2024

Die Überlassung einer Wohnung an die (Schwieger-)Mutter ist nicht steuerbegünstigt

Der Bundesfinanzhof entschied mit seinem Urteil vom 14. November 2023 (IX R 13/23), dass eine zu einer Befreiung von der Einkommensteuer führende Selbstnutzung einer Wohnung nicht vorliegt, wenn diese vor der Veräußerung der (Schwieger-)Mutter überlassen wurde. Im Streitfall erwarb ein Ehepaar im Jahre 2009 für 177.300 € eine Eigentumswohnung. Diese überließ es der (Schwieger-)Mutter zur unentgeltlichen Nutzung. Nach deren Ableben veräußerte es die Wohnung im Jahre 2017 für 220.000 €. Für den daraus erzielten Gewinn wollte es eine Steuerbefreiung wegen Selbstnutzung geltend machen. Finanzamt, FG und der Bundesfinanzhof widersprachen dieser Auffassung. Grundsätzlich müssen Gewinne aus Grundstücksverkäufen gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG versteuert werden, sofern Erwerb und Verkauf der Immobilie innerhalb von zehn Jahren erfolgen. Eine Befreiung davon ist bei einer Selbstnutzung der Immobilie möglich. Allerdings gilt das nur für die Steuerpflichtigen selbst oder ihre unterhaltsberechtigten volljährigen Kinder. Bei Überlassung der Wohnung an die (Schwieger-)Mutter hingegen liegt eindeutig keine Selbstnutzung vor.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Kindergeld bei einem Freiwilligendienst zwischen Bachelor- und Masterstudium

Eine aus mehreren Ausbildungsabschnitten (z.B. Bachelor- und Masterstudium im gleichen Fach) bestehende einheitliche Erstausbildung liegt nur dann vor, wenn die einzelnen Ausbildungsabschnitte in einem engen sachlichen und zeitlichen  Zusammenhang zueinander stehen. Das stellte der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 12. Oktober 2023 (III R 10/22) klar. Dieser enge zeitliche Zusammenhang ist nur gewahrt, wenn das Kind den nächsten Teil der mehraktigen Ausbildung zum nächstmöglichen Termin aufnimmt. Ein enger zeitlicher Zusammenhang zwischen dem Ende eines Freiwilligendienstes im Sinne von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. d EStG und dem Beginn eines weiteren Ausbildungsabschnitts genügt nicht. Die Ausbildung gilt nicht als sogleich fortgesetzt. Ein Kindergeldanspruch besteht in dem Falle nur dann, wenn das Kind bis zum Studienbeginn nicht oder nicht mehr als 20 Stunden pro Woche erwerbstätig ist. Im Streitfall ist der Kläger der Vater einer im Februar 1996 geborenen Tochter. Diese schloss am Ende des Sommersemesters 2018 ein Studium mit dem Bachelor ab. Von Oktober 2018 bis einschließlich Mai 2019 absolvierte sie einen Freiwilligendienst. Nachdem sie im Juli 2019 zum Masterstudium im gleichen Fachgebiet wie beim Bachelorstudium zugelassen wurde, nahm sie dieses im Oktober 2019 auf. In den Monaten Juli bis September 2019 (Streitzeitraum) arbeitete die Tochter als Aushilfskraftmit mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 25 Stunden. Damit überschritt sie die für das Kindergeld unschädliche wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden. Die Familienkasse war der Auffassung, dass dem Kläger deshalb im Streitzeitraum kein Kindergeld zu gewähren ist. Da das FG der Klage dagegen statt gab, ging die Familienkasse in Revision, die der Bundesfinanzhof für begründet hielt. Er erklärte, dass die Tochter zwar grundsätzlich auch in den strittigen Monaten bis zum Beginn des Masterstudiums kindergeldrechtlich zu berücksichtigen sei, weil sie dieses Studium erst mit dem Beginn des Wintersemesters 2019/2020 aufnehmen konnte. Jedoch seien volljährige Kinder, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nach Abschluss einer Erstausbildung kindergeldrechtlich nur dann zu berücksichtigen, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden nachgingen (§ 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG). Da die Tochter zwischen Bachelor- und Masterstudium einen Freiwilligendienst absolvierte, fehle der erforderliche enge zeitliche Zusammenhang zwischen den Ausbildungsteilen. Das bedeute, dass die Erstausbildung mit dem vorherigen Ausbildungsabschnitt abgeschlossen wurde. Da in dem Falle der zeitliche Umfang der Erwerbstätigkeit relevant sei, dieser aber über der Grenze von 20 Wochenstunden gelegen habe, könne kein Kindergeld gewährt werden. Das FG habe zu Unrecht Bachelor- und Masterstudium als Teile einer einheitlichen Erstausbildung angesehen.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Kein anteiliger Erwerb eines zur Erbmasse gehörenden Grundstücks bei entgeltlichem Erwerb eines Miterbenanteils

Der entgeltliche Erwerb eines Anteils an einer Erbengemeinschaft führt nicht zur anteiligen Anschaffung eines zum Gesamthandsvermögen der Erbengemeinschaft gehörenden Grundstücks. Demzufolge fällt hierauf keine Einkommensteuer an. Das entschied der Bundesfinanzhof (BFH) mit seinem Urteil vom 26. September 2023 (IX R 13/22). Im Streitfall gehörten mehrere Grundstücke zum Vermögen einer Erbengemeinschaft. Die Erblasserin war 2015 verstorben. Der Kläger ist Erbe mit einem Erbanteil von 52 %. Weitere Erben zu jeweils 24 % sind die Kinder der Erblasserin, die zugleich als Nacherben nach dem Kläger festgelegt wurden. Im April 2017 traten die Kinder der Erblasserin ihr Nacherbenanwartschaftsrecht an dem Erbteil des Klägers an ihn ab. Der Kläger übernahm die sofortige Alleinberechtigung mit allen Rechten und Pflichten. Kurz danach übertrugen die Kinder der Erblasserin mit notarieller Urkunde ihren Erbanteil an einen Dritten. In Ausübung des gesetzlichen Vorkaufsrechts erwarb der Kläger im Oktober 2017 diese Erbanteile ebenfalls notariell beurkundet. Zugleich wurde die Erbengemeinschaft auseinandergesetzt. Im Februar 2018 veräußerte der Kläger den Grundbesitz. Das Finanzamt ging davon aus, dass hinsichtlich des Erwerbs der Erbanteile von dem Dritten eine anteilige entgeltliche Anschaffung des Grundbesitzes in Höhe von 48 % durch den Kläger vorliege. Zudem handele es sich um ein privates Veräußerungsgeschäft, da zwischen dem Erwerb und dem Verkauf weniger als zehn Jahre lagen. Es besteuerte den Verkauf mit Bezug auf § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Auch die dagegen erhobene Klage beim zuständigen Finanzgericht war nicht erfolgreich. Dem widersprach der Bundesfinanzhof nun in seinem Urteil, indem er darlegte, dass die Voraussetzung für eine Besteuerung fehle. Das veräußerte Vermögen hätte zuvor auch angeschafft worden sein müssen. Mit Hinblick auf den Kauf von Anteilen an einer Erbengemeinschaft bezüglich des zum Nachlass gehörenden Vermögens ist dies aber nicht der Fall. Im Oktober 2017 hatte der Kläger die Erbanteile der beiden Kinder der Erblasserin erworben, somit die quotenmäßig bestimmte Teilhaberschaft an der Erbengemeinschaft als Gesamthandsgemeinschaft. Im Februar 2018 veräußerte er den aus dem Nachlass stammenden Grundbesitz. Somit ist keine Einkommensteuer auf die Veräußerung fällig. 

Hinweis: Mit dieser Entscheidung ändert der Bundesfinanzhof seine bisherige Rechtsprechung.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Überprüfung der Einkünfteerzielungsabsicht bei Objekten mit mehr als 250 qm Wohnfläche

Bei der Vermietung eines Objekts mit einer Wohnfläche von mehr als 250 qm können entstehende Verluste nicht ohne Weiteres mit anderen Einkünften des Steuerpflichtigen verrechnet werden. In diesen Fällen besteht eine Ausnahme von der typisierten Annahme der Einkünfteerzielungsabsicht bei einer auf Dauer angelegten Vermietungstätigkeit. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 20. Juni 2023 (IX R 17/21). Im strittigen Fall hatte ein Elternpaar drei Villengebäude mit einer Wohnfläche von 290, 322 beziehungsweise 331 qm erworben. Diese vermietete es unbefristet an ihre volljährigen Kinder. Die Vermietung führte für das Elternpaar zu jährlichen Verlusten zwischen 172.000 € und 216.000 €. Durch die Verrechnung mit ihren sonstigen Einkünften ergab sich eine erhebliche Einkommensteuerersparnis, die das FA allerdings versagte. Nachdem Einspruch und Klage abgewiesen wurden, stellte der Bundesfinanzhof klar, dass bei einer Immobilie mit einer Wohnfläche von mehr als 250 qm ein aufwendig gestaltetes oder ausgestattetes Objekt angenommen wird.  Bei diesen Immobilien spiegelt die Marktmiete den besonderen Wohnwert nicht angemessen wider. Somit fehlt die Grundlage für die typisierende Annahme der Einkünfteerzielungsabsicht. Der Vermieter muss in dem Falle regelmäßig nachweisen, dass er mit der Vermietung die Absicht verfolgt, über einen 30-jährigen Prognosezeitraum ein positives Ergebnis zu erwirtschaften. Kann dieser Nachweis nicht geführt werden, weil über einen längeren Zeitraum Verluste erwirtschaftet wurden, ist die Vermietungstätigkeit als eine steuerlich nicht zu beachtende sogenannte Liebhaberei zu werten. In diesem Falle sind die daraus entstandenen Verluste nicht mit anderen positiven Einkünften verrechenbar. Mit diesem Urteil bestätigt der Bundesfinanzhof seine bisherige Rechtsprechung, wonach bei der Vermietung von aufwendig gestalteten oder ausgestatteten Objekten, wie auch im behandelten Streitfall, nicht automatisch von einer steuerbaren Tätigkeit ausgegangen werden kann.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Ermittlung des Gewinns aus der Veräußerung eines zum Betriebsvermögen gehörenden, jedoch teilweise privat genutzten PKW

Wird ein zum Betriebsvermögen gehörendes, jedoch teilweise privat genutztes Kfz veräußert, erhöht der gesamte Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Veräußerungserlös den Gewinn im Sinne der §§ 4 und 5 EStG. Dass die tatsächlich für das Fahrzeug in Anspruch genommene Absetzung für Abnutzung (AfA) infolge der Besteuerung der Nutzungsentnahme bei wirtschaftlicher Betrachtung teilweise neutralisiert wird, rechtfertigt weder eine anteilige Berücksichtigung des Veräußerungserlöses noch eine gewinnmindernde Korrektur des Veräußerungsgewinns in Höhe der auf die private Nutzung entfallenden AfA. So entschied der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 16. Juni 2020 (VIII R 9/18). Im entschiedenen Fall hatte sich der Kläger im Mai 2008 einen PKW zum Nettopreis in Höhe von 74.115 € angeschafft. Diesen nutzte er bis einschließlich 2013 zu 25 % für seine freiberufliche Tätigkeit und zu 75 % für private Zwecke. Im gesamten Zeitraum führte er das Fahrzeug in seinem betrieblichen Vermögen. Unter Zugrundelegung einer fünfjährigen Nutzungsdauer war der PKW bis zum Abgang aus dem Betriebsvermögen im Streitjahr vollständig abgeschrieben. In den Einkommensteuerfestsetzungen der Jahre 2008 bis 2013 berücksichtigte das FA erklärungsgemäß jeweils Betriebseinnahmen aus der privaten Nutzungsentnahme des PKW in Höhe von 75 % der entstandenen Aufwendungen einschließlich der AfA. Im Streitjahr schaffte der Kläger einen neuen PKW an. Dabei gab er den bis dahin genutzten PKW für 28.000 € in Zahlung. In der Einkommensteuererklärung für 2013 gab der Kläger nur ein Viertel des Anrechnungspreises, also 7.000 €, als Betriebseinnahme an. Das FA allerdings setzte die Einkommensteuer unter Berücksichtigung des gesamten Anrechnungsbetrages in Höhe von 28.000 € fest. Die dagegen eingereichte Klage wies das FG ab. Der Kläger ging in Revision und beantragte, dass die Einkünfte aus selbständiger Arbeit um 21.000 € gemindert werden. Der Bundesfinanzhof wies die Revision zurück. Er stellt klar, dass das FG die Inzahlunggabe des PKW als steuerbares Veräußerungsgeschäft gewertet hat, aus dem der Kläger einen Veräußerungserlös in Höhe von 28.000 € erzielte. Der in Zahlung gegebene PKW stellte gewillkürtes Anlagevermögen des Klägers dar, da nach den tatsächlichen Feststellungen des FG der PKW in sämtlichen Veranlagungszeiträumen im Anlageverzeichnis ausgewiesen wurde. Diese Zuordnung war auch zulässig. Bei der Inzahlunggabe des PKW handelt es sich steuerrechtlich um eine vollentgeltliche Veräußerung. Da zum Veräußerungszeitpunkt der noch vorhandene Restbuchwert des PKW in Höhe von 0 € als Betriebsausgabe abzuziehen war, ergab sich ein Veräußerungsgewinn in Höhe von 28.000 €. Dieser war in voller Höhe als Betriebseinnahme zu berücksichtigen. Der Bundesfinanzhof betonte, dass die Besteuerung der Privatnutzung eines Wirtschaftsguts des Betriebsvermögens in Form der Nutzungsentnahme einerseits und dessen spätere Veräußerung andererseits unterschiedliche Vorgänge betreffen, die getrennt zu betrachten sind. Die Besteuerung der Veräußerung unter Aufdeckung stiller Reserven ist ausschließlich Folge der vollumfänglichen Zugehörigkeit des Wirtschaftsguts zum Betriebsvermögen. Die Steuerverstrickung der Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens im Bereich der Gewinneinkünfte, die zulasten (Realisierungsgewinne) wie zugunsten (Realisierungsverluste) des Steuerpflichtigen wirkt, ist auch verfassungsrechtlich korrekt.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz