsregelung für verfassungswidrig erklären wird. Der Senat hat die Beschwerde zum BFH zugelassen.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Teilabzugsverbot bei Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften

Das Bundesfinanzministerium hat mit Schreiben vom 28.06.2010 den Nichtanwendungserlass vom 15.02.2010 aufgehoben, welcher besagte, dass die Grundsätze des BFH-Urteils vom 25.06.2009 nicht über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden seien. In dem entsprechenden Urteil hatte der BFH festgestellt, dass Erwerbsaufwendungen im Zusammenhang mit Einkünften nach § 17 Abs. 1 und 4 EStG – insbesondere also die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften bei Beteiligung von mindestens einem Prozent – nicht nach § 3c Abs. 2 Satz 1 EStG zu begrenzen sind, sofern der Steuerpflichtige keine durch seine Beteiligung vermittelte Einnahmen erzielt hat. Nachdem der BFH in einem weiteren Urteil vom 18.03.2010 ähnlich entschieden hatte, sah sich das Bundesfinanzministerium nun zu diesem Schritt genötigt. Das „Glück“ ist jedoch wohl nur von kurzer Dauer, denn bereits mit dem Jahressteuergesetz 2010 ist beabsichtigt, den § 3c Abs. 2 EStG ab 2011 dahingehend zu konkretisieren, dass bereits die reine Absicht, Einnahmen zu erzielen, für die Anwendung des Teilabzugsverbotes ausreichend sein solle.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Keine zwingende Korrektur von Steuerbescheiden wegen nachträglich bekannt gewordener neuer Tatsachen

Die Änderung eines Steuerbescheides nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen oder Beweismitteln zugunsten des Steuerpflichtigen kommt nicht in Betracht, sofern das Finanzamt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch bei Kenntnis der Tatsachen zum Zeitpunkt der Steuerfestsetzung nicht anders hätte entscheiden können. Dies hat der BFH mit Urteil vom 22.04.2010 festgestellt. Für die notwendige Kausalitätsprüfung ist grundsätzlich der Zeitpunkt wichtig, zu dem das Finanzamt den Vorgang der Steuerfestsetzung abgeschlossen hat. Wie das Finanzamt bei ursprünglicher Kenntnis entschieden hätte, ist im konkreten Falle aufgrund des Gesetzes, wie es nach der damaligen Rechtssprechung des BFH ausgelegt wurde, und den die Finanzämter bindenden Verwaltungsanweisungen zu beurteilen. Liegen unmittelbar zu der umstrittenen Rechtslage weder Rechtsprechung des BFH noch bindende Verwaltungsanweisungen vor, so ist aufgrund anderer objektiver Umstände abzuschätzen, wie das Finanzamt in Kenntnis des vollständigen Sachverhalts entschieden hätte. Das mutmaßliche Verhalten des einzelnen Sachbearbeiters und seine individuellen Rechtskenntnisse sind dabei ohne Bedeutung.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz