2018

Stromspeicher keine wesentliche Komponente einer Photovoltaik-Anlage

In seinem Urteil vom 07.02.2018 (V B 105/171) befasste sich der Bundesfinanzhof mit der Frage, ob es sich bei der Photovoltaik-Anlage und der nachträglich erworbenen Speicherbatterie um ein einheitliches oder getrenntes Zuordnungsobjekt handelt. Er stellte klar, dass eine Photovoltaik-Anlage im Wesentlichen aus Solarzellen, die in sogenannten Solarmodulen zusammengefasst werden, einem Wechselrichter, der den Gleichstrom umwandelt, und einem Einspeisezähler besteht. Ein Stromspeicher dient nicht der Produktion von Solarstrom und gehört daher nicht zu den wesentlichen Komponenten einer Photovoltaik-Anlage. Die Rechtsfrage, ob die zeitversetzte Anschaffung von Komponenten einer Photovoltaik-Anlage zu einer umsatzsteuerrechtlich getrennten Bewertung führen kann, hat demzufolge für die nachträgliche Anschaffung eines Stromspeichers keine grundsätzliche Bedeutung. Die Beschwerde eines Klägers wegen Nichtzulassung der Revision wurde daher abgelehnt. Dieser übte mit seiner Photovoltaik-Anlage unstrittig eine unternehmerische Tätigkeit aus. Er hatte nachtäglich einen Stromspeicher angeschafft, für den er einen Vorsteuerabzug begehrte. Auch seine Auffassung, dass jedenfalls ein Wechselrichter zu den Bestandteilen der Photovoltaik-Anlage gehöre, wurde entkräftet. Die Anlage war bereits mit zwei erforderlichen, für die Umwandlung des erzeugten Gleichstroms in Wechselstrom und zur Einspeisung ins öffentliche Netz, sogenannten Solarwechselrichtern ausgestattet und damit voll funktionsfähig. Der zusätzliche Wechselrichter diente daher nicht der Erzeugung und Einspeisung des Stroms, sondern dazu, den erzeugten Solarstrom in größeren Mengen als vorher selbst verbrauchen zu können. Er eine andere Funktion als die Photovoltaik-Anlage. Ohne Erfolg rügte der Kläger schließlich, das FG habe es verfahrensfehlerhaft unterlassen, ein Sachverständigengutachten zur Frage einzuholen, inwieweit ein Kraftwerks-Eigenverbrauch vorgelegen und zu einer unternehmerischen Nutzung der Gesamtanlage geführt habe. Das FG muss zwar die von den Verfahrensbeteiligten angebotenen Beweise grundsätzlich erheben, die Zuziehung eines Sachverständigen steht jedoch im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Hat es die nötige Sachkunde selbst, muss es keinen Sachverständigen hinzuziehen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Keine Steuerbefreiung für ehrenamtliche Nebentätigkeit bei schädlichem Zusammenhang mit einer nichtselbständigen Haupttätigkeit

Wie der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 11.12.2017 (VI B 75/17) entschied, ist eine weitere Beschäftigung für denselben Arbeitgeber als Teil einer nichtselbständigen Haupttätigkeit anzusehen, wenn zwischen beiden Tätigkeiten ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Ein solcher ist dann anzunehmen, wenn beide Tätigkeiten gleichartig sind oder der Steuerpflichtige mit der Nebentätigkeit eine ihm aus seinem Dienstverhältnis - faktisch oder rechtlich - obliegende Nebenpflicht erfüllt oder er in der zusätzlichen Tätigkeit der Weisung und Kontrolle des Dienstherrn unterliegt. Schon bei Feststellung eines dieser Sachverhalte liegt ein "nebentätigkeitsschädlicher" unmittelbarer Zusammenhang mit dem bestehenden Dienstverhältnis vor. Im Streitfall leisteten einige der in Vollzeit angestellten Mitarbeiter des Klägers zusätzliche, ehrenamtliche Schichten. Hierfür erhielten sie eine pauschale Aufwandsentschädigung. Für diese wurde vom Kläger Lohnsteuer weder einbehalten noch abgeführt. Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung erließ das Finanzamt deshalb einen Haftungsbescheid über Lohnsteuer und andere Lohnsteuerabzugsbeträge. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das FG ab. Nach seiner Auffassung hat der Kläger die Zahlungen für die ehrenamtlichen Schichten zu Unrecht nach § 3 Nr. 26 EStG als steuerfrei behandelt. Die mit der Vorschrift begünstige Nebentätigkeit liegt im Streitfall nicht vor, da die Einnahmen aus der zusätzlichen Tätigkeit durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sind. Haupt- und Nebentätigkeit sind gleichartig und werden unter ähnlichen organisatorischen Bedingungen ausgeübt. Diese Gegebenheiten liegen dann vor, wenn der Arbeitnehmer bei Ausübung der Nebentätigkeit unter der Leitung des Arbeitgebers steht oder im geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers dessen Weisungen zu folgen verpflichtet ist. Nach diesen Rechtsgrundsätzen sind die ehrenamtlichen Schichten im unmittelbaren Zusammenhang mit der nichtselbständigen Tätigkeit der Mitarbeiter des Klägers zu werten, weshalb sie „nebentätigkeitsschädlich“ sind. Der Bundesfinanzhof stützte mit seinem Urteil die Auffassung der Vorinstanzen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Verfassungsmäßigkeit von Nachforderungszinsen im Jahr 2013

Die Höhe der Nachforderungszinsen für in das Jahr 2013 fallende Verzinsungszeiträume verstößt weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz noch gegen das Übermaßverbot, wie der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 09.11.2017 (III R 10/16) entschied. Auch der hierfür vorgesehene Zinssatz von 0,5 % für jeden Monat (6 % pro Jahr) ist unter Berücksichtigung der Entwicklung des allgemeinen Zinsniveaus im Jahr 2013 verfassungsgemäß. Im Streitfall hatte der Kläger im Oktober 2011 eine zu versteuernde Sonderzahlung aus der Beteiligung an einer Gesellschaft erhalten. Dies teilte er dem Finanzamt im November 2011 mit und beantragte die Anpassung der Einkommensteuervorauszahlungen. Der Kläger tätigte die Vorauszahlungen auf Basis des geänderten Vorauszahlungsbescheids. Seine Einkommensteuererklärung für 2011 gab er im Dezember 2012 ab. Im Juli 2013 erbrachte der Kläger vorsorglich eine freiwillige Zahlung in Höhe von 366.400 € an das Finanzamt. Im September 2013 erging der Einkommensteuerbescheid, aus dem sich ein Nachforderungsbetrag von ca. 390.000 € ergab. Gemäß § 233a AO beginnt die Verzinsung 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist, und endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird. Die Zinsen sind von dem Tag an, an dem der Zinslauf beginnt, nur für volle Monate zu zahlen. Das Finanzamt setzte daher für den Zinszeitraum April bis September 2013 Nachzahlungszinsen von 0,5 % monatlich fest, insgesamt ca. 11.700 €. Dem Antrag des Klägers, die Zinsen zu erlassen, entsprach das Finanzamt nur insoweit, als es wegen der im Juli 2013 erfolgten freiwilligen Zahlung auf die Zinsen für August und September 2013 verzichtete. FG und Bundesfinanzhof teilten die Auffassung der Vorinstanz und bestätigten die Verfassungsmäßigkeit der geltenden Zinsregelung. Da die Steuerfestsetzungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgen, führt dies dazu, dass nicht alle Steuerschuldner zinszahlungspflichtig sind. Die Vorschrift beruht insoweit auf der zulässig typisierenden Annahme, dass derjenige, dessen Steuer zu einem späteren Zeitpunkt festgesetzt wird, gegenüber demjenigen, dessen Steuer bereits frühzeitig festgesetzt wird, einen Liquiditäts- und damit auch einen potentiellen Zinsvorteil hat. Dieser soll nach § 233a AO mit den Nachzahlungszinsen abgeschöpft werden. Auch liegt hinsichtlich der Zinshöhe kein Gleichheitsverstoß vor, da für alle zinspflichtigen Steuerpflichtigen der gleiche Zinssatz zugrunde gelegt wird. Zudem gilt für Steuerforderungen und –erstattungen der gleiche Zinssatz. Zur beanstandeten Zinshöhe führte der Bundesfinanzhof eine umfassende Betrachtung der Anlage- und Finanzierungsmöglichkeiten der Steuerpflichtigen durch. Die Analyse der Daten ergab für verschiedene kurz- und langfristige Einlagen und Kredite im Jahr 2013 Zinssätze in einer Spanne von 0,15 % bis 14,70 %. Der gesetzliche Zinssatz hat somit die Bandbreite realitätsnaher Referenzwerte nicht verlassen. Auch spielt keine Rolle wer die verzögerte Steuerfestsetzung verschuldet hat, da die Nachzahlungszinsen verschuldensunabhängig sind.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Fristwahrende Einreichung einer Steuererklärung beim unzuständigen Finanzamt

Wie das FG Köln mit seinem Urteil vom 23.05.2017 (1 K 1637/14) entschied, ist eine Einkommensteuererklärung fristwahrend bei der Finanzverwaltung eingegangen, wenn sie am letzten Tag der Antragsveranlagungsfrist beim unzuständigen Finanzamt eingeworfen wird. Im Streitfall bezog der Kläger ausschließlich Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. Die heutige Ehefrau des Klägers hatte dessen Einkommensteuererklärung 2009 am 31.12.2013 gegen 20.00 Uhr bei einem am Weg liegenden Finanzamt in den Nachtbriefkasten eingeworfen. Allerdings wohnte der Kläger zu diesem Zeitpunkt im Zuständigkeitsbereich eines anderen Finanzamts derselben Stadt. Dort ging die Erklärung erst im Jahr 2014 ein. Das zuständige Finanzamt lehnte die Veranlagung ab, da der Antrag nicht innerhalb der Festsetzungsfrist nach § 169 Abs. 2 AO gestellt worden sei. Dem widersprach das FG Köln mit seinem Urteil. Nach seiner Auffassung hat der Kläger durch Einwerfen seiner Steuererklärung am 31.12.2013 beim unzuständigen Finanzamt innerhalb der Festsetzungsfrist wirksam einen Antrag auf Veranlagung gestellt, der den Ablauf der Festsetzungsfrist nach § 171 Abs. 3 AO hemmt. Daher ist das für ihn zuständige Finanzamt verpflichtet, die Veranlagung seiner Einkommensteuer 2009 durchzuführen. Die Revision wurde zugelassen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Zuwendungsverhältnis bei Zahlung eines überhöhten Entgelts durch eine GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person

Die Zahlung überhöhter vertraglicher Entgelte durch eine GmbH an eine dem Gesellschafter nahestehende Person ist keine gemischte freigebige Zuwendung der GmbH an die nahestehende Person, wenn der Gesellschafter beim Abschluss der Vereinbarung zwischen der GmbH und der nahestehenden Person mitgewirkt hat. In dem Fall beruht die Vorteilsgewährung auf dem Gesellschaftsverhältnis zwischen der GmbH und dem Gesellschafter und ist somit als verdeckte Gewinnausschüttung zu werten. Ob es sich um eine Schenkung des Gesellschafters an die ihm nahestehende Person handelt, hängt von der Ausgestaltung der zwischen ihnen bestehenden Rechtsbeziehung ab. So entschied der Bundesfinanzhof mit drei Urteilen vom 13.09.2017 (II R 54/15, II R 32/16 und II R 42/16). In den Streitfällen II R 54/15 und II R 32/16 vermieteten die Kläger Grundstücke an eine GmbH. Es handelte sich dabei jeweils um die Ehegatten der Gesellschafter der GmbH. Bei der Vertragsgestaltung hatten die Gesellschafter mitgewirkt und diese auch mit unterschrieben oder als Gesellschafter-Geschäftsführer abgeschlossen. Im Streitfall II R 42/16 veräußerte der Kläger Aktien an eine GmbH. Er war der Bruder des Gesellschafters, der den Kaufpreis bestimmt hatte. Die in den GmbHs durchgeführten Außenprüfungen ergaben, dass Mietzins und Kaufpreis überhöht waren und insoweit ertragsteuerrechtlich verdeckte Gewinnausschüttungen der GmbHs an ihre Gesellschafter vorlagen. Die Finanzämter bewerteten die überhöhten Zahlungen zudem schenkungsteuerrechtlich als gemischte freigebige Zuwendungen der GmbHs an die nahestehenden Personen und besteuerten diese nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG). Der Bundesfinanzhof folgte dem aufgrund einer geänderten Beurteilung der Sachverhalte nicht. Bisher hatte er eine gemischte freigebige Zuwendung durch die GmbH an die einem Gesellschafter nahestehende Person als möglich erachtet. Nun stellte er klar, dass in den Fällen die Zahlung überhöhter Entgelte auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage beruht. Die GmbH ist mangels freigebiger Zuwendung keine Schenkerin im Sinne des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Denn sie leistet die Zahlung im Hinblick auf die gesellschaftsvertraglichen Rechte des Gesellschafters, auch wenn diese an die nahestehende Person erfolgt. Demzufolge handelt es sich um eine verdeckte Gewinnausschüttung an den Gesellschafter, wodurch sich das künftige Gewinnausschüttungsvolumen der GmbH zu seinen Lasten mindert. Diese Rechtsgrundsätze gelten unabhängig davon, ob mehrere Gesellschafter an der GmbH beteiligt sind oder ein Gesellschafter über eine Muttergesellschaft an der GmbH beteiligt ist. Entscheidend ist seine Mitwirkung am Vertragsabschluss zwischen der GmbH und der ihm nahestehenden Person. Diese kann darin bestehen, dass er den Vertrag zwischen GmbH und nahestehender Person als Gesellschafter-Geschäftsführer abschließt, als Gesellschafter mit unterzeichnet, dem Geschäftsführer eine Anweisung zum Vertragsabschluss erteilt, in sonstiger Weise auf den Vertragsabschluss hinwirkt oder diesem zustimmt. Ob tatsächlich eine Schenkung zwischen dem Gesellschafter und der nahestehenden Person vorliegt, hängt von der Ausgestaltung der zwischen ihnen bestehenden Rechtsbeziehung ab. Hier sind verschiedene Gestaltungen denkbar (beispielsweise Schenkungsabrede, Darlehen, Kaufvertrag).
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz