2024

Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags

Wie der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 07. November 2023 (VIII R 7/21) entschied, wird im Rahmen der reinen Rückabwicklung eines Verbraucherdarlehensvertrags nach Widerruf durch die Zahlung eines Nutzungsersatzes kein steuerbarer Kapitalertrag begründet. Der Nutzungsersatz beruht nicht auf einer erwerbsgerichteten Tätigkeit und wird somit nicht innerhalb der steuerbaren Erwerbssphäre erzielt. Im zugrunde liegenden Fall schloss ein Ehepaar im Jahr 2005 einen Darlehensvertrag über 208.000 € zur Finanzierung einer selbstgenutzten Wohnimmobilie ab. Diesen widerriefen sie im Jahr 2016 unter Berufung auf eine fehlerhafte Widerrufsbelehrung. Auf der Grundlage eines zivilgerichtlichen Vergleichs zahlte die Bank an die Eheleute Nutzungsersatz für bis zum Widerruf erbrachte Zins- und Tilgungsleistungen. Von dem zustehenden Betrag in Höhe von 14.500 € zog die Bank Kapitalertragsteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer ab. In der Einkommensteuererklärung machten die Kläger geltend, dass die Bank dies zu Unrecht vorgenommen habe. Finanzamt und FG folgten dieser Auffassung nicht. Dem widersprach der Bundesfinanzhof. Er stellte klar, dass der Nutzungsersatz kein steuerbarer Kapitalertrag im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG oder im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG sei, da sich die reine Rückabwicklung eines vom Darlehensnehmer widerrufenen Darlehensvertrags außerhalb der steuerbaren Erwerbssphäre vollziehe. Das Rückgewährschuldverhältnis sei ertragsteuerlich als Einheit zu behandeln. Die einzelnen Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis könnten demzufolge auch nicht für sich betrachtet (im Sinne einer unfreiwilligen Kapitalüberlassung) Teil einer steuerbaren erwerbsgerichteten Tätigkeit sein.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Nutzung zu eigenen Wohnzwecken bei Abtrennung und Veräußerung eines Gartengrundstücks

Bei der Veräußerung eines abgetrennten unbebauten Gartengrundstücks ist eine Befreiung von der Einkommensteuer wegen einer Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nicht möglich. Das entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 26. September 2023 (IX R 14/22). Im Streitfall bewohnten die Kläger ein Wohnhaus, das von einem fast 4.000 qm großen Grundstück umgeben war. Dieses nutzten sie als Garten. Nachdem sie das Grundstück in zwei Teilflächen getrennt hatten, bewohnten sie weiterhin das Haus auf dem einen Teilstück, während sie den unbebauten Grundstücksteil veräußerten. Für den Veräußerungsgewinn machten die Kläger eine Befreiung von der Einkommensteuer wegen Nutzung zu eigenen Wohnzwecken geltend. Nachdem Einspruch und Klage nicht erfolgreich waren, widersprach auch der Bundesfinanzhof dieser Ansicht. Er stellte zwar klar, dass sich die Tatbestandsausnahme in § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG nicht nur auf das zu eigenen Wohnzwecken genutzte Gebäude erstreckt. Sie gilt auch auf den dazugehörenden Grund und Boden, sofern ein einheitlicher Nutzungs- und Funktionszusammenhang zwischen dem Gebäude und dem Grundstück besteht.  Dieser entfällt allerdings, wenn von dem bisherigen Wohngrundstück ein unbebauter Teil abgetrennt und später veräußert wird. Die dadurch entstandenen Grundstücke sind in Bezug auf ihre Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nun als eigenständige Wirtschaftsgüter zu betrachten. Dabei ist unbedeutend, ob der abgetrennte und später veräußerte Grundstücksteil vorher als Garten genutzt wurde.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Die Überlassung einer Wohnung an die (Schwieger-)Mutter ist nicht steuerbegünstigt

Der Bundesfinanzhof entschied mit seinem Urteil vom 14. November 2023 (IX R 13/23), dass eine zu einer Befreiung von der Einkommensteuer führende Selbstnutzung einer Wohnung nicht vorliegt, wenn diese vor der Veräußerung der (Schwieger-)Mutter überlassen wurde. Im Streitfall erwarb ein Ehepaar im Jahre 2009 für 177.300 € eine Eigentumswohnung. Diese überließ es der (Schwieger-)Mutter zur unentgeltlichen Nutzung. Nach deren Ableben veräußerte es die Wohnung im Jahre 2017 für 220.000 €. Für den daraus erzielten Gewinn wollte es eine Steuerbefreiung wegen Selbstnutzung geltend machen. Finanzamt, FG und der Bundesfinanzhof widersprachen dieser Auffassung. Grundsätzlich müssen Gewinne aus Grundstücksverkäufen gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG versteuert werden, sofern Erwerb und Verkauf der Immobilie innerhalb von zehn Jahren erfolgen. Eine Befreiung davon ist bei einer Selbstnutzung der Immobilie möglich. Allerdings gilt das nur für die Steuerpflichtigen selbst oder ihre unterhaltsberechtigten volljährigen Kinder. Bei Überlassung der Wohnung an die (Schwieger-)Mutter hingegen liegt eindeutig keine Selbstnutzung vor.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Kindergeld bei einem Freiwilligendienst zwischen Bachelor- und Masterstudium

Eine aus mehreren Ausbildungsabschnitten (z.B. Bachelor- und Masterstudium im gleichen Fach) bestehende einheitliche Erstausbildung liegt nur dann vor, wenn die einzelnen Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen und zeitlichen  Zusammenhang zueinander stehen. Das stellte der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 12. Oktober 2023 (III R 10/22) klar. Dieser enge zeitliche Zusammenhang ist nur gewahrt, wenn das Kind den nächsten Teil der mehraktigen Ausbildung zum nächstmöglichen Termin aufnimmt. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Ende eines Freiwilligendienstes im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG und dem Beginn eines weiteren Ausbildungsabschnitts genügt nicht. Die Ausbildung gilt nicht als sogleich fortgesetzt. Ein Kindergeldanspruch besteht in dem Falle nur dann, wenn das Kind bis zum Studienbeginn nicht oder nicht mehr als 20 Stunden pro Woche erwerbstätig ist. Im Streitfall ist der Kläger der Vater einer im Februar 1996 geborenen Tochter. Diese schloss am Ende des Sommersemesters 2018 ein Studium mit dem Bachelor ab. Von Oktober 2018 bis einschließlich Mai 2019 absolvierte sie einen Freiwilligendienst. Nachdem sie im Juli 2019 zum Masterstudium im gleichen Fachgebiet wie beim Bachelorstudium zugelassen wurde, nahm sie dieses im Oktober 2019 auf. In den Monaten Juli bis September 2019 (Streitzeitraum) arbeitete die Tochter als Aushilfskraftmit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Stunden. Damit überschritt sie die für das Kindergeld unschädliche wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden. Die Familienkasse war der Auffassung, dass dem Kläger deshalb im Streitzeitraum kein Kindergeld zu gewähren ist. Da das FG der Klage dagegen statt gab, ging die Familienkasse in Revision, die der Bundesfinanzhof für begründet hielt. Er erklärte, dass die Tochter zwar grundsätzlich auch in den strittigen Monaten bis zum Beginn des Masterstudiums kindergeldrechtlich zu berücksichtigen sei, weil sie dieses Studium erst mit dem Beginn des Wintersemesters 2019/2020 aufnehmen konnte. Jedoch seien volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nach Abschluss einer Erstausbildung kindergeldrechtlich nur dann zu berücksichtigen, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden nachgingen (§ 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG). Da die Tochter zwischen Bachelor- und Masterstudium einen Freiwilligendienst absolvierte, fehle der erforderliche enge zeitliche Zusammenhang zwischen den Ausbildungsteilen. Das bedeute, dass die Erstausbildung mit dem vorherigen Ausbildungsabschnitt abgeschlossen wurde. Da in dem Falle der zeitliche Umfang der Erwerbstätigkeit relevant sei, dieser aber über der Grenze von 20 Wochenstunden gelegen habe, könne kein Kindergeld gewährt werden. Das FG habe zu Unrecht Bachelor- und Masterstudium als Teile einer einheitlichen Erstausbildung angesehen.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Kein anteiliger Erwerb eines zur Erbmasse gehörenden Grundstücks bei entgeltlichem Erwerb eines Miterbenanteils

Der entgeltliche Erwerb eines Anteils an einer Erbengemeinschaft führt nicht zur anteiligen Anschaffung eines zum Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft gehörenden Grundstücks. Demzufolge fällt hierauf keine Einkommensteuer an. Das entschied der Bundesfinanzhof (BFH) mit seinem Urteil vom 26. September 2023 (IX R 13/22). Im Streitfall gehörten mehrere Grundstücke zum Vermögen einer Erbengemeinschaft. Die Erblasserin war 2015 verstorben. Der Kläger ist Erbe mit einem Erbanteil von 52 %. Weitere Erben zu jeweils 24 % sind die Kinder der Erblasserin, die zugleich als Nacherben nach dem Kläger festgelegt wurden. Im April 2017 traten die Kinder der Erblasserin ihr Nacherbenanwartschaftsrecht an dem Erbteil des Klägers an ihn ab. Der Kläger übernahm die sofortige Alleinberechtigung mit allen Rechten und Pflichten. Kurz danach übertrugen die Kinder der Erblasserin mit notarieller Urkunde ihren Erbanteil an einen Dritten. In Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts erwarb der Kläger im Oktober 2017 diese Erbanteile ebenfalls notariell beurkundet. Zugleich wurde die Erbengemeinschaft auseinandergesetzt. Im Februar 2018 veräußerte der Kläger den Grundbesitz. Das Finanzamt ging davon aus, dass hinsichtlich des Erwerbs der Erbanteile von dem Dritten eine anteilige entgeltliche Anschaffung des Grundbesitzes in Höhe von 48 % durch den Kläger vorliege. Zudem handele es sich um ein privates Veräußerungsgeschäft, da zwischen dem Erwerb und dem Verkauf weniger als zehn Jahre lagen. Es besteuerte den Verkauf mit Bezug auf § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Auch die dagegen erhobene Klage beim zuständigen Finanzgericht war nicht erfolgreich. Dem widersprach der Bundesfinanzhof nun in seinem Urteil, indem er darlegte, dass die Voraussetzung für eine Besteuerung fehle. Das veräußerte Vermögen hätte zuvor auch angeschafft worden sein müssen. Mit Hinblick auf den Kauf von Anteilen an einer Erbengemeinschaft bezüglich des zum Nachlass gehörenden Vermögens ist dies aber nicht der Fall. Im Oktober 2017 hatte der Kläger die Erbanteile der beiden Kinder der Erblasserin erworben, somit die quotenmäßig bestimmte Teilhaberschaft an der Erbengemeinschaft als Gesamthandsgemeinschaft. Im Februar 2018 veräußerte er den aus dem Nachlass stammenden Grundbesitz. Somit ist keine Einkommensteuer auf die Veräußerung fällig. 

Hinweis: Mit dieser Entscheidung ändert der Bundesfinanzhof seine bisherige Rechtsprechung.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz