Irrtum über Steuerfolgen bei Ehevertrag kann rückwirkendes Entfallen der Steuer bewirken
von Björn Keller
Die Übertragung von GmbH-Anteilen im Rahmen eines Zugewinnausgleichs unter Ehegatten stellt grundsätzlich einen steuerpflichtigen Veräußerungsvorgang nach § 17 EStG dar. Ein rückwirkender Wegfall des Veräußerungsgewinns ist jedoch möglich, wenn die Übertragung aufgrund eines Irrtums über die steuerlichen Folgen rückabgewickelt wird und dieser Irrtum die Geschäftsgrundlage des Vertrags bildete. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 09. Mai 2025 (IX R 4/23). Im zugrunde liegenden Fall sind die Kläger zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger war zu 50 % an einer GmbH beteiligt. Nach einer erbschaftsteuerrechtlichen Beratung beim Notar beschlossen die Kläger, abweichend vom gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft per Ehevertrag eine Gütertrennung zu vereinbaren. Hieraus ergab sich für die Ehefrau ein Zugewinnausgleichsanspruch. Diesen erfüllte der Ehemann durch die Übertragung von GmbH-Anteilen an die Ehefrau. Dabei gingen die Kläger davon aus, dass dafür keine Einkommensteuer fällig ist, was durch ihren Steuerberater bekräftigt wurde. Das Finanzamt hatte dazu eine andere Auffassung. Es bezog sich auf § 17 EStG, ermittelte einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn und legte die Einkommensteuer in entsprechender Höhe fest. Die Kläger änderten darauf hin ihren notariell beglaubigten Ehevertrag. Sie vereinbarten statt der Anteilsübertragung eine Geldzahlung sowie die Stundung des restlichen Ausgleichsanspruchs. Im Gegensatz zum Finanzamt erkannte das Finanzgericht die rückwirkende Änderung des Ehevertrags an. Dadurch entfiel der Veräußerungsgewinn mit seiner steuerlichen Wirkung für die Vergangenheit. Der Bundesfinanzhof teilt diese Auffassung. Die Rückabwicklung kann steuerlich so behandelt werden, als wäre die Anteilsübertragung nie erfolgt. Grundlage ist, dass der Irrtum von beiden Vertragspartnern anerkannt wird, er bereits bei Vertragsabschluss vorlag und in die Risikosphäre beider Vertragspartner fällt. Dabei ist ein ausdrücklicher Hinweis im ursprünglichen Vertragstext nicht erforderlich. Der Bundesfinanzhof verweist jedoch darauf, dass die Voraussetzungen für die Anerkennung einer steuerlich rückwirkenden Änderung vertraglicher Abreden weiterhin streng sind und nur für Ausnahmefälle gelten.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz