2018
Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung
Mit seinem Urteil vom 11.04.2018 (9 K 3850/17 Kg) entschied das FG Münster, dass die Ausbildung zur Finanzwirtin und die nachfolgende Ausbildung zur Diplom-Finanzwirtin keine einheitliche erstmalige Berufsausbildung darstellt. Im Streitfall hatte die Tochter der Klägerin im August 2012 ihre Ausbildung zur Finanzwirtin abgeschlossen. Im Juli 2016 begann sie die Ausbildung zur Diplom-Finanzwirtin. In der Zwischenzeit ging sie einer Vollzeitbeschäftigung als Finanzwirtin nach. Die Klägerin beantragte für den Zwischenzeitraum die Gewährung von Kindergeld. Sie war der Auffassung, dass beide Ausbildungen eine einheitliche Erstausbildung darstellen. Dem widersprach die Familienkasse und wies den Antrag zurück. Das FG hielt die dagegen erhobene Klage für unbegründet. Bei seiner Urteilsbegründung legte es den in § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG verwendeten Begriff „Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung“ objektiv aus. Danach liegt ein solcher dann vor, wenn eine anerkannte, vollwertige Ausbildung mit entsprechender Abschlussprüfung absolviert wurde, die es dem Kind über einen qualifizierten Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglicht, seinen Unterhalt selbst zu bestreiten. Demzufolge hat die Tochter der Klägerin mit ihrem erfolgreichen Abschluss zur Finanzwirtin zugleich den Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung erlangt. Zudem ging sie im Streitzeitraum einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit von mehr als 20 Wochenstunden nach, wodurch ein Kindergeldanspruch ohnehin ausgeschlossen ist. Die Revision wurde zugelassen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Ausbildung zum Diplom-Finanzwirt und nachfolgender Studiengang zum Master of Arts in Taxation sind keine einheitliche erstmalige Berufsausbildung
Die Ausbildung zum Diplom-Finanzwirt und ein sich anschließender Studiengang zum Master of Arts in Taxation, der zugleich der Vorbereitung auf die Steuerberaterprüfung dient, bilden keine einheitliche erstmalige Berufsausbildung. So entschied das FG Münster mit seinem Urteil vom 24.05.2018 (10 K 768/17 Kg). Im Streitfall absolvierte der Sohn des Klägers bis August 2014 ein Studium zum Diplom-Finanzwirt. Seitdem ist er als Beamter der Finanzverwaltung des Landes Nordrhein-Westfalen in Vollzeit beschäftigt. Von März 2015 bis April 2016 nahm er an einem Masterlehrgang zum Master of Arts in Taxation teil. Danach absolvierte er einen Steuerberaterlehrgang. Die schriftliche Steuerberaterprüfung fand im Oktober 2017 und die mündliche Steuerberaterprüfung im Januar 2018 statt. Beide bestand er erfolgreich. Die Fertigstellung der Masterarbeit stand noch an. Nach Auffassung des Klägers handelte es sich insgesamt um eine mehraktige Ausbildung zum Steuerberater. Diese sei nicht mit dem Abschluss als Diplom-Finanzwirt als erstem berufsqualifizierenden Abschluss beendet, sondern auch die weiterführenden Abschlüsse in Form des Masterabschlusses und der Steuerberaterprüfung gehörten noch zur Erstausbildung. Die von seinem Sohn ausgeübte Erwerbstätigkeit schließe daher den Kindergeldanspruch nicht aus. Die Familienkasse lehnte dennoch die Fortsetzung der Gewährung von Kindergeld nach dem August 2014 ab, weil bereits der Abschluss als Diplom-Finanzwirt die Zulassungsvoraussetzungen für die Steuerberaterprüfung erfüllte. Da das Berufsbild des Steuerberaters keine Unterscheidung zwischen einem Steuerberater mit und ohne Master-Abschluss vorsieht, handelte es sich bei dem Master-Studium um eine Zweitausbildung, wobei die Erwerbstätigkeit des Sohnes von über 20 Stunden wöchentlich den Kindergeldanspruch ausschloss. Zwar vertrat das FG Münster die Auffassung, dass zwischen den verschiedenen Ausbildungsmaßnahmen durchaus ein sachlicher Zusammenhang bestand, da es immer um eine Ausbildung in steuerrechtlich geprägten Berufen ging. Auch seien sie in einem engen zeitlichen Zusammenhang absolviert worden. Dennoch handelte es sich nicht um eine einheitliche Erstausbildung. Denn die Zulassung zu der mit dem Studiengang angestrebten Steuerberaterprüfung nach § 36 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 in Verbindung mit Abs. 1 Satz 2 StBerG erfordert, dass nach dem Abschluss als Diplom-Finanzwirt eine dreijährige praktische Tätigkeit absolviert wird. Hierzu diente die Vollzeitbeschäftigung des Sohnes in der Finanzverwaltung. Aufgrund dieses Zulassungserfordernisses ist die Steuerberaterprüfung bereits nicht mehr Teil einer mit dem Studium zum Diplom-Finanzwirt begonnenen einheitlichen Erstausbildung. Die Revision wurde zugelassen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Bildungseinrichtung als erste Tätigkeitsstätte
Das FG Nürnberg entschied mit seinem Urteil vom 09.05.2018 (5 K 167/17), dass bei einem auf mehr als drei Monate angelegten Fortbildungslehrgangs, der in Vollzeit und außerhalb eines Arbeitsverhältnisses besucht wird, am Ort der Bildungseinrichtung eine erste Tätigkeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 8 EStG vorliegt. Im Streitfall war der Kläger einige Wochen arbeitslos, bevor er vom 08.09. bis 18.12.2014 einen Schweißtechnikerlehrgang in Vollzeit absolvierte. Er machte Kosten für Unterbringung und Verpflegung als Werbungskosten geltend. Das Finanzamt erkannte diese nicht an, zumal auch keine Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung vorlagen. Es war der Auffassung, dass die Bildungseinrichtung als erste Tätigkeitsstätte anzusehen ist. Dem stehe auch die befristete Lehrgangsdauer von gut drei Monaten nicht entgegen. Denn im Gesetzeswortlaut sei nicht von einer Zuordnung für einen bestimmten Zeitraum die Rede, sondern vom tatsächlichen Aufsuchen der Lehreinrichtung. Auch das FG Nürnberg kam zu diesem Ergebnis. Der Kläger sei für die Zeit des schweißtechnischen Lehrgangs kein Arbeitnehmer gewesen, da er sich in dieser Zeit nicht in einem Arbeitsverhältnis befand. Deshalb bestimme sich seine erste Tätigkeitsstätte nicht nach den nur für Arbeitnehmer geltenden Regeln des § 9 Abs. 4 Satz1 bis 7 EStG, sondern nach Satz 8 dieser Vorschrift. Die Schweißtechnische Lehr- und Versuchsanstalt sei daher während des Lehrgangs die erste Tätigkeitsstätte des Klägers im Sinne von Satz 8 dieser Regelung gewesen. Diese Einrichtung hat er auch tatsächlich im Rahmen einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme aufgesucht. Der Abzug von Unterkunftskosten und Verpflegungsmehraufwendungen ist demzufolge ausgeschlossen. Hinzu kommt, dass der Schweißtechnikerlehrgang von vornherein auf mehr als drei Monate angelegt war. Der Kläger hatte somit die Möglichkeit, seine Kosten zu mindern. Davon machte er auch tatsächlich Gebrauch, indem er eine Wohnung anmietete und so die Kosten und Mühen des täglichen Pendels vermied. Die Revision wurde dennoch zugelassen, da es von grundsätzlicher Bedeutung und bislang nicht höchstrichterlich geklärt ist, ab welcher Dauer einer vollzeitigen Bildungsmaßnahme die aufgesuchte Bildungseinrichtung als erste Tätigkeitsstätte zu werten ist.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Auflösung eines passiven Rechnungsabgrenzungspostens bei Betriebsaufgabe
Ein wegen eines Zinszuschusses gebildeter passiver Rechnungsabgrenzungsposten ist im Rahmen einer Betriebsaufgabe zu Gunsten des Aufgabegewinns aufzulösen, wenn das dem Zinszuschuss zugrundeliegende Darlehen fortgeführt wird. So entschied der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 25.04.2018 (VI R 51/16). Im Streitfall erzielte der Kläger Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Diese ermittelte er durch Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG für das Normalwirtschaftsjahr vom 01.07. bis zum 30.06. des Folgejahres. Die Steuerbilanz zum 30.06.2010 wies einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten wegen eines Zinszuschusses nach dem Agrarinvestitionsförderungsprogramm für die Errichtung eines Schweinestalls aus. Dieser wurde im Jahr 2005 errichtet und ab Juli 2010 an einen anderen Landwirt verpachtet. Das Darlehen bediente der Kläger aber weiterhin. Zum 31.12.2010 gab er den Betrieb ganz auf. Im Rahmen einer Außenprüfung löste das Finanzamt den passiven Rechnungsabgrenzungsposten in der Steuerbilanz zum 31.12.2010 erfolgswirksam auf und erhöhte den laufenden Gewinn für das Rumpfwirtschaftsjahr 01.07. bis 31.12.2010 entsprechend. Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt. Nach seiner Auffassung ist der strittige passive Rechnungsabgrenzungsposten nicht zu Gunsten des laufenden Gewinns aufzulösen, sondern beim Betriebsaufgabeergebnis zu berücksichtigen. Der Bundesfinanzhof bestätigte mit seinem Urteil die Entscheidung des FG. Er stellte zunächst klar, dass der bezogene Zinszuschuss am jeweiligen Bilanzstichtag nur insoweit abzugrenzen ist, wie er den Ertrag für eine bestimmte Zeit nach diesem Zeitpunkt darstellt. Das bedeutet, dass eine Verpflichtung zu einer nach diesem Bilanzstichtag zumindest zeitanteilig noch zu erbringenden Gegenleistung bestehen muss. Im konkreten Fall war der Kläger deshalb verpflichtet, in seiner letzten Schlussbilanz auf den 31.12.2010 noch einen passiven Rechnungsabgrenzungsposten für den ihm gewährten Zinszuschuss zu bilden, da das Darlehen noch bestand und er als zeitraumbezogene Gegenleistung den mit dem geförderten Darlehen einhergehenden Kapitaldienst schuldete. Der passive Rechnungsabgrenzungsposten war demzufolge auch in der letzten normalen Schlussbilanz weiterhin zu passivieren. Das bezuschusste Darlehen selbst aber wurde durch die Betriebsaufgabe zu Privatvermögen. Somit lag der damit einhergehende Kapitaldienst nicht mehr im steuerbaren Bereich. Deshalb konnte trotz fortbestehender Verpflichtung in der Aufgabebilanz kein passiver Rechnungsabgrenzungsposten ausgewiesen werden. Denn dessen Auflösung stand nicht nur in einem engen zeitlichen, sondern auch in einem sachlichen Zusammenhang mit der Betriebsaufgabe. Würde er in der letzten Schlussbilanz aufgelöst, unterläge eine zuvor aufgrund des Realisationsprinzips passiv abgegrenzte Einnahme entgegen der gesetzlichen Intention zusammengeballt der Einkommensteuer. Es war deshalb richtig, den auf einer Auflösung eines Bilanzpostens beruhenden außerordentlichen Ertrag dem Aufgabegewinn zuzuordnen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Erschütterung des Anscheinsbeweises für die Privatnutzung eines PKWs bei weiteren gleichwertigen Fahrzeugen im Privatvermögen
Mit seinem Urteil vom 21.03.2018 (7 K 388/17 G,U,F) entschied das FG Münster, dass der bestehende Anscheinsbeweis für die private Nutzung eines im Betriebsvermögen einer Personengesellschaft befindlichen PKWs durch weitere gleichwertige Fahrzeuge im Privatvermögen der Gesellschafter erschüttert werden kann. In den Streitjahren 2012 bis 2014 hielt die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, im Betriebsvermögen einen BMW X3, den unstrittig verschiedene Arbeitnehmer für Technikereinsätze, Botengänge, Auslieferungen und als Ersatzfahrzeug nutzten. Allerdings wurde kein Fahrtenbuch geführt und auch kein privater Nutzungsanteil erklärt. An der Klägerin waren drei Kommanditisten, ein Vater und zwei Söhne, beteiligt. Dem Vater standen privat von 2012 bis 2013 ein Mercedes S 420 und danach ein BMW 750 Ld zur Verfügung. Seine Ehefrau fuhr einen BMW Z4 bis sie aus gesundheitlichen Gründen kein Fahrzeug mehr führte. Einer der beiden Söhne war ledig und wohnte bei seinen Eltern. Ihm stand während des gesamten Streitzeitraumes ein privater BMW 320d Touring zur Verfügung, den später auch andere Familienmitgliedern nutzten. Er selbst fuhr zusätzlich einen BMW Z4, den vorher seine Mutter hatte. Der zweite Sohn lebte mit seiner Familie ca. 7 km vom Betriebsgelände der Klägerin entfernt. Er nutzte einen BMW 530d Touring und seine Ehefrau zunächst einen Opel Corsa, später einen Citroën C3. Das Finanzamt setzte in den Streitjahren 2012 bis 2014 für den betrieblichen BMW X3 einen Privatnutzungsanteil an, den es sowohl für Zwecke der Ertragsteuern als auch für die Umsatzsteuer nach der sogenannten 1%-Regelung berechnete. Für eine private Nutzung des Pkw spreche der Beweis des ersten Anscheins. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der Begründung, dass allen Gesellschaftern in den Streitjahren ausreichend Fahrzeuge zur Verfügung gestanden hätten, die dem Betriebsfahrzeug in Status und Gebrauchswert zumindest vergleichbar waren. Zudem hätten die Ehefrauen eigene Fahrzeuge zur privaten Nutzung gehabt. Das FG Münster gab der Klage statt. Zwar entspreche es grundsätzlich der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein betriebliches Kraftfahrzeug, das zum privaten Gebrauch geeignet ist, auch privat genutzt wird. Im Streitfall gebe es jedoch dafür keinen Anscheinsbeweis. Die private Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs sei nicht nachweisbar und aufgrund der ausreichenden und gleichwertigen Fahrzeuge im Privatvermögen auch höchst unwahrscheinlich.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz