2025
Verfassungsmäßigkeit der Verrechnungsbeschränkung für Verluste aus Steuerstundungsmodellen
von Björn Keller
Wie der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 21. November 2024 (IV R 6/22) entschied, setzt eine Ausgleichs- und Abzugsbeschränkung für Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell nach § 15b Abs. 1 EStG nicht voraus, dass sich eine Investition als betriebswirtschaftlich nicht oder wenig sinnvoll darstellt. Sie ist auch im Fall eines sogenannten definitiven Verlusts verfassungsgemäß. Ein Steuerstundungsmodell liegt vor, wenn auf Grund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Vorgenanntes Gesetz regelt, dass Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen und auch nicht im Wege des Verlustrück- oder -vortrags abgezogen werden dürfen. Sie mindern ausschließlich Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt. Im Streitfall beteiligte sich der Kläger als Kommanditist an einer im Jahr 2005 gegründeten GmbH & Co. KG. Diese errichtete und betrieb im Rahmen eines geschlossenen Fonds ein Werk zur Herstellung von Biodiesel aus Raps. Im Werbeprospekt waren den potentiellen Investoren für die Anfangsjahre 2005 bis 2007 kumulierte steuerliche Verluste prognostiziert worden. Ab 2008 sollten Gewinne und bis 2020 ein Totalüberschuss von rund 155 % erwirtschaftet werden. Tatsächlich wurden jedoch von 2005 bis 2009 ausschließlich Verluste erwirtschaftet, sodass 2009 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet und ihr Betrieb aufgegeben wurde. Das Finanzamt stufte die Gesellschaft als Steuerstundungsmodell ein und behandelte die Verluste der Kommanditisten als nur mit zukünftigen Gewinnen verrechenbar (und nicht als sofort ausgleichs- und abzugsfähig). Die gegen den Feststellungsbescheid für 2009 gerichteten Einsprüche des Klägers blieben erfolglos. Der Bundesfinanzhof bestätigte die Ansicht des Finanzamts und stellte klar, dass es sich bei der Beteiligung des Klägers an diesem geschlossenen Fonds um ein Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15b EStG handelt. Dies ist darin begründet, weil dem Steuerpflichtigen aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten wurde, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen. Dabei ist es ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen. Ein Steuerstundungsmodell im Sinne von § 15b EStG setzt nicht voraus, dass sich eine Investition als betriebswirtschaftlich nicht oder wenig sinnvoll darstellt. Ebenso spielt bei der Verlustausgleichs- und abzugsbeschränkung die Insolvenz der Gesellschaft und deren Betriebsaufgabe, wodurch die Verluste nicht mehr mit späteren Gewinnen aus derselben Einkunftsquelle verrechnet werden könnten, keine Rolle. Auch im Fall solcher definitiven Verluste verstößt die Verlustausgleichs- und -abzugsbeschränkung nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des GG. Als sachlicher Grund für die Regelung sind die vom Gesetzgeber mit § 15b EStG verfolgten Lenkungszwecke und Aspekte der Missbrauchsvermeidung zu beachten. Außerdem verweist der Bundesfinanzhof darauf, dass unter die Verlustausgleichs- und -abzugsbeschränkung für Steuerstundungsmodelle bei Personengesellschaften auch Sonderbetriebsausgaben des Gesellschafters, wie beispielsweise Verluste aus der Gewährung nachrangiger Gesellschafterdarlehen, fallen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Zahlungsmoratorium für die Corona-Wirtschaftshilfen
von Björn Keller
Wie das Sächsische Wirtschaftsministerium (SMWA) mitteilt, werden mit sofortiger Wirkung die Rückforderungen der Überbrückungs- und Monatshilfen ausgesetzt. Das SMWA und die SAB arbeiten bei der Umsetzung des Moratoriums eng zusammen, da noch nicht alle Details geklärt sind. Bis zu einer abschließenden Klärung aller offenen Fragen werden keine neuen Rückforderungen verfolgt und keine Mahnungen versandt. Rechtliche Änderungen an den Bundesprogrammen sind jedoch nicht zu erwarten. Die Unternehmen werden zudem weiterhin Auskunft über die Verwendung der Hilfen geben müssen. Aufgrund der Haushaltssituation des Freistaats zahlt Sachsen auch nicht nachträglich einen Unternehmerlohn. Sobald weitere Informationen vorliegen, werden diese unverzüglich veröffentlicht.
Statement von Wirtschaftsminister Dirk Panter dazu:
»Viele Unternehmer haben mich in den vergangenen Wochen angesprochen, die Rückforderung der Coronahilfen des Bundes in der aktuellen wirtschaftlichen Lage eine große Herausforderung darstellt. Es sind Existenzängste entstanden. Darauf habe ich reagiert und die Rückforderungen erst einmal stoppen lassen. Wir wollen jetzt für Klarheit sorgen, um unnötige Härten für Unternehmerinnen und Unternehmer zu vermeiden – soweit es rechtlich möglich ist. Es wird allerdings noch einige Tage dauern, bis alle Details abschließend geklärt sind. Daher bitte ich um Verständnis, dass wir noch keine näheren Details nennen können. Für den Moment verschafft das Moratorium den Betroffenen eine Atempause. «
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Zahlungen in die Erhaltungsrücklage einer Wohnungseigentümergemeinschaft sind noch keine Werbungskosten
von Björn Keller
Der Bundesfinanzhof entschied mit seinem Urteil vom 14. Januar 2025 (IX R 19/24), dass Zahlungen eines Wohnungseigentümers in die Erhaltungsrücklage einer Wohnungseigentümergemeinschaft zum Zeitpunkt der Einzahlung noch nicht steuerlich abziehbar sind. Erst, wenn aus der Rücklage Mittel zur Zahlung von Erhaltungsaufwendungen entnommen werden, dürfen bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Werbungskosten geltend gemacht werden. Im Streitfall vermieteten die Kläger mehrere Eigentumswohnungen. Sie zahlten an die jeweilige Wohnungseigentümergemeinschaft Hausgeld, das zum Teil der gesetzlich vorgesehenen Erhaltungsrücklage (Instandhaltungsrückstellung) zugeführt wurde. Finanzamt und FG lehnten einen Abzug als Werbungskosten bei den Vermietungseinkünften ab, da zu diesem Zeitpunkt noch keine Verluste entstanden sind. Ein Abzug könne erst in dem Jahr erfolgen, in dem die zurückgelegten Mittel tatsächlich für Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum eingesetzt würden. Der Bundesfinanzhof lehnte die Revision der Kläger ab. Er erläuterte, dass der Werbungskostenabzug nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG einen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen der Vermietungstätigkeit und den Aufwendungen des Steuerpflichtigen voraussetzt. Zwar konnten die Kläger nicht mehr über den der Erhaltungsrücklage zugeführten Teil des Hausgeldes verfügen, da die Mittel ausschließlich Vermögen der Wohnungseigentümergemeinschaft sind. Der entscheidende Anlass für die Zahlung war aber nicht die Vermietung an sich, sondern die rechtliche Pflicht jedes Wohnungseigentümers, sich beim Aufbau einer angemessenen Rücklage für die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums zu beteiligen. Es geht hier um eine Vorsorge für zukünftig anfallende Instandhaltungskosten. Der Zusammenhang zur Vermietung entsteht erst, wenn die Gemeinschaft die Mittel ganz oder teilweise für Erhaltungsmaßnahmen ausgibt. Zudem betonte der Bundesfinanzhof, dass es auch mit der Reform des Wohnungseigentumsgesetzes im Jahre 2020, mit der der Wohnungseigentümergemeinschaft die volle Rechtsfähigkeit zuerkannt wurde, keine Veränderung hinsichtlich der steuerrechtlichen Beurteilung des Zeitpunkts des Werbungskostenabzugs für Zahlungen in die Erhaltungsrücklage gibt.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Keine Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für landwirtschaftliche Fahrzeuge bei Lieferung landwirtschaftlich erzeugter Produkte an die eigene Biogasanlage
von Björn Keller
Fahrzeuge werden nicht ausschließlich zu Beförderungen für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe verwendet, wenn sie von einer Personengesellschaft eingesetzt werden, um von ihr landwirtschaftlich erzeugte Produkte zu einer ebenfalls von ihr gewerblich betriebenen Biogasanlage zu befördern. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 18. Dezember 2024 (IV R 11/23). In diesem Fall entfällt auch die Kfz-Steuerbefreiung für ihre landwirtschaftlichen Fahrzeuge. Im Streitfall ist die Klägerin eine Personengesellschaft in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Sie baut überwiegend Silomais aber auch Roggen an. Außerdem betreibt sie eine Biogasanlage, deren erzeugter Strom verkauft wird. Der Silomais wird vollständig für die Biogasanlage verwendet, während der Roggen nur zu knapp 6 % in der Biogasanlage mit verstromt wird. Der überwiegende Teil ist für den Verkauf bestimmt. Das für die Stromgewinnung vorgesehene Getreide befördert die Klägerin mit zwei Anhängern zu ihrer Biogasanlage. Für die beiden Anhänger beantragte die Klägerin eine Befreiung von der Kraftfahrzeugsteuer nach § 3 Nr. 7 Buchst. a und c des Kraftfahrzeugsteuergesetzes (KraftStG). Nach diesem Gesetz wird eine Befreiung der Kraftfahrzeugsteuer unter anderem für Anhänger gewährt, solange diese ausschließlich in land- oder forstwirtschaftlichen Betrieben eingesetzt oder zu Beförderungen für land- oder forstwirtschaftliche Betriebe verwendet werden, sofern diese Beförderungen in einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb beginnen oder enden. Das für die Kfz-Steuer zuständige Hauptzollamt lehnte die Befreiung ab. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Auch FG und Bundesfinanzhof sind der Ansicht, dass eine Steuerbefreiung ausgeschlossen ist. Der Bundesfinanzhof begründete die Entscheidung damit, dass ertragsteuerrechtlich keine land- oder forstwirtschaftliche, sondern eine gewerbliche Tätigkeit vorliegt, wenn in einer Biogasanlage Strom gewonnen wird, der gegen Entgelt an einen Energieversorger geliefert wird. Es spielt dabei keine Rolle, ob eine Abfärbung nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG zu insgesamt gewerblichen Einkünften führt oder ob dies der Fall ist, weil eine gewerblich geprägte Personengesellschaft nach § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG vorliegt. Für die Befreiung nach § 3 Nr. 7 KraftStG ist nicht maßgebend, ob die privilegierte Tätigkeit von einem Einzelunternehmer, einer Personengesellschaft oder einer Kapitalgesellschaft ausgeübt wird. Auch ist unerheblich, ob sie ausschließlich oder neben einer anderen, insbesondere gewerblichen Tätigkeit ausgeübt wird. Entscheidend für das Versagen der Steuerbefreiung für die beiden Anhänger ist, dass diese auch für die Beförderung des Getreides zu der gewerblich betriebenen Biogasanlage eingesetzt werden. Damit dient die Beförderung zum erheblichen Teil dem Betrieb der Biogasanlage und nicht, wie es die Kfz-steuerrechtliche Befreiungsvorschrift erfordert, ausschließlich dem landwirtschaftlichen Betrieb.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Kein Arbeitslohn bei schenkweiser Übertragung von Gesellschaftsanteilen zur Sicherung der Unternehmensnachfolge
von Björn Keller
Wie der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 20. November 2024 (VI R 21/22) entschied, führt das Verschenken von Geschäftsanteilen an leitende Mitarbeiter zwecks Sicherung der Unternehmensnachfolge nicht ohne Weiteres zu steuerpflichtigem Arbeitslohn bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Wird eine Mitarbeiterbeteiligung nicht zum Marktpreis übertragen, liegt der Vorteil in der gegenüber dem marktüblichen Preis bestehenden Verbilligung. Arbeitslohn setzt aber voraus, dass der Vorteil dem Arbeitnehmer für seine Arbeitsleistung gewährt wird. Im Streitfall war die Klägerin seit vielen Jahren in der Führungsebene eines kleineren Unternehmens tätig. Der Sohn der Gründungsgesellschafter konnte die Unternehmensnachfolge aus persönlichen Gründen nicht antreten. Daher beschlossen diese, nach ihrem Ausscheiden die Fortführung und Leitung des Unternehmens der Klägerin sowie vier weiteren Mitgliedern der Führungsebene zu übergeben. Sie übertrugen jeweils 5,08 % (Nennwert 1.300 €) der Geschäftsanteile schenkweise an die Klägerin und die anderen vier Arbeitnehmer. Nach einer vom Finanzamt veranlassten Lohnsteuer-Außenprüfung wertete diese den in der schenkweisen Übertragung liegenden geldwerten Vorteil als Arbeitslohn und besteuerte ihn entsprechend. Das FG hingegen betrachtete den Vorteil aus der Übertragung der Gesellschaftsanteile nicht als Ertrag aus nichtselbständiger Tätigkeit der Klägerin. Der Bundesfinanzhof teilte dies Auffassung. Er stellte klar: auch wenn die Anteilsübertragung mit dem Arbeitsverhältnis der Klägerin zusammenhänge, sei sie durch dieses nicht maßgeblich veranlasst. Das entscheidende Motiv für die Übertragung sei für alle Beteiligten erkennbar die Regelung der Unternehmensnachfolge gewesen. Der in der schenkweisen Übertragung aus gesellschaftsrechtlichen Gründen liegende Vorteil stelle in dieser Situation keine Entlohnung der leitenden Mitarbeiter für in der Vergangenheit erbrachte oder in Zukunft zu erbringende Dienste dar. Als maßgebliche Indizien gegen Arbeitslohn sah der Bundesfinanzhof auch an, dass die Anteilsübertragung im Streitfall nicht an den Fortbestand der Arbeitsverhältnisse geknüpft war. Zudem fiel der vom Finanzamt angenommene Vorteil im Vergleich zu den Bruttoarbeitslöhnen der Beschenkten deutlich aus dem Rahmen. Es sei auch überhaupt nicht nachvollziehbar, weshalb die Unternehmensgründer ihre leitenden Angestellten trotz sehr unterschiedlicher Beschäftigungsdauer und unterschiedlicher Gehälter mit den Beteiligungen einheitlich entlohnen sollten.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz