Steuerpflichtiger darf Aussetzung der Vollziehung ablehnen

von Björn Keller

Die Finanzverwaltung darf Steuerpflichtigen die Aussetzung der Vollziehung eines Steuerbescheides nicht mit dem Ziel aufzwingen, dem Staat damit Zinsvorteile zu verschaffen. Dies entschied das Finanzgericht Köln in seinem Urteil vom 08.09.2010. Die Revision zum Bundesfinanzhof wurde zugelassen. Der Entscheidung liegt ein Fall zugrunde, bei dem die Klägerin nach einer steuerlichen Außenprüfung mehrere Millionen Euro an das Finanzamt nachzahlen sollte. Die Klägerin zahlte fristgerecht, legte aber gegen die geänderten Steuerbescheide Einspruch beim Finanzamt ein. Dieses setzte auf entsprechende Anweisung des zuständigen Finanzministeriums den gesamten Nachforderungsbetrag ab Fälligkeit von der Vollziehung aus und erstattete den Betrag an die Klägerin zurück. Gegen diese aufgezwungene Aussetzung wehrte diese sich. Sie berief sich darauf, dass die Aussetzung unrechtmäßig sei, weil sie zu einem Zinsschaden führe. Sie könne sich am Markt zu einem Zinssatz zwischen rund 2 und 4,3 Prozent refinanzieren, während im Falle eines Misserfolges zwingend Aussetzungszinsen von 6 Prozent anfielen. Andererseits würde sie bei erfolgreicher Klage vom Finanzamt den Erstattungsbetrag mit 6 Prozent verzinst bekommen. Das Finanzgericht Köln gab der Klägerin mit der Begründung recht, dass die erzwungene Aussetzung der Vollziehung grundsätzlich ermessensfehlerhaft sei, da die Aussetzung der Vollziehung dem vorläufigen Rechtsschutz des Bürgers dient und nicht den finanziellen Interessen des Staates. Die Zwangsaussetzung verstoße zudem gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz. Eine Aussetzung der Vollziehung gegen den Willen des Steuerpflichtigen erfolgt in der Praxis nämlich nur in einer verschwindend geringen Anzahl von Fällen und soweit ersichtlich nur bei erheblichen Streitwerten. In dem Zusammenhang ist zu beachten, dass Nachzahlungszinsen, die an das Finanzamt gezahlt werden, nach § 12 Nr. 3 EStG steuerlich nicht abzugsfähig sind, während Erstattungszinsen, die das Finanzamt an den Steuerpflichtigen zu zahlen hat, steuerpflichtig sind und nach dem Entwurf des Jahressteuergesetzes 2010 auch in Zukunft sein sollen.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

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