2025
Steuerermäßigung für die Erneuerung einer Heizungsanlage
von Björn Keller
Wie der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 13. August 2024 (IX R 31/23) entschied, dürfen Steuerermäßigungen für energetische Maßnahmen, wie beispielsweise der Einbau einer modernen Heizungsanlage, erst nach der Montage sowie der vollständigen Begleichung des Rechnungsbetrages auf das Konto des Installationsunternehmens vorgenommen werden. Nur die Fertigstellung der Maßnahme genügt nicht. Im Streitfall hatte ein Ehepaar, die Kläger, in dem von ihnen bewohnten Einfamilienhaus im Jahr 2021 die Heizung durch den Einbau eines neuen Gasbrennwertheizkessels modernisiert. Die Kosten für die Lieferung und die Montage des Kessels betrugen über 8.000 €. In der Rechnung waren auch Kosten für Monteurstunden und Fachhelferstunden enthalten. Ab März 2021 zahlten die Kläger gleichbleibende Monatsraten in Höhe von jeweils 200 € auf den Rechnungsbetrag. In der Einkommensteuer für das Jahr 2021 beantragten die Kläger infolgedessen für die gezahlten 2.000 € eine Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen. Das Finanzamt lehnte dies bei der Festsetzung ab, da dafür erst die letzte Rate beglichen sein müsse, also im Jahr 2024. FG und Bundesfinanzhof teilen diese Auffassung. Der Bundesfinanzhof stellt in seinem Urteil klar, dass die Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen gemäß § 35c EStG erst in Anspruch genommen werden kann, wenn der in der Rechnung über die förderungsfähige Maßnahme ausgewiesene Betrag vollständig auf dem Konto des Leistungserbringers eingegangen ist. Außerdem ist für die gemäß § 35c Abs. 4 Nr. 1 EStG Inanspruchnahme der Steuerermäßigung Voraussetzung, dass der Steuerpflichtige eine Rechnung in deutscher Sprache mit bestimmten inhaltlichen Angaben erhalten hat. Zusätzlich verlangt § 35c Abs. 4 Nr. 2 EStG ausdrücklich, dass die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist. Bevor die vollständige Begleichung der Rechnung nicht stattgefunden hat, liegt der von § 35c Abs. 1 EStG geforderte Abschluss der Maßnahme nicht vor. Daraus folgt im Streitfall, dass auch die im Jahr 2021 geleisteten Teilzahlungen nicht zu berücksichtigen sind. Der Bundesfinanzhof weist in seiner Entscheidung darauf hin, dass im behandelten Fall im Streitjahr 2021 eine Steuerermäßigung gemäß § 35a Abs. 3 EStG für Handwerkerleistungen möglich ist. Allerdings werden nur die Arbeitskosten und nicht auch die Materialkosten begünstigt. Werden die Steuerermäßigungen für Handwerkerleistungen in Anspruch genommen, ist eine zusätzliche Förderung auf der Grundlage des § 35c EStG ausgeschlossen. Das FG muss daher diesbezüglich den Antrag der Kläger nochmals prüfen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Bundesfinanzhof hält Aussetzungszinsen von monatlich 0,5 % für verfassungswidrig
von Björn Keller
Der Bundesfinanzhof hat mit seinem Beschluss vom 08. Mai 2024 (VIII R 9/23) das Bundesverfassungsgericht angerufen, da er den gesetzlichen Zinssatz von monatlich 0,5 % beziehungsweise 6 % pro Jahr für Aussetzungszinsen für verfassungswidrig hält. Grundsätzlich haben Einspruch und Klage im Steuerrecht keine aufschiebende Wirkung. Das bedeutet, dass die Erhebung einer Abgabe dadurch nicht aufgehalten wird und der Steuerpflichtige somit die festgesetzte Steuer zunächst zahlen muss. Allerdings kann in einem summarischen Verfahren auf Antrag bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids vom Finanzamt oder dem FG die Aussetzung der Vollziehung angeordnet werden. In dem Fall muss der Steuerpflichtige die Steuer zunächst nicht zahlen. Bleiben jedoch seine Rechtsmittel ohne Erfolg, muss er die Steuer nachträglich zahlen; zugleich fallen in der Regel Zinsen an. Diese betragen dann für die Dauer der Aussetzung der Vollziehung und in Höhe des ausgesetzten Steuerbetrags 0,5 % pro Monat, also 6 % pro Jahr. Der Bundesfinanzhof hält die Vollverzinsung in dieser Höhe für unvereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG, wonach alle Menschen nach dem Gesetz gleich sind. Im zugrunde liegenden Streitfall hatte der Kläger seinen Einkommensteuerbescheid für 2012 angefochten. Das Finanzamt setzte dessen Vollziehung aus. Da die Klage erfolglos blieb, wurden neben dem fälligen Steuerbetrag zusätzlich Aussetzungszinsen von 0,5 % für insgesamt 78 Monate festgesetzt. Der Kläger wandte sich gegen die Zinsfestsetzung. Der Bundesfinanzhof teilte die Auffassung des Klägers. Da die Zinsfestlegung eine Phase anhaltend struktureller Niedrigzinsen beinhalte, sei der gesetzliche Zinssatz von monatlich 0,5 % der Höhe nach evident nicht mehr erforderlich, um den durch eine spätere Zahlung erzielbaren Liquiditätsvorteil abzuschöpfen. Ein solcher Zinssatz sei bei Aussetzung der Vollziehung nach seiner Ansicht mit Art. 3 Abs. 1 GG unvereinbar. Besonders strittig sei der Zeitraum vom 01. Januar 2019 bis zum 15. April 2021. Der Bundesfinanzhof erörterte, dass Steuerpflichtige, die Nachzahlungszinsen entrichten müssen, im Vergleich zu vorgenannten Steuerpflichtigen bevorteilt würden. Begründet ist dies dadurch, weil bei Nachzahlungen die Steuerfestsetzung zu einem Unterschiedsbetrag nach § 233a Abs. 3 AO geführt hat und die Steuerpflichtigen daher ihre von Anfang an geschuldete Steuer erst später zahlen müssen. Die dafür erhobenen Nachzahlungszinsen werden seit dem 01. Januar 2019 lediglich mit einem Zinssatz von 0,15 % für jeden Monat, mit demzufolge nur 1,8 % jährlich berechnet. Dieser erheblich niedrigere Zinssatz gegenüber Aussetzungszinsen führt daher zu einer Ungleichbehandlung von Steuerpflichtigen. Die Verfassungsmäßigkeit der Zinssatzspreizung sei daher anzuzweifeln. Das Verfahren wurde deshalb ausgesetzt. Bleibt abzuwarten, ob das Bundesverfassungsgericht der Auffassung des Bundesfinanzhofs folgt.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Keine Einsicht in Steuerakten zur Prüfung eines Schadenersatzanspruchs gegen Dritte
von Björn Keller
Die Einsichtnahme in eine Steuerakte außerhalb eines finanzgerichtlichen Verfahrens ist nicht gestattet, sofern der Steuerpflichtige für den betroffenen Besteuerungszeitraum bereits bestandskräftig veranlagt wurde und die Einsichtnahme der Verfolgung steuerverfahrensfremden Zwecken dienen soll. Ein Auskunftsanspruch über die Verarbeitung personenbezogener Daten nach Maßgabe der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) bleibt hiervon jedoch unberührt. So entschied der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 07. Mai 2024 (IX R 21/22). Im Streitfall beantragten die Kläger beim Finanzamt nach dessen Steuerfestsetzung, Einsicht in ihre Einkommensteuerakte für 2015 zu erhalten. Sie wollten überprüfen, ob ihr Steuerberater ordnungsgemäße Angaben zu den steuerlichen Verhältnissen gemacht hatte, um gegebenenfalls Schadenersatz zu fordern. Dies lehnte das Finanzamt ab, ebenso wie den späteren Antrag, Auskunft über die Verarbeitung personenbezogener Daten zu erteilen. Das zuständige FG widersprach dem und verpflichtete das Finanzamt, Akteneinsicht sowie den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch zu gewähren. Der Bundesfinanzhof teilte dessen Auffassung nicht. Er begründete dies damit, dass die Kläger erst nach Durchführung der Einkommensteuerveranlagung die Einsichtnahme beantragt hatten. Der einer Akteneinsicht innewohnende Anspruch auf rechtliches Gehör vor Erlass einer Verwaltungsentscheidung wurde somit nicht berührt. Zudem stellte der Bundesfinanzhof klar, dass die Gewährung der nachträglichen Akteneinsicht keine Ermessensfrage ist. Zudem ist das Finanzamt nicht verpflichtet, die Kläger bei deren Prüfung, ob ein Schadenersatzanspruch gegen den Steuerberater besteht, zu unterstützen. Ein solches Anliegen verfolge außerhalb des Besteuerungsverfahrens liegende Zwecke. Das Finanzamt sei jedoch verpflichtet, den Klägern gemäß Art. 15 DSGVO Auskunft darüber zu erteilen, welche sie betreffenden personenbezogenen Daten verarbeitet wurden. Dieser Auskunftsanspruch bezieht sich aber eben nur auf die personenbezogenen Daten und nicht auf Dokumente und ist demzufolge nicht gleichzusetzen mit einem Akteneinsichtsrecht. Eine Ausnahme zur Übersendung von Dokumentenkopien ist nur möglich, wenn diese unbedingt erforderlich sind, um wirksam datenschutzrechtliche Ansprüche zu verfolgen. Diese Notwendigkeit ist vom Steuerpflichtigen glaubhaft darzulegen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz