2021

Verlängerung der Antragsfristen für staatliche Hilfen zur Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen durch die Corona-Pandemie

Die Antragsfrist für Erst- und Änderungsanträge zur Erhaltung der Überbrückungshilfe III Plus wurde bis zum 31. März 2022 verlängert. Das Zuschussprogramm für den Förderzeitraum 1. Januar bis 31. März 2022 wurde Überbrückungshilfe IV benannt. Dabei gibt es eine wichtige Veränderung. Die Antragsberechtigten erhalten bei einem Umsatzausfall von 70 Prozent oder mehr nur noch bis zu 90 Prozent der Fixkosten erstattet. Bei der Überbrückungshilfe III Plus für die Monate Juli bis Dezember 2021 können noch bis zu 100 Prozent der Fixkosten gezahlt werden. Die Reduzierung gilt also erst ab Januar 2022.

Die Neustarthilfe Juli bis September ist Teil des Programms Neustarthilfe Plus. Damit werden Soloselbstständige, Kapitalgesellschaften, Genossenschaften, unständig Beschäftigte sowie kurz befristete Beschäftigte in den Darstellenden Künsten  Förderzeiträumen Juli bis September und Oktober bis Dezember 2021 unterstützt. Die Antragsfrist auf Neustarthilfe Plus Juli bis September sowie Oktober bis Dezember 2021 wurde bis zum 31. März 2022 verlängert.

Die November- und Dezemberhilfe unterstützte Unternehmen, Selbständige und Vereine, die von den Schließungen ab 2. November 2020 zur Bekämpfung der Corona-Pandemie betroffen waren. Die Antragsfrist für Erstanträge endete am 30. April 2021. Derzeit finden verstärkt Nachprüfungen zur Antragsberechtigung von Direktantragstellenden durch die Bewilligungsstellen der Länder statt.
Die Frist für die Schlussabrechnung wurde neu auf den 31. Dezember 2022 festgesetzt.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Keine Kostenerstattungspflicht im Einspruchsverfahren gegen Hinterziehungszinsen

Mit seinem Urteil vom 01. September 2021 (III R 18/21) entschied der Bundesfinanzhof, dass es bei einem erfolgreichen Einspruch gegen Hinterziehungszinsen im Kindergeldverfahren keine Kostenerstattung gibt. § 77 EStG ist in diesem Falle  weder unmittelbar noch analog anwendbar. Es liegt auch keine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit vor, soweit vorgenannte Vorschrift ihrem Wortlaut nach eine Kostenerstattung nur für Einspruchsverfahren wegen Kindergeldfestsetzungen vorsieht. Im Streitfall bezog die Klägerin zu Unrecht Kindergeld. Die Familienkasse legte daraufhin gegen sie Hinterziehungszinsen fest. Der Einspruch der Klägerin war erfolgreich. Allerdings entschied die Familienkasse, die im Einspruchsverfahren entstandenen Kosten der Klägerin nicht zu erstatten. Sie begründete dies damit, dass sich § 77 EStG nur auf die Ablehnung oder Aufhebung der Kindergeldfestsetzung beziehe. Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt und verpflichtete die Familienkasse zur Erstattung der Aufwendungen. Der Bundesfinanzhof teilte diese Auffassung nicht. Er stellte klar, dass das Einspruchsverfahren nach der Abgabenordnung grundsätzlich für beide Seiten kostenfrei ist. Einspruchsführer und Behörde müssen demzufolge  jeweils ihre eigenen Aufwendungen tragen. Abweichend von diesem Grundsatz werden nach § 77 EStG im Einspruchsverfahren gegen Kindergeldfestsetzungsbescheide dem erfolgreichen Rechtsbehelfsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen erstattet. Hat sich der Einspruchsführer jedoch erfolgreich gegen die Festsetzung von Hinterziehungszinsen wegen unberechtigt erhaltener Kindergeldzahlungen gewandt, kann diese Vorschrift gemäß Urteil des Bundesfinanzhofs nicht angewendet werden. Der Klägerin steht also keine Kostenerstattung zu.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Ermittlung fremdüblicher Zinsen auf Konzerndarlehen

Mit seinem Urteil vom 18. Mai 2021 (I R 4/17) entschied der Bundesfinanzhof darüber, wie fremdübliche Zinsen für ein Konzerndarlehen zu ermitteln und anzuwenden sind. Denn mit der Höhe des Zinses, für den ein Konzernunternehmen einem anderen Konzernunternehmen ein Darlehen gewährt, können Gewinne künstlich von dem einen Unternehmen auf das andere verlagert werden. In grenzüberschreitenden Konstellationen ergibt sich zudem die Möglichkeit, Gewinne in einen Staat mit niedrigen Steuersätzen zu transferieren. Um solchen Gestaltungen entgegen zu wirken, wird der sogenannte Fremdvergleich herangezogen. Das bedeutet, dass die Darlehenszinsen nur in der Höhe anerkannt werden, wie sie auch unter fremden, nicht konzernzugehörigen Unternehmen vereinbart worden wären. Dabei verwies der Bundesfinanzhof darauf, dass zur Ermittlung fremdüblicher Darlehenszinssätze vor Anwendung der sogenannten Kostenaufschlagsmethode zu prüfen ist, ob die Vergleichswerte mithilfe der Preisvergleichsmethode ermittelt werden können. Das gilt auch für unbesichert gewährte Konzerndarlehen und unabhängig davon, ob das Darlehen von der Muttergesellschaft oder von einer als Finanzierungsgesellschaft fungierenden anderen Konzerngesellschaft gewährt wurde. Für die Beurteilung der Bonität ist immer die Bonität der darlehensnehmenden Konzerngesellschaft maßgebend, nicht die durchschnittliche Kreditwürdigkeit des Gesamtkonzerns. Diese darf nur berücksichtigt werden, falls ein konzernfremder Darlehensgeber der Konzerngesellschaft dadurch eine Kreditwürdigkeit zuordnen würde, die die „Stand alone Bonität“ der Gesellschaft übersteigt. Im Streitfall hatte eine inländische Konzerngesellschaft mehrere Darlehen bei einer in den Niederlanden ansässigen Gesellschaft aufgenommen, die als Konzernfinanzierungsgesellschaft fungierte. Das Finanzamt und das FG hielten die vereinbarten Darlehenszinsen für überhöht und ermittelten die fremdüblichen Zinssätze auf der Basis der Kostenaufschlagsmethode. Der Bundesfinanzhof folgte nicht der Vorgehensweise der Vorinstanzen. Er entschied, dass die Fremdüblichkeit des vereinbarten Zinssatzes für ein Konzerndarlehen zunächst so zu ermitteln ist, dass der vereinbarte Zins mit dem Zins verglichen wird, der bei vergleichbaren Geschäften zwischen unabhängigen Dritten oder zwischen einem der Konzernunternehmen mit einem unabhängigen Dritten vereinbart worden wäre (Preisvergleichsmethode). Erst wenn ein derartiger Preisvergleich nicht möglich ist, darf die Kostenaufschlagsmethode angewendet werden. Dabei werden die Selbstkosten des Darlehensgebers ermittelt und um einen angemessenen Gewinnaufschlag erhöht. Außerdem ist bei dem Fremdvergleich zu beachten, dass bei für die Zinshöhe bedeutsamen Bonität des Darlehensnehmers grundsätzlich seine eigene Bonität (Einzelunternehmen) und nicht die des Gesamtkonzerns zugrunde zu legen ist. Die finanziellen Kapazitäten des Darlehensgebers spielen für die Angemessenheit des vereinbarten Zinses keine entscheidende Rolle.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Abzugsfähigkeit von Zahlungen des Beschenkten zur Abwendung von Ansprüchen des beeinträchtigten Vertragserben bzw. Nacherben

Bei der Schenkungsteuer sind Zahlungen des Beschenkten zur Abwendung etwaiger Herausgabeansprüche eines Erben oder Nacherben steuermindernd zu berücksichtigen. Das entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 06. Mai 2021 (II R 24/19). Im Streitfall hatten die Eltern des Klägers laut Testament ihre Söhne als Nacherben nach dem letztversterbenden Elternteil eingesetzt. Nach dem Tod des Vaters schenkte die Mutter einem der Söhne, dem Kläger, ein Grundstück aus dem Nachlassvermögen. Seine Brüder machten nach dem Tod der Mutter deswegen gegen den Kläger zivilrechtliche Herausgabeansprüche geltend. Zur Abgeltung sämtlicher wechselseitiger Ansprüche leistete der Kläger eine Zahlung in Höhe von 150.000 € und behielt das Grundstück. Der Kläger begehrte rückwirkend die steuermindernde Berücksichtigung dieser Zahlung bei der Besteuerung der von der Mutter erhaltenen Schenkung. Das Finanzamt lehnte dies ab. FG und Bundesfinanzhof hingegen gaben dem Kläger Recht. Denn bei den Zahlungen handelt es sich hierbei um Kosten zur Abwendung von Herausgabeansprüchen von Erben oder Nacherben. Letztlich dienen sie dazu, das Geschenkte zu sichern. Solche Zahlungen stellen rückwirkende Ereignisse im Sinne von § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO dar. Sie sind daher steuermindernd rückwirkend zu berücksichtigen. Ein bereits ergangener Schenkungsteuerbescheid ist entsprechend zu ändern.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Schadensersatz wegen Prospekthaftung bei Beteiligung an einer gewerblich tätigen Fonds-KG unterliegt der Einkommensteuer

Steht einem Kommanditisten einer gewerblich tätigen Fonds-KG wegen fehlerhafter Angaben im Beteiligungsprospekt Schadensersatz zu, ist dieser steuerpflichtig. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 17. März 2021. Gemäß aktueller Rechtsprechung gehören zu den gewerblichen Einkünften des Gesellschafters einer Personengesellschaft alle Einnahmen und Ausgaben, die ihre Veranlassung in der Beteiligung an der Gesellschaft haben. Danach gezahlte Schadensersatzleistungen an den Gesellschafter sind als Sonderbetriebseinnahmen bei den gewerblichen Einkünften zu erfassen, sofern das schadensstiftende Ereignis in dessen Mitunternehmerschaft begründet ist. Im Streitfall war der Kläger einem gewerblich tätigen Filmfonds als Kommanditist beigetreten. Veranlasst hatte ihn ein entsprechendes Beteiligungsprospekt. Aufgrund fehlerhafter Angaben in diesem erstritt er vor einem Zivilgericht gegen den Ersteller des Beteiligungsprospekts Schadensersatz. Der Kläger war der Meinung, dass dieser Anspruch nicht der Besteuerung unterliege. Dem widersprach das Finanzamt und der Bundesfinanzhof stützte mit seinem Urteil dessen Auffassung. Er stellte klar: Besteht die Verpflichtung zur Leistung von Schadensersatz Zug um Zug gegen Übertragung der Kommanditbeteiligung selbst, führt die Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an der Kommanditbeteiligung zu einem Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG. Besteht die Verpflichtung Zug um Zug gegen Abtretung von Ansprüchen, die nicht der Übertragung der Beteiligung selbst entsprechen, führt die Abtretung zu einem laufenden Sonderbetriebsgewinn nach § 15 EStG. Zinsen im Zusammenhang mit einem Schadensersatzanspruch aus Prospekthaftung sind Bestandteil derjenigen betrieblichen Einkünfte, die aus dem Schadensersatz selbst erzielt werden. Das gilt auch für Ansprüche aus einer zivilrechtlichen Prospekthaftung, die dem Mitunternehmer einer KG zustehen. Da die Feststellungen des FG nicht ausreichten, um zu beurteilen, ob und in welcher Höhe dem Kläger im Streitjahr ein Sonderbetriebsgewinn aus der Schadensersatzleistung entstanden ist, ging die Sache an das FG zur weiteren Klärung zurück.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz