2018
Nutzung mehrerer häuslicher Arbeitszimmer in verschiedenen Haushalten
Nutzt ein Steuerpflichtiger mehrere häusliche Arbeitszimmer in verschiedenen Haushalten, ist auch dann der Abzug von Aufwendungen typisierend auf jährlich 1.250 EUR begrenzt. Das entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 09.05.2017. Im entschiedenen Fall unterhielt der Kläger im Streitjahr 2009 zwei Wohnsitze in verschiedenen Orten mit je einem Arbeitszimmer. In seiner Gewinnermittlung 2009 erfasste er die Aufwendungen für das eine Arbeitszimmer in Höhe von 1.783,05 EUR und für das zweite Arbeitszimmer in Höhe von 791,28 EUR als Betriebsausgaben. Er war der Meinung, die Abzugsbeschränkung auf den gesetzlichen Höchstbetrag sei objektbezogen ausgestaltet. Daher würde ihm dieser für jedes Arbeitszimmer zustehen. Dem widersprachen das Finanzamt und das FG. Nach ihrer Auffassung steht der Abzugsbetrag gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2010 in Höhe von 1.250 EUR jedem Steuerpflichtigen personenbezogen für jeden Veranlagungszeitraum nur einmal zu. Der Bundesfinanzhof stützt nun mit seinem Urteil die Ansicht der Vorinstanzen. Er stellte klar, dass der Betriebsausgabenabzug nicht auf zahlenmäßig ein Arbeitszimmer, sondern unabhängig von der Anzahl der vom Steuerpflichtigen genutzten häuslichen Arbeitszimmer auf den gesetzlichen Höchstbetrag begrenzt ist. Es handelt sich eindeutig um einen personenbezogenen Höchstbetrag für dessen Inanspruchnahme alleinig die Voraussetzungen an ein häusliches Arbeitszimmer erfüllt sein müssen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Der Aufbau eines Strukturvertriebes ist nicht steuerfrei
Der Bundesfinanzhof entschied in seinem Urteil vom 03.08.2017, dass die typischerweise mit dem Aufbau und der Aufrechterhaltung eines Strukturvertriebes verbundenen Aufgaben keine steuerfreien Tätigkeiten als Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler im Sinne des § 4 Nr. 11 UStG sind. Das betrifft die Akquise, Betreuung, Schulung und Kontrolle von Versicherungsvertretern, das Halten der Kontakte zu diesem Personenkreis sowie die Festsetzung und Auszahlung der Provisionen. Im zugrunde liegenden Fall hatte der Kläger in den Streitjahren 2009 und 2010 für eine AG (einem Strukturvertrieb) Unterstrukturen aufgebaut. Zu diesem Zweck organisierte er Werbeveranstaltungen, trat als Referent auf und warb ca. 40 Makler an. Dafür zahlte die AG dem Kläger zwischen September 2009 und Juni 2010 insgesamt 221.400 EUR. Nachdem der Strukturaufbau abgeschlossen war, stellte die AG die Entgeltzahlungen an den Kläger ein. Im September 2009 schlossen der Kläger und seine Ehefrau mehrere fondsgebundene Rentenversicherungen ab. Als Vermittler aller Verträge trat ein Vertriebsdirektor der AG auf. Demzufolge flossen die dafür gezahlten Abschlussprovisionen nicht an den Kläger. Dieser leistete zwischen November 2009 und August 2010 Versicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 100.000 EUR. Danach wurden die Versicherungsverträge storniert. Die Versicherungsunternehmen belasteten die der AG bereits ausgezahlten Provisionen zurück. Im Jahr 2011 verklagte die AG den Kläger auf Rückzahlung von Provisionen in Höhe von 137.936 EUR. Die Klage wurde abgewiesen, da das Gericht feststellte, dass die Zahlungen der AG an den Kläger offensichtlich dem Aufbau eines Strukturvertriebes dienten. Die Refinanzierung sollte über die ihr zufließenden Abschlussprovisionen erfolgen. Auch das Finanzamt vertrat diese Auffassung und legte für den Kläger die entsprechende Umsatzsteuer fest. Dessen Tätigkeiten, nämlich der Aufbau von Unterstrukturen eines Strukturvertriebes durch Werbung von Versicherungsvertretern oder Versicherungsmaklern, seien keine nach § 4 Nr. 11 UStG steuerfreie Tätigkeiten als Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler. Auch könnten die Zahlungen an den Kläger nicht deshalb als Versicherungsprovisionen beurteilt werden, nur weil die Zahlungsmittel aus Versicherungsprovisionen stammten. Einspruch und Klage waren erfolglos. Der Bundesfinanzhof stützt nun mit seinem Urteil die Auffassung der Vorinstanzen. Zwar besteht das Geschäftsmodell des Strukturvertriebes im Abschluss von Eigenverträgen und dem Aufbau von Unterstrukturen. Es handelt sich jedoch um zweierlei Tätigkeiten, die steuerlich unterschiedlich zu behandeln sind. Ebenso ändern die vom Kläger und seiner Ehefrau abgeschlossenen Versicherungsverträge hieran nichts, da der Kläger selbst Vertragspartei und nicht Vertragsvermittler war. Nach den Feststellungen des FG hat die AG durch die auf diesen Verträgen beruhenden Provisionen das von ihr an den Kläger gezahlte Entgelt refinanziert, wobei der Kläger das Entgelt nicht für den Abschluss der Eigenverträge, sondern für den Aufbau des Strukturvertriebes erhalten hat.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Selbst getragene Krankheitskosten eines Privatversicherten
Trägt ein privat krankenversicherter Steuerpflichtiger selbst krankheitsbedingte Aufwendungen, um sich eine Beitragsrückerstattung seines Krankenversicherers zu erhalten, können die Kosten weder als Sonderausgaben noch als außergewöhnliche Belastungen steuerlich berücksichtigt werden. So entschied das FG Berlin-Brandenburg mit seinem Urteil vom 19.04.2017. Im strittigen Fall hatte der Kläger in seiner Steuererklärung die von ihm entrichteten Beiträge zu einer privaten Kranken- und Pflegeversicherung in voller Höhe geltend gemacht. Nachdem das Finanzamt Kenntnis von einer im Streitjahr für das Vorjahr gewährten Beitragserstattung seiner Krankenversicherung erhalten hatte, änderte es die Steuerfestsetzung. Es minderte die im Streitjahr gezahlten Beiträge um den Betrag der Erstattung. Der Kläger hatte selbst Krankheitskosten getragen, da dies Voraussetzung für die Beitragsrückerstattung war. Er machte gegen den Bescheid des Finanzamts geltend, dass der für seine ärztliche Behandlung aufgewandte Betrag die Erstattung deutlich überstieg. Er begehrte deshalb, diese Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen. Das FG folgte dem nicht. Da die private Zahlung der Arztrechnungen nicht als Beitrag zu einer Krankenversicherung anzusehen ist, liegen insoweit keine Sonderausgaben vor. Ebenso können keine außergewöhnlichen Belastungen im Sinne von § 33 EStG geltend gemacht werden. Zwar zählen grundsätzlich die Krankheitskosten hierzu. Diese sind steuerlich aber nur dann berücksichtigungsfähig, wenn der Steuerpflichtige sich ihnen nicht entziehen kann, sie ihm also zwangsläufig erwachsen. Verzichtet der Steuerpflichtige allerdings freiwillig auf einen bestehenden Erstattungsanspruch gegen seinen Krankenversicherer, kann von Zwangsläufigkeit keine Rede sein. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage wurde die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Firmenbezeichnung ist wesentliche Betriebsgrundlage - Geldeinwurfautomaten gelten als Kassen
In seinem Urteil vom 20.03.2017 nahm der Bundesfinanzhof zu zwei strittigen Sachverhalten Stellung. Einerseits war zu klären, ob die Firmenbezeichnung zum wesentlichen Betriebsvermögen gehört, andererseits, ob Geldeinwurfautomaten wie Kassen zu führen sind. Im strittigen Fall ging es um den Betreiber (und späteren Kläger) von mehreren, organisatorisch getrennten Erotikmärkten, die alle einheitlich firmierten. Im Streitjahr 2004 veräußerte er einen der Märkte. Gleichzeitig mit dem Verkauf vereinbarten er und die Käuferin einen Franchisevertrag zur weiteren Nutzung des Firmennamens und der einheitlichen optischen Außenwerbung zur Wahrung des Markenbildes. Der Franchisevertrag wurde auf die Dauer von zehn Jahren abgeschlossen. Für das Streitjahr gab der Kläger in seiner Steuererklärung das für die Veräußerung des Markts vereinbarte Entgelt mit Bezug auf § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG nicht an. Das Finanzamt akzeptierte das nicht. Da über Namen und Erscheinungsbild des Markts ein Franchisevertrag abgeschlossen wurde, habe der Kläger nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert. Demzufolge greife vorgenannter Paragraph nicht. Außerdem schätzte das Finanzamt 10 % der erklärten Umsätze aus dem Marktbereich Video/Kino hinzu. Die Geldspeicher der Automaten, die als Kassen anzusehen seien, wurden nur in unregelmäßigen Abständen geleert und ohne eigene Zählung der Münzen und Geldscheine bei der Bank abgeliefert und dort gutgeschrieben. Anhand der Addition der Bankgutschriften und der verausgabten Beträge habe der Kläger die Summe der Einnahmen ermittelt. Einspruch und Klage wurden abgelehnt. Der Bundesfinanzhof bestätigte die Auffassung der Vorinstanzen. Er stellte mit seinem Urteil klar, sofern eine eingeführte Bezeichnung für einen Betrieb nicht mitverkauft, sondern lediglich im Rahmen eines Franchisevertrags zur Nutzung überlassen wird, sind nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen übertragen worden. Deshalb ist der Gewinn aus der Veräußerung als laufender Gewinn zu besteuern. Bezüglich der Zuschätzung von 10 % der Umsätze im Bereich Video/Kino erläuterte der Bundesfinanzhof ausführlich, dass Geldspeicher von Geldeinwurfautomaten als Kassen gelten. Grundsätzlich sollten Kasseneinnahmen und -ausgaben täglich festgehalten werden, um im sensiblen Bereich der Bargeldbewegungen ein dichtes Kontrollgefüge und die Kassensturzfähigkeit zu ermöglichen. Die Entwicklung des Kassenbestandes muss zweifelsfrei rekonstruierbar sein. Obwohl bei verschlossenen Behältern eine tägliche Auszählung nicht unbedingt notwendig ist, muss im Augenblick der Entleerung die Kasseneinnahme gezählt und aufgezeichnet werden. Diese Anforderungen erfüllte der Kläger nicht, zumal auch bis zur Einzahlung bei der Bank keine Verplombung der Behälter erfolgte. Die Schätzung der Einnahmen seitens des Finanzamts war demzufolge rechtens. Allerdings bedurfte die Angemessenheit der Zuschätzung in Höhe von 10 % einer weitergehenden Begründung. Deshalb wurde das Urteil aufgehoben und an das FG zu zurückverwiesen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz