2025

Kindergeldanspruch während des Freiwilligen Wehrdienstes

von Björn Keller

Der Bundesfinanzhof entschied mit seinem Urteil vom 20. März 2025 (III R 43/22), dass das Ableisten eines Freiwilligen Wehrdienstes an sich bei einem volljährigen Kind keinen Kindergeldanspruch begründet. Allerdings können gesetzliche Berücksichtigungstatbestände während der Zeit des Freiwilligen Wehrdienstes einen Kindergeldanspruch begründen. Solche Tatbestände sind beispielsweise, wenn das Kind während des Wehrdienstes für einen Beruf ausgebildet wird oder eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann. Im entschiedenen Fall absolvierte der Sohn des Klägers nach seinem Abitur einen zehnmonatigen Freiwilligen Wehrdienst. Für die Übergangszeit zwischen Abitur und Grundausbildung sowie für die Zeit der Grundausbildung bewilligte die Familienkasse für den Sohn Kindergeld. Nach Beendigung der Grundausbildung (Februar 2022) verrichtete er Dienst in einem Mannschaftsdienstgrad. Während des Freiwilligen Wehrdienstes entschied sich der Sohn, an einer zivilen Hochschule zu studieren. Die Familienkasse versagte für die Zeit nach Beendigung der Grundausbildung bis zum Beginn des Studiums die Festsetzung der Kindergeldzahlung. Das FG bestätigte diese Auffassung teilweise. Es verwies darauf, dass der Freiwillige Wehrdienst als solcher, anders als etwa ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr, nicht zu den in § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 EStG genannten Berücksichtigungstatbeständen eines Kindergeldanspruchs gehört. Der Bundesfinanzhof bestätigte allerdings mit seinem Urteil die Auffassung der Vorinstanzen nicht. Er stellte klar, dass auch nach dem Ende der Grundausbildung und trotz einer Erwerbstätigkeit des Kindes als Soldat mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von mehr als 20 Stunden ein Kindergeldanspruch begründet sein kann. Im konkreten Streitfall sei zwar die drei Monate dauernde Grundausbildung Teil einer Ausbildung zum Offizier oder Unteroffizier. Dennoch führe ihre Beendigung nicht zu einem für den weiteren Kindergeldbezug schädlichen Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 2 EstG, da die Grundausbildung allein auch nicht zu einem Berufsabschluss führt. Demzufolge war der Kindergeldanspruch zwischen Ende der Grundausbildung und Beginn des Studiums berechtigt. Allerdings wies der Bundesfinanzhof die Revision des Klägers für den Monat März 2022 zurück, weil sich der Entschluss des Sohnes, ein Studium an einer zivilen Hochschule aufzunehmen, erst im Folgemonat der Grundausbildung konkretisiert hatte. Darstellungen des Klägers und des Sohnes, der Entschluss zu einem Studium habe schon früher bestanden, waren nicht belegbar.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Britische Steuerprivilegien mit Folgewirkungen in Deutschland

von Björn Keller

Nach Großbritannien verzogene Deutsche genießen unter bestimmten Umständen das Privileg, dass sie nur das dorthin transferierte Einkommen versteuern müssen und dadurch steuerliche Vorteile erlangen. Der Bundesfinanzhof stellte mit seinem Urteil vom 14. Januar 2025 (IX R 37/21) klar, dass diese steuerliche Vergünstigung in Deutschland eine kompensierende steuerliche Belastung nach sich ziehen kann. Im strittigen Fall erzielte die nach Großbritannien verzogene Klägerin in Deutschland Vermietungseinkünfte sowie Zins- und Dividendenzuflüsse von einer deutschen Bank. Diese Einkünfte transferierte sie nicht nach Großbritannien. Somit war sie in Deutschland beschränkt einkommensteuerpflichtig. Das deutsche Finanzamt besteuerte die Einnahmen. Es bezog sich hierbei auf die Regelungen zur sogenannten erweiterten beschränkten Einkommensteuerpflicht gemäß § 2 AStG (Außensteuergesetz). Dieses gestattet es unter bestimmten Voraussetzungen, ins Ausland verzogene deutsche Staatsangehörige für einen Zeitraum von zehn Jahren auch mit allen nicht-ausländischen Einkünften zu besteuern, sofern sie im Ausland einer niedrigen Besteuerung unterliegen. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, dass die Klägerin von dem in Großbritannien dort für Zugezogene geltenden Privileg profitiere, die streitigen Kapitalerträge nicht versteuern zu müssen. Da die Klägerin dieses Einkommen nicht nach Großbritannien überwiesen ("remittet") hatte, würde sie in Großbritannien bevorzugt besteuert. Das FG wies die Klage ab. Auch die Revision war erfolglos. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass die britische Besteuerung des Einkommens auf "remittance basis" eine Vorzugsbesteuerung im Sinne von § 2 AStG sei. Es handele sich um eine der Allgemeinheit in Großbritannien nicht zugängliche steuerliche Besserstellung von zugezogenen Steuerpflichtigen. Durch die vollständige steuerliche Freistellung des nicht nach Großbritannien transferierten Einkommens könne die gesamte Steuerbelastung erheblich gemindert werden. Vom Gesetzgeber in Deutschland soll dieser Vorteil durch die erweiterte beschränkte Einkommensteuerpflicht ausgeglichen werden. Zweifel an der Verfassungs- und Unionsrechtskonformität von § 2 AStG wies der Bundesfinanzhof zurück.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Sachsen vereinfacht Regeln für Rückzahlung der Corona-Soforthilfe des Bundes

von Björn Keller

Mit Beendigung des Zahlungsmoratoriums gelten im Freistaat Sachsen im Rahmen des Rückmeldeverfahrens für den Soforthilfezuschuss Bund ab sofort neue, erleichterte Regelungen. Durch flexible Fristen und niedrige Zinsen sollen die Unternehmen optimal unterstützt und damit die Rückzahlungen erleichtert werden. Dabei ist zu beachten, dass bereits abgeschlossene Verfahren unberührt bleiben. Alle Rückzahlungspflichtigen erhalten ab sofort eine zinsfreie Rückzahlungsfrist von sechs Monaten. Ist dieser Zeitraum aus wirtschaftlichen Gründen nicht einzuhalten, kann zwischen folgenden Fälligkeiten gewählt werden: 12 Monate - Festzins 0,5%, 24 Monate - Festzins 1 % oder 36 Monate - Festzins 1,5 %.  Diese verlängerten Zahlungsfristen beginnen nach Ablauf der zinsfreien Rückzahlungsfrist von sechs Monaten. Dabei können während der gewählten Zahlungsfrist zu frei gewählten Zeitpunkten Zahlungen geleistet werden. Diese Flexibilität unterstützt die betroffenen Unternehmen, um ihre Liquidität auszubalancieren. Der Gesamtbetrag einschließlich Zinsen muss aber bis zum Ende der Zahlungsfrist bei der Sächsischen Aufbaubank (SAB) eingegangen sein. Der Zins wird unabhängig von (Teil-)Zahlungen einmalig auf die Gesamtforderung erhoben. Geht die Zahlung nicht vollständig während der gewählten Zahlungsfrist ein, wird der Zinssatz für den gesamten Zahlungszeitraum nach der nächsten Kategorie (z.B. 1 % statt 0,5%) berechnet. Die neuen Fälligkeiten und Zinsen gelten auch für schon begonnene Ratenzahlungen. Für Unternehmer und Unternehmerinnen, die das Rückmeldeverfahren nicht gemacht haben und freiwillig zurückzahlen, gelten die neuen Regelungen nicht. Für Leistungsempfänger, die mit einer Rückforderung des Soforthilfezuschuss Bund nach Durchführung des Rückmeldeverfahrens konfrontiert sind, die Zahlung noch nicht geleistet und keine ausreichenden Einkünfte und Vermögenswerte haben, kann die Forderungsverfolgung eingestellt werden. Auf Antragstellung entscheidet die SAB im Rahmen einer Einzelfallprüfung darüber. Unter welchen Voraussetzungen eine Forderungsverfolgung eingestellt wird, ist bereits jetzt schon auf der Internetseite der SAB zu erfahren. Anträge dafür werden voraussichtlich im September 2025 auf dem Förderportal der SAB bereitgestellt. Schon jetzt können sich Unternehmen zu den neuen Zahlungserleichterungen bei der SAB informieren und beraten lassen. Auf der Internet-Seite der SAB wird dafür ein Kontaktformular bereitgestellt.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Verfassungsmäßigkeit der Verrechnungsbeschränkung für Verluste aus Steuerstundungsmodellen

von Björn Keller

Wie der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 21. November 2024 (IV R 6/22) entschied, setzt eine Ausgleichs- und Abzugsbeschränkung für Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell nach § 15b Abs. 1 EStG nicht voraus, dass sich eine Investition als betriebswirtschaftlich nicht oder wenig sinnvoll darstellt. Sie ist auch im Fall eines sogenannten definitiven Verlusts verfassungsgemäß. Ein Steuerstundungsmodell liegt vor, wenn auf Grund einer modellhaften Gestaltung steuerliche Vorteile in Form negativer Einkünfte erzielt werden sollen. Vorgenanntes Gesetz regelt, dass Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell weder mit Einkünften aus Gewerbebetrieb noch mit Einkünften aus anderen Einkunftsarten ausgeglichen und auch nicht im Wege des Verlustrück- oder -vortrags abgezogen werden dürfen. Sie mindern ausschließlich Einkünfte, die der Steuerpflichtige in den folgenden Wirtschaftsjahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt. Im Streitfall beteiligte sich der Kläger als Kommanditist an einer im Jahr 2005 gegründeten GmbH & Co. KG. Diese errichtete und betrieb im Rahmen eines geschlossenen Fonds ein Werk zur Herstellung von Biodiesel aus Raps. Im Werbeprospekt waren den potentiellen Investoren für die Anfangsjahre 2005 bis 2007 kumulierte steuerliche Verluste prognostiziert worden. Ab 2008 sollten Gewinne und bis 2020 ein Totalüberschuss von rund 155 % erwirtschaftet werden. Tatsächlich wurden jedoch von 2005 bis 2009 ausschließlich Verluste erwirtschaftet, sodass 2009 das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Gesellschaft eröffnet und ihr Betrieb aufgegeben wurde. Das Finanzamt stufte die Gesellschaft als Steuerstundungsmodell ein und behandelte die Verluste der Kommanditisten als nur mit zukünftigen Gewinnen verrechenbar (und nicht als sofort ausgleichs- und abzugsfähig). Die gegen den Feststellungsbescheid für 2009 gerichteten Einsprüche des Klägers blieben erfolglos. Der Bundesfinanzhof bestätigte die Ansicht des Finanzamts und stellte klar, dass es sich bei der Beteiligung des Klägers an diesem geschlossenen Fonds um ein Steuerstundungsmodell im Sinne des § 15b EStG handelt. Dies ist darin begründet, weil dem Steuerpflichtigen aufgrund eines vorgefertigten Konzepts die Möglichkeit geboten wurde, zumindest in der Anfangsphase der Investition Verluste mit übrigen Einkünften zu verrechnen. Dabei ist es ohne Belang, auf welchen Vorschriften die negativen Einkünfte beruhen. Ein Steuerstundungsmodell im Sinne von § 15b EStG setzt nicht voraus, dass sich eine Investition als betriebswirtschaftlich nicht oder wenig sinnvoll darstellt. Ebenso spielt bei der Verlustausgleichs- und abzugsbeschränkung die Insolvenz der Gesellschaft und deren Betriebsaufgabe, wodurch die Verluste nicht mehr mit späteren Gewinnen aus derselben Einkunftsquelle verrechnet werden könnten, keine Rolle. Auch im Fall solcher definitiven Verluste verstößt die Verlustausgleichs- und -abzugsbeschränkung nicht gegen Art. 3 Abs. 1 des GG. Als sachlicher Grund für die Regelung sind die vom Gesetzgeber mit § 15b EStG verfolgten Lenkungszwecke und Aspekte der Missbrauchsvermeidung zu beachten. Außerdem verweist der Bundesfinanzhof darauf, dass unter die Verlustausgleichs- und -abzugsbeschränkung für Steuerstundungsmodelle bei Personengesellschaften auch Sonderbetriebsausgaben des Gesellschafters, wie beispielsweise Verluste aus der Gewährung nachrangiger Gesellschafterdarlehen, fallen.


Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Zahlungsmoratorium für die Corona-Wirtschaftshilfen

von Björn Keller

Wie das Sächsische Wirtschaftsministerium (SMWA) mitteilt, werden mit sofortiger Wirkung die Rückforderungen der Überbrückungs- und Monatshilfen ausgesetzt. Das SMWA und die SAB arbeiten bei der Umsetzung des Moratoriums eng zusammen, da noch nicht alle Details geklärt sind. Bis zu einer abschließenden Klärung aller offenen Fragen werden keine neuen Rückforderungen verfolgt und keine Mahnungen versandt. Rechtliche Änderungen an den Bundesprogrammen sind jedoch nicht zu erwarten. Die Unternehmen werden zudem weiterhin Auskunft über die Verwendung der Hilfen geben müssen. Aufgrund der Haushaltssituation des Freistaats zahlt Sachsen auch nicht nachträglich einen Unternehmerlohn. Sobald weitere Informationen vorliegen, werden diese unverzüglich veröffentlicht.

Statement von Wirtschaftsminister Dirk Panter dazu:
»Viele Unternehmer haben mich in den vergangenen Wochen angesprochen, die Rückforderung der Coronahilfen des Bundes in der aktuellen wirtschaftlichen Lage eine große Herausforderung darstellt. Es sind Existenzängste entstanden. Darauf habe ich reagiert und die Rückforderungen erst einmal stoppen lassen. Wir wollen jetzt für Klarheit sorgen, um unnötige Härten für Unternehmerinnen und Unternehmer zu vermeiden – soweit es rechtlich möglich ist. Es wird allerdings noch einige Tage dauern, bis alle Details abschließend geklärt sind. Daher bitte ich um Verständnis, dass wir noch keine näheren Details nennen können. Für den Moment verschafft das Moratorium den Betroffenen eine Atempause. «

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz