2012

Nachweis der Investitionsabsicht bei neu gegründeten Betrieben

Mit Urteil vom 20.06.2012 hat der Bundesfinanzhof die Nachweispflichten für Betriebsgründer, die einen Investitionsabzugsbetrag geltend machen wollen, erleichtert. Im zeitlichen Anwendungsbereich des § 7g EStG in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14.08.2007 setzt demzufolge die Geltendmachung des Investitionsabzugsbetrags auch bei in Gründung befindlichen Betrieben nicht zwingend eine verbindliche Bestellung noch im Wirtschaftsjahr der Geltendmachung voraus. Außerdem stehen die Grundsätze über den Finanzierungszusammenhang der Gewährung eines Investitionsabzugsbetrags auch dann nicht entgegen, wenn dieser erst in einem Nachtrag zur Steuererklärung beantragt wird. Die durch den Investitionsabzugsbetrag entstehende vorzeitige steuerliche Entlastung dient der Erleichterung der Finanzierung der Investitionen insbesondere bei Neugründungen. Da allerdings bei diesen Betrieben die erforderliche Investitionsabsicht nur schwer nachweisbar ist, hatte der Bundesfinanzhof bis zum Unternehmenssteuerreformgesetz 2008 entschieden, dass die Geltendmachung der bis dahin möglichen Ansparabschreibungen eine verbindliche Bestellung der wesentlichen Betriebsgrundlagen voraussetzt. Im zugrunde liegenden Streitfall wollte nun die Finanzverwaltung diese Rechtsprechung auch auf den seither geltenden Investitionsabzugsbetrag übertragen. Der Kläger hatte im Dezember des Jahres der Geltendmachung von einer Solar-GmbH einen Kostenvoranschlag für die Errichtung einer Fotovoltaikanlage erhalten und mit der Planung der Installation begonnen. Nach Klärung fachlicher Details bestellte er im Februar des Folgejahres die Anlage, die dann im April installiert wurde. Der vom Kläger in einer nachgereichten Anlage EÜR zur Einkommensteuererklärung beantragte Investitionsabzugsbetrag blieb vom Finanzamt unberücksichtigt, da im erklärten Wirtschaftsjahr keine verbindliche Bestellung vorgelegen habe. Zudem sei der erforderliche Finanzierungszusammenhang nicht gegeben, weil der Investitionsabzugsbetrag nicht bereits in der ursprünglichen Steuererklärung geltend gemacht wurde. Dem widersprach der Bundesfinanzhof nun mit seinem Urteil. Im Anwendungsbereich der geltenden Neufassung des § 7g EStG hat der Steuerpflichtige die Möglichkeit, die Investitionsabsicht auch durch andere Indizien als ausschließlich durch Vorlage einer verbindlichen Bestellung nachzuweisen. Beispielsweise ist das der Fall, wenn der Steuerpflichtige im Rahmen der Betriebseröffnung bereits selbst mit Aufwendungen belastet ist, oder wenn bereits in dem Jahr, für das er den Investitionsabzug beantragt, eine Abfolge sinnvoller, zeitlich zusammenhängender Schritte zum Zwecke der Betriebseröffnung nachweislich unternommen wurden.

Hinweis: Für die bis 2007 geltende Ansparabschreibung bleibt die bisherige Rechtsprechung unverändert.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Ähnliche Artikel zu diesem Thema:

Geltendmachung eines Investitionsabzugsbetrags nach Abschluss der begünstigten Investition

Vereinfachung der elektronischen Rechnungsstellung zum 01.07.2011 durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011

Wie das Bundesministerium für Finanzen am 02.07.2012 mitteilte, sind durch die Neufassung des § 14 Absatz 1 und 3 UStG durch Artikel 5 Nr. 1 des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 die umsatzsteuerrechtlichen Regelungen für elektronische Rechnungen zum 01.07.2011 neu gefasst worden. Die Anforderungen an die Übermittlung elektronischer Rechnungen sind gegenüber der bisherigen Rechtslage deutlich reduziert. Nunmehr können u. a. auch Rechnungen, die per E-Mail (ggf. mit Bilddatei- oder Textdokumentanhang) übermittelt werden, zum Vorsteuerabzug berechtigen. Bisher wurden auf elektronischem Weg übermittelte Rechnungen umsatzsteuerlich nur anerkannt, wenn eine qualifizierte elektronische Signatur oder ein EDI-Verfahren zur Datenübermittlung verwendet wurden. Ab dem 01.07.2011 sind Papier- und elektronische Rechnungen umsatzsteuerrechtlich gleich zu behandeln. Sowohl bei Papier- als auch bei elektronischen Rechnungen müssen nach § 14 Absatz 1 UStG neuer Fassung die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung gewährleistet werden. Dies kann durch innerbetriebliche Kontrollverfahren erreicht werden, die einen verlässlichen Prüfpfad zwischen Rechnung und Leistung herstellen. Es sind aber auch die bisherigen technologischen Verfahren weiterhin zur Gewährleistung der gestellten Anforderungen nutzbar. Eine inhaltlich richtige Rechnung rechtfertigt grundsätzlich die Annahme, dass bei der Übermittlung keine die Echtheit der Herkunft oder die Unversehrtheit des Inhalts beeinträchtigenden Fehler vorgekommen sind. Das innerbetriebliche Kontrollverfahren hat sich an der Zielrichtung zu orientieren, dass Rechnungen weder ge- noch verfälscht werden können. Beispielsweise wird der Unternehmer im eigenen Interesse überprüfen, ob die in Rechnung gestellte Leistung tatsächlich in dargestellter Qualität und Quantität erbracht wurde und der Rechnungsaussteller tatsächlich den behaupteten Zahlungsanspruch hat. So kann er gewährleisten, dass er tatsächlich nur die Rechnungen begleicht, zu deren Begleichung er auch verpflichtet ist. Prüfungen können im Rahmen eines entsprechend eingerichteten Rechnungswesens erfolgen, aber auch durch einen manuellen Abgleich der Rechnung mit vorhandenen geschäftlichen Unterlagen (z.B. Kopie der Bestellung, Auftrag, Kaufvertrag, Lieferschein, Überweisungs- oder Zahlungsbeleg). Der Unternehmer kann hinsichtlich des Verfahrens frei entscheiden, ist allerdings nach wie vor verpflichtet, die Voraussetzungen des geltend gemachten Vorsteuerabzugs nachzuweisen. Ist der Nachweis erbracht, dass die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG gegeben sind, kommt der Frage der Durchführung des innerbetrieblichen Kontrollverfahrens in dem konkreten Einzelfall keine eigenständige Bedeutung mehr zu und kann insbesondere nicht mehr zur Versagung des Vorsteuerabzugs führen. Papier- und elektronische Rechnungen sind nach § 14b UStG zehn Jahre aufzubewahren und der zum Vorsteuerabzug berechtigte Unternehmer muss die Rechnung auch besitzen. Während des gesamten Aufbewahrungszeitraums sind die Echtheit der Herkunft, die Unversehrtheit des Inhalts und die Lesbarkeit der Rechnung zu gewährleisten. Für elektronische Rechnungen gilt hierbei, dass diese auch elektronisch aufzubewahren bzw. zu archivieren sind. Ein Ausdruck der Rechnung ist grundsätzlich nicht ausreichend. Gleichwohl steht die Verletzung der Aufbewahrungspflicht dem Vorsteuerabzug bei Nachweis des Vorliegens der weiteren Voraussetzungen nicht entgegen.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Ähnliche Artikel zu diesem Thema:

Anforderungen an zum Vorsteuerabzug berechtigende Abrechnungspapiere

Wohnen am Beschäftigungsort bei doppelter Haushaltsführung

Mit seinem Urteil vom 19.04.2012 entschied der Bundesfinanzhof darüber, unter welchen Voraussetzungen ein Wohnen am Beschäftigungsort im Sinne einer doppelten Haushaltsführung vorliegt. Demnach dient eine Wohnung dem Wohnen am Beschäftigungsort, wenn der Arbeitnehmer dadurch unabhängig von Gemeinde- oder Landesgrenzen seine Arbeitsstätte in zumutbarer Weise täglich aufsuchen kann. Die Entscheidung darüber, ob die Wohnung die Voraussetzung erfüllt, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das FG. Im Streitfall hatte die Klägerin eine Wohnung als Zweitwohnung behalten, obwohl der Arbeitgeber den Beschäftigungsort 141 km davon entfernt wegverlegt hatte. Grund für die Beibehaltung der Wohnung war, weil die Klägerin verkehrsgünstig die Entfernung zwischen Zweitwohnsitz und Arbeitsstätte mit dem ICE zurücklegen konnte. Die Wochenenden verbrachte sie wie bisher am Hauptwohnsitz der Familie. In der Steuererklärung machte sie Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung als Werbungskosten geltend, nämlich Aufwendungen für die Unterkunft des Zweitwohnsitzes sowie für die Familienheimfahrten zum Hauptwohnsitz. Das zuständige Finanzamt lehnte das ab, da sich der Zweitwohnsitz nicht am Beschäftigungsort befinde. Das FG hingegen gab der Klägerin recht. Der Bundesfinanzhof bestätigte nun mit seinem Urteil diese Entscheidung, da alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles Berücksichtigung und Würdigung finden müssen. Insbesondere seien auch die individuellen Verkehrsverbindungen zwischen der Wohnung und der Arbeitsstätte heranzuziehen. Die Entfernung zwischen beiden sei als ein wesentliches, allerdings nicht allein entscheidungserhebliches Merkmal zu betrachten. Im konkreten Fall hatte sich zudem an der beruflichen Veranlassung zur Beibehaltung des Zweitwohnsitzes nichts geändert.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Ähnliche Artikel zu diesem Thema:

Eigener Hausstand bei doppelter Haushaltsführung

Nachweis der Zwangsläufigkeit bestimmter Krankheitskosten - Neuregelung im Steuervereinfachungsgesetz 2011

Die vom Gesetzgeber eingeführten formellen Anforderungen an den Nachweis bestimmter Krankheitskosten für deren steuerliche Anerkennung als außergewöhnliche Belastung sind verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Das entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 19.04.2012. Gemäß § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen. Dazu können auch bestimmte Krankheitskosten gehören. Allerdings werden nur solche Aufwendungen als Krankheitskosten berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit (z.B. Medikamente, Operation) oder mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen, beispielsweise Aufwendungen für einen Rollstuhl. Ist eine medizinische Notwendigkeit nicht offensichtlich, dürfen diese nur noch berücksichtigt werden, wenn der Steuerpflichtige ihre Zwangsläufigkeit z.B. durch ein amtsärztliches Gutachten nachweist. Eine entsprechende gesetzliche Regelung führte der Gesetzgeber durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 ein und reagierte damit auf die Änderung einer langjährigen Rechtsprechung. Im strittigen Fall hatten die Kläger u. a. die Kosten für einen Kuraufenthalt als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht, ohne die medizinische Notwendigkeit durch ein vor Kurbeginn ausgestelltes amtsärztliches oder vergleichbares Attest zu belegen. Finanzamt und FG akzeptierten die Aufwendungen daher nicht als außergewöhnliche Belastungen. Die Revision der Kläger war ebenfalls erfolglos. Nach geltendem Recht kann nun nicht mehr auf die strenge Art des Nachweises verzichtet werden, was auch verfassungsrechtlich korrekt ist. Ebenso ist die rückwirkende Anwendung der neuen Nachweisregelungen in allen noch offenen Fällen verfassungsgemäß.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Hintergründe zum Artikel:

Abzugsfähigkeit von Krankheitskosten

Aufwendungen für die Sanierung eines Gebäudes als außergewöhnliche Belastung

Mit drei Urteilen vom 29.03.2012 entschied der Bundesfinanzhof, dass zwar Aufwendungen für die Sanierung eines selbst genutzten Wohnhauses, nicht jedoch Kosten für die üblichen Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen bzw. die Beseitigung von Baumängeln, als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig sein können. Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag als außergewöhnliche Belastung ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen. Dazu können auch Aufwendungen für eine aufwendige Sanierung eines Gebäudes gehören, wenn durch die Baumaßnahmen konkrete Gesundheitsgefährdungen oder eine drohende Unbewohnbarkeit des Gebäudes abgewendet werden. Das ist etwa der Fall bei der Beseitigung eines asbestgedeckten Daches (Urteil VI R 47/10), bei der unausweichlichen Sanierung eines mit Echtem Hausschwamm befallenen Gebäudes (Urteil VI R 70/10) oder bei der Behebung unzumutbarer, gesundheitsschädigender Geruchsbelästigungen (Urteil VI R 21/11). Aber auch die Beseitigung von Brand-, Hochwasser- oder ähnlich unausweichliche Schäden gehören zu den zwangsläufig höheren Aufwendungen. Wichtig ist, dass der Grund für die Sanierung weder beim Erwerb des Grundstücks erkennbar gewesen noch vom Grundstückseigentümer verschuldet worden sein darf. Außerdem muss der Steuerpflichtige erst realisierbare Ersatzansprüche gegen Dritte verfolgen, bevor er seine Aufwendungen steuerlich geltend machen kann. Auch wird der sich aus der Erneuerung ergebende Vorteil angerechnet ("Neu für Alt").

Hinweis: Es empfiehlt sich, vor der Sanierung ein amtliches Gutachten einzuholen, um die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen gegenüber dem Finanzamt zu belegen.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz