2019

Steuerliche Anerkennung von Verlusten aus Knock-Out-Zertifikaten

Kommt es bei Knock-out-Zertifikaten zum Eintritt des Knock-out-Ereignisses, können die Anschaffungskosten dieser Zertifikate nach der ab 01.01.2009 geltenden Rechtslage im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen als Verlust berücksichtigt werden, ohne dass es auf die Einordnung als Termingeschäft ankommt. Mit diesem Urteil vom 20.11.2018 (VIII R 37/15) wendet sich der Bundesfinanzhof gegen die Auffassung der Finanzverwaltung. Im entschiedenen Fall hatte der Kläger im Streitjahr 2011 verschiedene Knock-Out-Zertifikate erworben, bei denen noch während des Streitjahrs die Knock-out-Schwelle erreicht wurde. Die entsprechenden Zertifikate wurden daraufhin ohne jeglichen Differenzausgleich beziehungsweise Restwert ausgebucht. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2011 machte der Kläger hierfür Verluste in Höhe von insgesamt 130.058,89 EUR geltend, die das Finanzamt aber nicht anerkannte. Es war der Auffassung, dass die Verluste des Klägers aus dem Verfall der Knock-out-Zertifikate unabhängig von der Qualifizierung als Termingeschäfte steuerlich nicht zu berücksichtigen seien. FG und Bundesfinanzhof widersprachen dieser Ansicht. Denn liegt ein Termingeschäft vor, ist der Verlust gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. a EStG in Verbindung mit § 20 Abs. 4 Satz 5 EStG zu berücksichtigen. Sind hingegen die Voraussetzungen eines Termingeschäfts nicht erfüllt, folgt die steuerliche Anerkennung des Verlusts aus § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG in Verbindung mit § 20 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 Satz 1 EStG. In diesem Fall stellt der Eintritt des Knock-out-Ereignisses eine automatische Einlösung dar. Das bedeutet im Streitfall, dass unabhängig vom Vorliegen eines Termingeschäfts die in Höhe der Anschaffungskosten angefallenen Verluste steuerlich zu berücksichtigen sind. Mit dieser Auslegung entspricht der Bundesfinanzhof dem verfassungsrechtlichen Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und der Folgerichtigkeit nach Art. 3 Abs. 1 GG. Damit führt der Bundesfinanzhof seine Rechtsprechung seit Einführung der Abgeltungssteuer fort. Danach sind grundsätzlich sämtliche Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen zu erfassen, was gleichermaßen für Gewinne und Verluste gilt.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Kindergeld - Abgrenzung zwischen der Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit und der berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung

Nimmt ein volljähriges Kind nach Erlangung eines ersten Abschlusses in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang eine Berufstätigkeit auf, ist zwischen einer mehraktigen einheitlichen Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit und einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) abzugrenzen. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 11.12.2018 (III R 26/18). Im zweiten Falle steht bereits die Berufstätigkeit im Vordergrund und die weitere Ausbildung wird lediglich neben dieser durchgeführt. Im strittigen Fall nahm die Tochter der Klägerin nach dem Abitur an einer Dualen Hochschule ein Bachelorstudium im Fach Betriebswirtschaftslehre auf. Hierzu gehörte auch eine praktische Ausbildung in einem Betrieb, die in einem Ausbildungsvertrag geregelt wurde. Im September 2015 beendete die Tochter das Studium erfolgreich mit dem Abschluss Bachelor of Arts. Ab Oktober 2015 begann sie in ihrem bisherigen Ausbildungsbetrieb ein Arbeitsverhältnis in Vollzeit. Parallel nahm sie ab September 2015 ein über fünf Semester laufendes Masterstudium im Studiengang Wirtschaftspsychologie auf. Die Vorlesungen fanden abends und teilweise auch am Samstag statt. Die Familienkasse lehnte eine weitere Kindergeldfestsetzung ab Oktober 2015 ab. Zur Begründung verwies sie darauf, dass die Tochter mit dem Bachelorabschluss bereits ihre Erstausbildung abgeschlossen habe und während des Masterstudiums einer zu umfangreichen und damit den Kindergeldanspruch ausschließenden Erwerbstätigkeit nachgehe. Das FG allerdings war der Ansicht, dass das Masterstudium noch Teil einer einheitlichen Erstausbildung sei und es deshalb nicht auf den Umfang der daneben ausgebübten Erwerbstätigkeit ankomme. Dem Bundesfinanzhof genügte diese Begründung nicht und er wies die Sache für weitere Feststellungen an das FG zurück. Er stellte klar, dass für in Ausbildung befindliche volljährige Kinder nach Abschluss einer Erstausbildung nur dann ein weiterer Kindergeldanspruch besteht, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, die regelmäßig mehr als 20 Wochenstunden umfasst. Zwar können mehrere Ausbildungsabschnitte zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammen gehören, aber nur, wenn sie in einem engen sachlichen Zusammenhang stehen und zeitlich kurz aufeinander folgend durchgeführt werden. In Abgrenzung zu einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung ist entscheidend, ob nach Erlangung des ersten Abschlusses weiterhin die Ausbildung die hauptsächliche Tätigkeit des Kindes darstellt. Steht bereits die aufgenommene Berufstätigkeit im Vordergrund, ist dies ein klares Indiz einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung. Darauf deutet auch hin, wenn das Arbeitsverhältnis zeitlich unbefristet oder auf mehr als 26 Wochen befristet abgeschlossen wurde sowie auf eine vollzeitige oder nahezu vollzeitige Beschäftigung orientiert. Ebenso ist von einer Weiterbildung im bereits aufgenommenen Beruf auszugehen, wenn die aufgenommene Tätigkeit den erlangten ersten Abschluss erfordert und die weitere Qualifikation einem beruflichen Aufstieg dient. Letztlich ist auch zu berücksichtigen, ob sich die Durchführung der Ausbildung an den Erfordernissen der Berufstätigkeit orientiert (z.B. Abend- oder Wochenendunterricht).
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Vorsteuerabzug und -korrektur bei Vorauszahlung für ein nicht geliefertes Blockheizkraftwerk in einem betrügerischen Schneeballsystem

Der Bundesfinanzhof entschied mit seinem Urteil vom 05.12.2018 (XI R 44/14), dass der Vorsteuerabzug aus einer geleisteten Vorauszahlung dem Erwerber eines später nicht gelieferten Blockheizkraftwerks nicht zu versagen ist, wenn zum Zeitpunkt der Zahlung die Lieferung als sicher zu erwarten war. Im Streitfall hatte der Kläger für den Erwerb eines Blockheizkraftwerks den Kaufpreis auf Basis einer entsprechenden Rechnung an die liefernde GmbH im Voraus gezahlt. Außerdem wurde ein Pachtvertrag über das Blockheizkraftwerk mit dem Kläger geschlossen (sogenanntes Verpachtungsmodell). Danach war die GmbH berechtigt, das Blockheizkraftwerk zur Erzeugung von Strom gegen eine monatlich zahlbare Pacht zu nutzen. Die vereinbarte Pacht war ab Beginn des zweiten Monats nach Vertragsabschluss zu zahlen, ohne dass es auf eine Übergabe des Blockheizkraftwerks angekommen wäre. Zur Lieferung, zum Betrieb des Blockheizkraftwerks und somit zur echten Verpachtung kam es nicht. Die GmbH wurde kurze Zeit später insolvent. Die Verantwortlichen der GmbH hatten offensichtlich niemals beabsichtigt, das Blockheizkraftwerk auch tatsächlich zu liefern. Sie hatten ein betrügerisches Schneeballsystem aufgebaut, wofür sie später strafrechtlich verurteilt wurden. Die von der GmbH vermeintlich als monatliche Pacht an den Käufer getätigten Zahlungen zuzüglich Umsatzsteuer meldete dieser an und führte die Umsatzsteuer an das Finanzamt ab. Außerdem machte der Kläger den sich aus der geleisteten Kaufpreiszahlung ergebenden Vorsteuerabzug geltend, den das Finanzamt allerdings nicht zuließ. Da der Bundesfinanzhof im Revisionsverfahren Zweifel an der zutreffenden Auslegung der einschlägigen europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie hatte, richtete er an den Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Vorabentscheidung. Nach dessen Urteil vom 31.05.2018 (C-660/16) wies der Bundesfinanzhof die Revision des Finanzamts nun als unbegründet zurück. Demnach steht dem Kläger als Unternehmer der streitige Vorsteuerabzug zu. Entscheidend war, dass er zum Zeitpunkt seiner Anzahlung alle maßgeblichen Elemente der zukünftigen Lieferung kannte. Zudem war anhand objektiver Umstände nicht erwiesen, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die Ausführung der Lieferung ungewiss war. Auch muss der Kläger den Vorsteuerabzug nicht nachträglich berichtigen, da die Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG die Rückzahlung der geleisteten Vorauszahlung voraussetzt, die nicht erfolgte. Die Vorsteuerberichtigung war im Streitfall offenkundig unangemessen und daher ausgeschlossen. Denn aufgrund der Zahlungsunfähigkeit des Lieferers hätte der Kläger ohnehin anschließend von der Steuerbehörde die Erstattung der auf die Vorauszahlung entrichteten Steuer beanspruchen können.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Definition des Listenpreises bei Anwendung der 1-%-Regelung

Der Bundesfinanzhof entschied mit seinem Urteil vom 08.11.2018 (III R 13/16) bei Anwendung der sogenannten 1-%-Regelung zur Besteuerung der Privatnutzung von Taxen, dass diese auf der Grundlage des allgemeinen Listenpreises erfolgt, nicht aber nach besonderen Herstellerpreislisten für Taxen und Mietwagen. Listenpreis im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist dabei nur der Preis, zu dem der Steuerpflichtige das Fahrzeug auch als Privatkunde hätte erwerben können. Im strittigen Fall nutzte der Kläger sein Taxi nicht nur für sein Taxiunternehmen, sondern auch privat. Einkommensteuerrechtlich entschied er sich für die 1-%-Regelung. Dabei legte er den Bruttolistenpreis aus einer vom Hersteller herausgegebenen Preisliste für Taxen und Mietwagen zugrunde. Das Finanzamt war jedoch der Ansicht, dass der höhere, mit Hilfe der Fahrzeug-Identifikationsnummer abgefragte Listenpreis heranzuziehen ist. Grundsätzlich ist also der inländische Listenpreis im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer relevant. Zwar hatte der Kläger beim FG Erfolg, der Bundesfinanzhof jedoch hob dessen Urteil auf. Er entschied, dass der für die 1-%-Regelung maßgebliche Listenpreis derjenige ist, zu dem ein Steuerpflichtiger das Fahrzeug als Privatkunde erwerben könnte. Der im Gesetz erwähnte Listenpreis soll nicht die Neuanschaffungskosten und auch nicht den gegenwärtigen Wert des Fahrzeugs abbilden. Vielmehr handelt es sich um eine generelle Bemessungsgrundlage zur Bewertung der Privatnutzung eines Betriebs-Pkw. Denn der tatsächliche geldwerte Vorteil entspricht dem Betrag, den der Steuerpflichtige als Privatperson für eine vergleichbare Nutzung aufwenden müsste und den er durch die Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs erspart. Das Urteil hat auch Bedeutung für andere Berufsgruppen, denen ein Fahrzeughersteller Sonderpreislisten mit Sonderrabatten gewährt.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

PKW-Überlassung bei einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis zwischen Ehegatten

Wie der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 10.10.2018 (X R 44 45/17) entschied, ist die Überlassung eines Firmen-PKW zur uneingeschränkten Privatnutzung ohne Selbstbeteiligung bei einem "Minijob"-Beschäftigungsverhältnis unter Ehegatten fremdunüblich. Typischerweise wird nämlich ein Arbeitgeber nur dann einem Arbeitnehmer ein Firmenfahrzeug zur Privatnutzung zur Verfügung stellen, wenn der sich daraus ergebende Kostenaufwand zuzüglich des vertraglich vereinbarten Arbeitslohnes die wertangemessene Arbeitsleistung widerspiegelt. Je geringer der Gesamtvergütungsanspruch des Arbeitnehmers ist, umso größer ist für den Arbeitgeber das Risiko, dass sich bei intensiver Privatnutzung die Fahrzeugüberlassung nicht mehr als wirtschaftlich erweist. Ein Arbeitsvertrag unter Ehegatten mit einer derartigen Regelung zur privaten PKW-Nutzung ist fremdunüblich und daher steuerlich nicht anzuerkennen. Im Streitfall beschäftigte der als Sportartikelhändler gewerblich tätige Kläger seine Ehefrau als Büro- und Kurierkraft. Gemäß schriftlichem Arbeitsvertrag betrug die wöchentliche Arbeitszeit neun Stunden bei einem Monatslohn von 400 €. Die Tätigkeit war an Dienstagen von zu Hause (Bankgeschäfte, Vorbereitung der Buchhaltung, Mahnwesen) sowie donnerstags und freitags im Außendienst (Kurierfahrten) auszuüben. Im Rahmen des Arbeitsvertrages überließ der Kläger seiner Ehefrau einen Firmenwagen zur dienstlichen sowie uneingeschränkten privaten Nutzung. Der entsprechende geldwerte Vorteil wurde nach der 1-%-Methode ermittelt und auf den monatlichen Lohnanspruch von 400 € angerechnet. Den vereinbarten Arbeitslohn zog der Kläger als Betriebsausgabe bei seinen Einkünften aus Gewerbebetrieb ab. Im Ergebnis einer Außenprüfung erkannte das Finanzamt das Arbeitsverhältnis steuerlich nicht an. Nach seiner Auffassung halte die Entlohnung in Gestalt einer PKW-Überlassung im Rahmen eines "Minijobs" einem Fremdvergleich nicht stand. Da das FG der Klage stattgab, ging das Finanzamt in Revision. Auch der Bundesfinanzhof ging von einer fremdunüblichen Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses aus und hob die Entscheidung des FG auf. Er stellte klar, dass Arbeitsverträge zwischen nahen Angehörigen hinsichtlich der wesentlichen Vereinbarungen als auch der Durchführung den gleichen Maßstäben entsprechen müssen, wie zwischen fremden Dritten üblich. Nach diesen Grundsätzen hielt es der Bundesfinanzhof für ausgeschlossen, dass ein Arbeitgeber einem familienfremden "Minijobber" einen Firmenwagen zur uneingeschränkten und zudem selbstbeteiligungsfreien Nutzung für Privatfahrten überlassen würde. Er wird in der Regel nur dann dem Arbeitnehmer die private Nutzung eines Dienstfahrzeugs gestatten, wenn die hierfür kalkulierten Kosten (auch Kraftstoff für Privatfahrten) zuzüglich des Barlohnes dem Wert der erwarteten Arbeitsleistung entsprechen. Hinzu kommt, dass sich bei einer lediglich geringfügig entlohnten Arbeitsleistung das Risiko des Arbeitgebers verschärft. Denn bei einer Intensivnutzung des Firmenwagens durch den Arbeitnehmer lohnt sich das Arbeitsverhältnis wirtschaftlich nicht mehr. Im Streitfall war unerheblich, dass die Ehefrau für ihre dienstlichen Aufgaben im Betrieb einen PKW benötigte.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz