2025
Zahlungen in die Erhaltungsrücklage einer Wohnungseigentümergemeinschaft sind noch keine Werbungskosten
von Björn Keller
Der Bundesfinanzhof entschied mit seinem Urteil vom 14. Januar 2025 (IX R 19/24), dass Zahlungen eines Wohnungseigentümers in die Erhaltungsrücklage einer Wohnungseigentümergemeinschaft zum Zeitpunkt der Einzahlung noch nicht steuerlich abziehbar sind. Erst, wenn aus der Rücklage Mittel zur Zahlung von Erhaltungsaufwendungen entnommen werden, dürfen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Werbungskosten geltend gemacht werden. Im Streitfall vermieteten die Kläger mehrere Eigentumswohnungen. Sie zahlten an die jeweilige Wohnungseigentümergemeinschaft Hausgeld, das zum Teil der gesetzlich vorgesehenen Erhaltungsrücklage (Instandhaltungsrückstellung) zugeführt wurde. Finanzamt und FG lehnten einen Abzug als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften ab, da zu diesem Zeitpunkt noch keine Verluste entstanden sind. Ein Abzug könne erst in dem Jahr erfolgen, in dem die zurückgelegten Mittel tatsächlich für Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum eingesetzt würden. Der Bundesfinanzhof lehnte die Revision der Kläger ab. Er erläuterte, dass der Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Vermietungstätigkeit und den Aufwendungen des Steuerpflichtigen voraussetzt. Zwar konnten die Kläger nicht mehr über den der Erhaltungsrücklage zugeführten Teil des Hausgeldes verfügen, da die Mittel ausschließlich Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft sind. Der entscheidende Anlass für die Zahlung war aber nicht die Vermietung an sich, sondern die rechtliche Pflicht jedes Wohnungseigentümers, sich beim Aufbau einer angemessenen Rücklage für die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums zu beteiligen. Es geht hier um eine Vorsorge für zukünftig anfallende Instandhaltungskosten. Der Zusammenhang zur Vermietung entsteht erst, wenn die Gemeinschaft die Mittel ganz oder teilweise für Erhaltungsmaßnahmen ausgibt. Zudem betonte der Bundesfinanzhof, dass es auch mit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes im Jahre 2020, mit der der Wohnungseigentümergemeinschaft die volle Rechtsfähigkeit zuerkannt wurde, keine Veränderung hinsichtlich der steuerrechtlichen Beurteilung des Zeitpunkts des Werbungskostenabzugs für Zahlungen in die Erhaltungsrücklage gibt.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Keine Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge bei Lieferung landwirtschaftlich erzeugter Produkte an die eigene Biogasanlage
von Björn Keller
Fahrzeuge werden nicht ausschließlich zu Beförderungen für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe verwendet, wenn sie von einer Personengesellschaft eingesetzt werden, um von ihr landwirtschaftlich erzeugte Produkte zu einer ebenfalls von ihr gewerblich betriebenen Biogasanlage zu befördern. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 18. Dezember 2024 (IV R 11/23). In diesem Fall entfällt auch die Kfz-Steuerbefreiung für ihre landwirtschaftlichen Fahrzeuge. Im Streitfall ist die Klägerin eine Personengesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Sie baut überwiegend Silomais aber auch Roggen an. Außerdem betreibt sie eine Biogasanlage, deren erzeugter Strom verkauft wird. Der Silomais wird vollständig für die Biogasanlage verwendet, während der Roggen nur zu knapp 6 % in der Biogasanlage mit verstromt wird. Der überwiegende Teil ist für den Verkauf bestimmt. Das für die Stromgewinnung vorgesehene Getreide befördert die Klägerin mit zwei Anhängern zu ihrer Biogasanlage. Für die beiden Anhänger beantragte die Klägerin eine Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer nach § 3 Nr. 7 Buchst. a und c des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG). Nach diesem Gesetz wird eine Befreiung der Kraftfahrzeugsteuer unter anderem für Anhänger gewährt, solange diese ausschließlich in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben eingesetzt oder zu Beförderungen für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe verwendet werden, sofern diese Beförderungen in einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb beginnen oder enden. Das für die Kfz-Steuer zuständige Hauptzollamt lehnte die Befreiung ab. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Auch FG und Bundesfinanzhof sind der Ansicht, dass eine Steuerbefreiung ausgeschlossen ist. Der Bundesfinanzhof begründete die Entscheidung damit, dass ertragsteuerrechtlich keine land- oder forstwirtschaftliche, sondern eine gewerbliche Tätigkeit vorliegt, wenn in einer Biogasanlage Strom gewonnen wird, der gegen Entgelt an einen Energieversorger geliefert wird. Es spielt dabei keine Rolle, ob eine Abfärbung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zu insgesamt gewerblichen Einkünften führt oder ob dies der Fall ist, weil eine gewerblich geprägte Personengesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG vorliegt. Für die Befreiung nach § 3 Nr. 7 KraftStG ist nicht maßgebend, ob die privilegierte Tätigkeit von einem Einzelunternehmer, einer Personengesellschaft oder einer Kapitalgesellschaft ausgeübt wird. Auch ist unerheblich, ob sie ausschließlich oder neben einer anderen, insbesondere gewerblichen Tätigkeit ausgeübt wird. Entscheidend für das Versagen der Steuerbefreiung für die beiden Anhänger ist, dass diese auch für die Beförderung des Getreides zu der gewerblich betriebenen Biogasanlage eingesetzt werden. Damit dient die Beförderung zum erheblichen Teil dem Betrieb der Biogasanlage und nicht, wie es die Kfz-steuerrechtliche Befreiungsvorschrift erfordert, ausschließlich dem landwirtschaftlichen Betrieb.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Kein Arbeitslohn bei schenkweiser Übertragung von Gesellschaftsanteilen zur Sicherung der Unternehmensnachfolge
von Björn Keller
Wie der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 20. November 2024 (VI R 21/22) entschied, führt das Verschenken von Geschäftsanteilen an leitende Mitarbeiter zwecks Sicherung der Unternehmensnachfolge nicht ohne Weiteres zu steuerpflichtigem Arbeitslohn bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Wird eine Mitarbeiterbeteiligung nicht zum Marktpreis übertragen, liegt der Vorteil in der gegenüber dem marktüblichen Preis bestehenden Verbilligung. Arbeitslohn setzt aber voraus, dass der Vorteil dem Arbeitnehmer für seine Arbeitsleistung gewährt wird. Im Streitfall war die Klägerin seit vielen Jahren in der Führungsebene eines kleineren Unternehmens tätig. Der Sohn der Gründungsgesellschafter konnte die Unternehmensnachfolge aus persönlichen Gründen nicht antreten. Daher beschlossen diese, nach ihrem Ausscheiden die Fortführung und Leitung des Unternehmens der Klägerin sowie vier weiteren Mitgliedern der Führungsebene zu übergeben. Sie übertrugen jeweils 5,08 % (Nennwert 1.300 €) der Geschäftsanteile schenkweise an die Klägerin und die anderen vier Arbeitnehmer. Nach einer vom Finanzamt veranlassten Lohnsteuer-Außenprüfung wertete diese den in der schenkweisen Übertragung liegenden geldwerten Vorteil als Arbeitslohn und besteuerte ihn entsprechend. Das FG hingegen betrachtete den Vorteil aus der Übertragung der Gesellschaftsanteile nicht als Ertrag aus nichtselbständiger Tätigkeit der Klägerin. Der Bundesfinanzhof teilte dies Auffassung. Er stellte klar: auch wenn die Anteilsübertragung mit dem Arbeitsverhältnis der Klägerin zusammenhänge, sei sie durch dieses nicht maßgeblich veranlasst. Das entscheidende Motiv für die Übertragung sei für alle Beteiligten erkennbar die Regelung der Unternehmensnachfolge gewesen. Der in der schenkweisen Übertragung aus gesellschaftsrechtlichen Gründen liegende Vorteil stelle in dieser Situation keine Entlohnung der leitenden Mitarbeiter für in der Vergangenheit erbrachte oder in Zukunft zu erbringende Dienste dar. Als maßgebliche Indizien gegen Arbeitslohn sah der Bundesfinanzhof auch an, dass die Anteilsübertragung im Streitfall nicht an den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse geknüpft war. Zudem fiel der vom Finanzamt angenommene Vorteil im Vergleich zu den Bruttoarbeitslöhnen der Beschenkten deutlich aus dem Rahmen. Es sei auch überhaupt nicht nachvollziehbar, weshalb die Unternehmensgründer ihre leitenden Angestellten trotz sehr unterschiedlicher Beschäftigungsdauer und unterschiedlicher Gehälter mit den Beteiligungen einheitlich entlohnen sollten.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Erstattung der Steuer für einen Verdienstausfallschaden ist einkommensteuerpflichtig
von Björn Keller
Wie der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 15. Oktober 2024 (IX R 5/23) entschied, muss die Einkommensteuer, die für den Ersatz eines Verdienstausfallschadens zu zahlen und dann vom Schädiger zu ersetzen ist, vom Geschädigten versteuert werden. Die auf den Verdienstausfallschaden entfallende Einkommensteuer gehört zu den steuerbaren Einkünften gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG. Wird die vom Schädiger zu erstattende Steuerlast auf den Verdienstausfallschaden erst zu einem späteren Veranlagungszeitraum gezahlt, liegt dennoch keine für eine tarifermäßigte Besteuerung gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 2 EStG erforderliche Zusammenballung von Einkünften vor. Der Ersatz eines Verdienstausfallschadens stellt keine Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit gemäß § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG dar. Im Streitfall wurde die Klägerin aufgrund eines schweren medizinischen Behandlungsfehlers erwerbsunfähig. Sie erhielt von der Versicherung des Schädigers jährlich ihren Verdienstausfallschaden ersetzt. Die Zahlungen musste sie als Entschädigung für entgehenden Arbeitslohn gemäß § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG versteuern. Zwischen der Versicherung und der Geschädigten war vereinbart, dass der Schaden "nach der modifizierten Nettolohntheorie abgerechnet" wird. Dadurch wurden die tatsächlich angefallenen Steuern nachträglich erstattet. In den Streitjahren 2018 und 2019 kam die Versicherung dieser gesetzlichen Pflicht nach und erstattete die von der Klägerin in den Vorjahren bereits geleisteten Einkommensteuerzahlungen für die erhaltenen Entschädigungsleistungen. Das Finanzamt und das FG behandelten diese Erstattungen als Einkünfte, die demgemäß selbst der Einkommensteuer unterliegen. Die Klägerin vertrat die Ansicht, dass es sich um einen Steuerschaden handele, da es sich beim Ersatz der Steuer nicht um den Ersatz von Einnahmen, sondern um den Ersatz von Ausgaben handele. Der Bundesfinanzhof wies jedoch die Revision der Klägerin zurück. Er stellte klar, dass zu den steuerpflichtigen Entschädigungen nicht nur der zunächst gezahlte Ausfall des Nettoverdienstes, sondern auch die später erstattete Steuerlast zählen. Sowohl der Nettoverdienstausfall als auch die Steuerlast sind Bestandteile eines einheitlichen Schadenersatzanspruchs. Dies gilt unabhängig davon, ob beide Teile gleichzeitig oder zu unterschiedlichen Zeitpunkten ausgezahlt werden. Beides diene dem Ersatz entgehender Einnahmen des Geschädigten. Zudem schloss der Bundesfinanzhof eine tarifermäßigte Besteuerung der Steuererstattungen aus. Da sich die Zahlung der Schadenersatzleistungen über mehrere Jahre verteilte sei eine dafür notwendige Außerordentlichkeit gemäß § 34 EstG nicht gegeben.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Erbschaftsteuer-Freibetrag für das Kind eines zivilrechtlich als verstorben geltenden Elternteils
von Björn Keller
Der zivilrechtlich wirksame Verzicht eines Kindes gegenüber einem Elternteil auf den gesetzlichen Erbteil bewirkt nicht, dass dessen Kind, also dem Enkelkind des Erblassers, der Freibetrag zu gewähren ist, der im Falle des Versterbens des Kindes zu gewähren wäre. Die Fallgruppen "Kinder tatsächlich verstorbener Kinder" und "Kinder von als fiktiv verstorben geltenden Kindern" werden nicht gleichgesetzt. Das Erbschaftsteuerrecht folgt insoweit nicht der Fiktion des Zivilrechts. Der Enkel des Erblassers erhält in diesem Fall nicht den Freibetrag in Höhe von 400.000 €, sondern nur einen Freibetrag in Höhe von 200.000 €. Der Verzicht auf den gesetzlichen Erbteil eines Abkömmlings kann somit nicht als Steuersparmodell für die Enkel des Erblassers genutzt werden. So entschied der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 31. Juli 2024 (II R 13/22). Im Streitfall hatte der Vater des Klägers gegenüber seinem eigenen Vater vertraglich auf sein gesetzliches Erbrecht verzichtet. Zivilrechtlich galt der Vater daher als verstorben. Somit hatte er auch keinen Anspruch auf einen Pflichtteil nach § 2346 Abs. 1 BGB. Als der Erblasser (Großvater des Klägers) verstarb, wurde der Kläger gesetzlicher Erbe. Er beantragte beim Finanzamt, ihm für die Erbschaft einen Freibetrag in Höhe von 400.000 € zu gewähren. Das Finanzamt gestattete dem Kläger aber nur einen Freibetrag in Höhe von 200.000 €. Dieser Freibetrag steht ihm als Enkel zu, da sein eigener Vater zwar auf seinen gesetzlichen Erbteil verzichtet hatte, aber beim Versterben des Großvaters noch am Leben war (§ 16 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG). Die Klage vor dem FG sowie die Revision beim Bundesfinanzhof hatten keinen Erfolg. Mit Verweis auf den Wortlaut des § 16 Abs. 1 Nr. 2 Alternative 2 ErbStG, der unter den dort genannten Umständen den höheren Freibetrag von 400.000 € gewährt, stellt der Bundesfinanzhof den Sachverhalt klar. Demnach werden als Empfänger des höheren Freibetrags die Kinder verstorbener Kinder benannt. Lediglich zivilrechtlich als verstorben geltende Kinder werden nicht aufgeführt. Die erbschaftsteuerrechtlichen Freibetragsregelungen sollen die Abkömmlinge der ersten Generation (Kinder) begünstigen. Bei den Enkeln sieht der Gesetzgeber die familiäre Verbundenheit nicht als so eng, daher die Festlegung eines geringeren Freibetrages von 200.000 €. Nur für den Fall, wenn die eigene Elterngeneration vorverstorben ist, sieht der Gesetzgeber die Großeltern für das Auskommen der verwaisten Enkel in der Pflicht und gewährt diesen den höheren Freibetrag von 400.000 €. Die Ausdehnung des höheren Freibetrags auf Kinder, deren Eltern nur vom Gesetz als verstorben angesehen werden, die aber tatsächlich bei Tod des Großelternteils noch leben, ist vom Gesetzgeber nicht gewollt. Er geht davon aus, wenn der Abkömmling des Erblassers noch lebt, er weiterhin für die finanzielle Ausstattung seines Kindes sorgen kann. Außerdem kann in diesem Fall das Enkelkind beim Tod seines Elternteils testamentarisch erben und dann seinen eigenen Freibetrag als Kind in Höhe von 400.000 € (§ 16 Abs. 1 Nr. 2 Alternative 1 ErbStG) in Anspruch nehmen. Würde gleichzeitig dem Enkel eines zivilrechtlich als verstorben geltenden Elternteils auch der höhere Freibetrag bei Ableben eines Großelternteils gewährt, wäre das eine legale Steuerumgehungsmöglichkeit in Gestalt einer Doppelbegünstigung. Diese ist vom Gesetzgeber keineswegs gewollt und insofern ist die Regelung auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz