2014

Kindergeld während der Mutterschutzfrist und der Elternzeit

Ein Kind, das die Suche nach einem Ausbildungsplatz während der Mutterschutzfrist unterbricht, ist in diesem Zeitraum weiterhin beim Kindergeld zu berücksichtigen. Dies gilt auch dann, wenn es die Bemühungen um einen Ausbildungsplatz nach dem Ende der Mutterschutzfrist nicht fortsetzt. Hingegen kann ein Kind, das während der Elternzeit keinen Ausbildungsplatz sucht oder das seine Ausbildung wegen der Elternzeit unterbricht, nicht als Kind berücksichtigt werden. Das entschied der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 13.06.2013. Im strittigen Fall klagte der Vater einer im Juni 1983 geborenen Tochter. Diese lebte seit Juni 2003 in einem eigenen Haushalt, bezog aber aufgrund von Arbeitslosigkeit ALG II. Sie war als Bewerberin um eine berufliche Ausbildungsstelle gemeldet und bemühte sich zudem selbst um einen Ausbildungsplatz. Der Vater erhielt für die Tochter Kindergeld. Im Juni 2005 gebar diese selbst eine Tochter. Seit dem Tag des Beginns ihrer Mutterschutzfrist war sie nicht mehr als Bewerberin um einen Ausbildungsplatz registriert. Die Familienkasse hob die Festsetzung des Kindergeldes für Mai 2005 bis Mai 2006 sowie von September 2007 bis März 2008 auf. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Auch das FG wies die Klage mit der Begründung ab, dass die Tochter nicht nach § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG zu berücksichtigen sei, da sie nicht als Bewerberin für eine berufliche Ausbildungsstelle registriert war. Der Bundesfinanzhof entschied mit seinem Urteil, dass die Revision hinsichtlich der Monate Mai bis August 2005 begründet sei, weil die Unterbrechung der Suche nach einem Ausbildungsplatz während der Mutterschutzfrist für den Bezug von Kindergeld ebenso unschädlich ist wie die Unterbrechung einer Ausbildung während der Schutzfrist. Aufgrund des Beschäftigungsverbots nach dem MuSchG sei auch eine Ausbildung vorübergehend nicht möglich bzw. nicht zumutbar. Gleiches gilt bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz, da diese nicht nur das Verfassen von Bewerbungsschreiben, sondern auch Vorstellungsgespräche, die Teilnahme an Auswahltests und gelegentlich sogar Probearbeit erfordere. Diese Tätigkeiten können physisch und psychisch ebenso anstrengend sein wie eine durch das MuSchG untersagte normale Arbeit. Hinsichtlich der Monate September 2005 bis Mai 2006 sowie September 2007 bis März 2008 allerdings wies auch der Bundesfinanzhof die Klage als unbegründet zurück. Ein Kind, das seine Ausbildung oder die Suche nach einem Ausbildungsplatz während der Elternzeit unterbricht, ist in beiden Fällen nicht aus objektiven Gründen an der Ausbildung oder der Suche nach einem Ausbildungsplatz gehindert, sondern es setzt diese aufgrund eines eigenen Entschlusses zugunsten der Förderung des Eltern-Kind-Verhältnisses während dieser Zeit nicht fort. Daher gilt in der Elternzeit auch kein Kindergeldanspruch.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

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Verlängerter Kindergeldbezug auch bei einem Studium während des Zivildienstes

Berichtigung bestandskräftiger Steuerbescheide

Übersieht das Finanzamt bei der Einkommensteuerveranlagung, dass der Steuerpflichtige in seiner vorgelegten Gewinnermittlung die für denselben Veranlagungszeitraum erklärten und im Umsatzsteuerbescheid erklärungsgemäß berücksichtigten Umsatzsteuerzahlungen nicht als Betriebsausgabe erfasst hat, liegt eine von Amts wegen zu berichtigende offenbare Unrichtigkeit nach § 129 AO vor. So entschied der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 27.08.2013. Im entschiedenen Fall erzielte der Kläger in den Streitjahren 2002 bis 2005 Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit und ermittelte seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG. In seinen Gewinnermittlungen waren auf der Ausgabenseite die geleisteten Umsatzsteuerzahlungen nicht als Betriebsausgaben enthalten. Das Finanzamt veranlagte den Kläger anhand seiner erklärten Einkünfte, ohne den Fehler zu bemerken. Nachdem die Einkommensteuerbescheide bestandskräftig geworden waren, beantragte der Kläger deren Änderung unter Hinweis auf die unberücksichtigten Umsatzsteuerzahlungen. Dies lehnte das Finanzamt wegen Bestandskraft der Einkommensteuerbescheide ab. Auch das FG wies die Klage ab. Der Bundesfinanzhof allerdings widersprach den Vorinstanzen, denn nach § 129 AO können Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten jederzeit berichtigt werden. Offenbar ist eine Unrichtigkeit dann, wenn der Fehler bei Offenlegung des Sachverhalts für jeden unvoreingenommenen Dritten klar und eindeutig als Unrichtigkeit erkennbar ist. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs waren die Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre offenbar unrichtig. Der Kläger berücksichtigte in seinen Einnahmenüberschussrechnungen geleistete Umsatzsteuerzahlungen nicht, obwohl er in den zeitgleich eingereichten Umsatzsteuererklärungen Umsatzsteuerzahlungen ausgewiesen hatte. Das Finanzamt setzte die Umsatzsteuer auch jeweils erklärungsgemäß fest. Daher war ausgeschlossen, dass die unterbliebene Übernahme der Ausgabenposition "Umsatzsteuerzahlungen" auf nicht hinreichender Sachaufklärung beruhen konnte. Auch dafür, dass der zuständige Sachbearbeiter des Finanzamts hätte annehmen können, die geleisteten Umsatzsteuerzahlungen seien zu einem anderen Veranlagungszeitraum nicht angesetzt worden, fehlte jeglicher Anhaltspunkt. Aus der objektiven Sicht eines Dritten und damit auch der des Finanzamts war erkennbar, dass die gesamten umsatzsteuerlich berücksichtigten Umsatzsteuerzahlungen nur aufgrund eines mechanischen Versehens vom Kläger nicht erfasst worden waren. Die betreffenden Einkommensteuerbescheide waren demzufolge zu berichtigen.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Keine regelmäßige Arbeitsstätte bei vorübergehender Abordnung oder Versetzung

Nach dem jüngsten Urteil des Bundesfinanzhofs begründet ein Arbeitnehmer, der von seinem Arbeitgeber für drei Jahre an eine andere Tätigkeitsstätte versetzt wird, dort keine regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG. Die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Tätigkeitsstätte werden daher als Reisekosten in tatsächlicher Höhe berücksichtigt. Im strittigen Fall wurde der Kläger, ein Finanzbeamter, mit Wirkung vom 01.08.1993 von seiner bisherigen Arbeitsstätte (zugleich Wohnort) an die Landesfinanzschule Niedersachsen abgeordnet. In einem zweiten Schreiben vom Oktober 1993 wurde er aus dienstlichen Gründen mit Wirkung vom 01.11.1993 an die Landesfinanzschule Niedersachsen versetzt. Dieses enthielt den Hinweis, dass „nach derzeitigem Stand dort eine Verwendung bis zum 31.07.1996“ vorgesehen sei. Mit Wirkung vom 01.04.1997 wurde der Kläger für die Dauer von drei Monaten von der Landesfinanzschule Niedersachsen an sein bisheriges Finanzamt abgeordnet mit der Absicht, ihn mit sofortiger Wirkung dorthin zu versetzen. Der Kläger war der Ansicht, dass seine Fahrten zwischen der Wohnung und der Landesfinanzschule an 136 Tagen in den Streitjahren 1996 und 1997 mit jeweils 138 Entfernungskilometern als Reisekosten zu behandeln seien. Das Finanzamt erkannte lediglich einen begrenzten Abzug als Werbungskosten an. Einsprüche bzw. die Klage vor dem FG wurden zurückgewiesen. Der Bundesfinanzhof hob allerdings die Entscheidungen der Vorinstanzen auf. Fahrtkosten eines Arbeitnehmers im Rahmen einer beruflich veranlassten Auswärtstätigkeit sind Erwerbsaufwendungen und gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG in Höhe des dafür tatsächlich entstandenen Aufwands als Werbungskosten steuerlich zu berücksichtigen. Eine Auswärtstätigkeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer vorübergehend außerhalb seiner Wohnung und seiner regelmäßigen Arbeitsstätte beruflich tätig ist; dies gilt auch dann, wenn er  vorübergehend längerfristig dahin versetzt wurde. Eine betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers anderenorts wird nur dann zur regelmäßigen Arbeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG, wenn dem Arbeitnehmer diese Tätigkeitsstätte dauerhaft zugeordnet wurde. Für den Kläger war eine Tätigkeit an der Landesfinanzschule "nach derzeitigem Stand ... bis zum 31.07.1996“ vorgesehen. Demnach war seine dortige berufliche Verwendung  auf drei Jahre befristet, damit nur vorübergehend und folglich war der Kläger auswärts tätig. Die Kosten für die Wege zwischen seiner Wohnung und der Landesfinanzschule Niedersachsen waren daher, entgegen der Auffassung von Finanzamt und FG, in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen. 

Hinweis: Vergleiche Urteil über eine regelmäßige Arbeitsstätte nach unbefristeter Versetzung, ebenfalls vom 08.08.2013.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Hintergründe zu dieser Nachricht:

Regelmäßige Arbeitsstätte nach unbefristeter Versetzung

Regelmäßige Arbeitsstätte nach unbefristeter Versetzung

Gemäß der neuesten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 08.08.2013 ist bei einer unbefristeten Versetzung und einer absehbaren Verweildauer von vier Jahren an einer Einrichtung des Arbeitgebers eine regelmäßige Arbeitsstätte anzunehmen. Im Streitfall wurde der Kläger, ein Polizeibeamter, mit Wirkung vom 01.10.2000 als Fachlehrer an ein Polizeiausbildungsinstitut an einen anderen Arbeitsort versetzt. Die Rückversetzung sollte voraussichtlich zum 01.10.2004 erfolgen. In unterschiedlichen Funktionen verlängerte sich die Tätigkeit im Polizeiausbildungsinstitut mehrfach bis letztlich 31.08.2013. Strittig war nun, ob diese eigentlich zeitlich unbefristete Versetzung zur regelmäßigen Arbeitsstätte wurde, obwohl eine Rückversetzung in Aussicht gestellt war. Das Finanzamt vertrat im angefochtenen Bescheid für das Streitjahr 2008 die Auffassung, dass es sich bei dem Polizeiausbildungsinstitut um die regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers handele und deshalb die Kosten für die Wege von seiner Wohnung dorthin nur begrenzt als Werbungskosten zum Abzug zugelassen werden könnten. Der Bundesfinanzhof bestätigte die Entscheidungen der Vorinstanzen. Als Werbungskosten im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind sämtliche Aufwendungen abziehbar, die beruflich veranlasst sind. Hierzu gehören auch Fahrt- bzw. Mobilitätskosten, die grundsätzlich in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen sind. Für die Wege zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte allerdings sind die Aufwendungen des Arbeitnehmers nur eingeschränkt abziehbar. Regelmäßige Arbeitsstätte im Sinne dieser Vorschrift ist jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich, sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, das heißt fortdauernd und immer wieder aufsucht. In diesem Fall kann sich der Arbeitnehmer in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken (Bildung von Fahrgemeinschaften, Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, ggf. entsprechende Wohnsitznahme). Anders ist das zu beurteilen, wenn keine regelmäßige Arbeitsstätte vorliegt, was insbesondere bei Auswärtstätigkeiten der Fall ist. Hier hat der Arbeitnehmer in der Regel nicht die vorgenannten Möglichkeiten, seine Wegekosten gering zu halten. Gemessen daran war im Streitfall das Polizeiausbildungsinstitut eindeutig die regelmäßige Arbeitsstätte des Klägers. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Kläger in unterschiedlichen Funktionen im Polizeiausbildungsinstitut tätig war, selbst wenn die Funktionszuweisungen jeweils befristet waren. Denn die unterschiedlichen Aufgaben nahm der Kläger auf der Grundlage der unbefristeten Versetzungsverfügung von 2000 in immer derselben betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers wahr.

Anmerkung: Das Urteil bezieht sich auf die bis 31.12.2013 gültige Rechtslage. Mit Wirkung zum 01.01.2014 wurde der Begriff der regelmäßigen Arbeitsstätte durch den der ersten Tätigkeitsstätte ersetzt. Eine solche liegt gemäß § 9 Abs. 4 EStG dann vor, wenn ein Arbeitnehmer einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten dauerhaft zugeordnet ist.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Unberechtigter Steuerausweis bei Kleinbetragsrechnungen eines Kleinunternehmers

Weist ein zum gesonderten Steuerausweis nicht berechtigter Kleinunternehmer in einer Rechnung dennoch einen Steuerbetrag aus, so schuldet er das Entgelt und den darauf entfallenden Steuerbetrag. Das gilt auch, wenn er die entsprechenden Umsatzgrenzen nicht überschritten hat und deshalb an sich keine Umsatzsteuer entrichten muss. So entschied der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 25.09.2013. Im behandelten Streitfall betrieb der Kläger einen Handel mit Elektrogeräten sowie eine Reparaturwerkstatt. Er machte dabei von der Kleinunternehmerregelung gemäß § 19 UStG Gebrauch. Über die von ihm erbrachten Reparaturleistungen hatte er allerdings Quittungen ausgestellt, die in der Zeile "Gesamt EUR" einen Bruttobetrag enthielten. In der Zeile "+ % MwSt./EUR" ergänzte der Kläger handschriftlich "inkl. 16"; einen Steuerbetrag trug er dort jedoch nicht ein. Die Zeile "Netto EUR" lies er gänzlich unausgefüllt. Obwohl damit kein expliziter gesonderter Steuerausweis vorlag, bestätigt der Bundesfinanzhof nun mit seinem Urteil das Schulden der Umsatzsteuer, da es sich bei den Quittungen um Kleinbetragsrechnungen gemäß § 14c UStG handelte. Zweck der Vorschrift ist es, Missbrauch durch Ausstellung von Rechnungen zu verhindern und der Gefährdung des Umsatzsteueraufkommens durch ein Ungleichgewicht von Steuer und Vorsteuerabzug zu begegnen. Zudem soll die unberechtigte Ausgabe von Abrechnungen mit gesondert ausgewiesener Steuer, die dem Empfänger der Rechnung die Möglichkeit eröffnet, unberechtigt einen Vorsteuerabzug vorzunehmen, verhindert werden. Grundsätzlich sieht die USt-Durchführungsverordnung vor, dass eine Rechnung, deren Gesamtbetrag aktuell EUR 150 nicht übersteigt, nur das Entgelt und den darauf entfallenden Steuerbetrag in einer Summe sowie den anzuwendenden Steuersatz enthalten muss, damit der Leistungsempfänger einen Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann. Diese Voraussetzungen hatte der Kläger mit den Quittungen erfüllt. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs entspricht es in diesen Fällen dem Zweck der Vorschrift, einer Gefährdung des Steueraufkommens entgegenzuwirken, wenn auch der Kleinunternehmer die entsprechende Umsatzsteuer schuldet. Deshalb sollten Kleinunternehmer bei der Rechnungsausstellung genau die formalen Anforderungen und Besonderheiten beachten, um der Annahme eines Steuerausweises vorzubeugen.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz