2017

Bundesfinanzhof akzeptiert Gestaltungen bei gewerblichen Verlusten durch Ankauf physischen Goldes

Der Bundesfinanzhof akzeptiert mit seinen Urteilen vom 19.01.2017 Gestaltungen für inländische (IV R 10/14) oder ausländische (IV R 50/14) Personengesellschaften, deren Gesellschaftszweck der Ankauf, die Verwaltung und Umschichtung von Edelmetallen ist. Speziell geht es darum, wenn aus dem Ankauf von Gold Verluste erzielt wurden. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass eine vermögensverwaltend tätige, aber gewerblich geprägte Personengesellschaft nicht nur Anlage-, sondern auch Umlaufvermögen haben kann. Die Zuordnung bestimmt sich nach der Zweckbestimmung des Wirtschaftsguts im (fiktiven) Betrieb. Goldbarren sind nicht mit Wertpapieren vergleichbar und somit keine verbrieften Forderungen oder Rechte. Die Gestaltungen basieren darauf, dass die Personengesellschaften durch den An- und Verkauf physischen Goldes eine gewerbliche Tätigkeit ausüben, ihren Gewinn durch eine Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln und die Anschaffungskosten sofort als Betriebsausgaben geltend machen dürfen. Letzteres ist möglich, weil das Gold nicht als Anlage-, sondern als Umlaufvermögen zu werten ist. Mit den Gestaltungen entstehen bei den Gesellschaftern Steuervorteile, sofern kein Steuerstundungsmodell vorliegt. Bei der inlandsbezogenen Gestaltung tritt typischerweise ein Steuerstundungseffekt, da die Anschaffungskosten für das Gold als sofort abziehbare Betriebsausgaben zu einem gewerblichen Verlust führen. Dieser kann mit anderen positiven Einkünften der Gesellschafter ausgeglichen bzw. von diesen abgezogen werden. Bei der auslandsbezogenen Gestaltung kommt es typischerweise zu einer endgültigen Reduzierung der Einkommensteuerbelastung. Durch die ausländischen Verluste kann gegebenenfalls der Steuersatz bis auf Null reduziert werden (negativer Progressionsvorbehalt). Beim Verkauf des Goldes in einem späteren Jahr steht dem keine oder nur eine geringe Steuersatzsteigerung gegenüber.

Hinweis: Der Gesetzgeber hat zwischenzeitlich gegen derartige Gestaltungen entsprechende Regelungen getroffen. Für Inlandsfälle wurde dem § 15b EStG ein Absatz 3a angefügt. Danach liegt unter dort näher beschriebenen Voraussetzungen ein Steuerstundungsmodell vor, dessen Verluste hieraus nicht mehr mit anderen positiven Einkünften ausgeglichen bzw. von diesen abgezogen werden können. Sie sind nur noch mit künftigen Gewinnen aus derselben Einkunftsquelle verrechenbar; erstmals anwendbar auf Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens, die nach dem 28.11.2013 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt wurden. Für Auslandsfälle fügte der Gesetzgeber eine Vorschrift in den § 32b EStG ein, womit bei der Ermittlung des anzuwendenden Einkommensteuersatzes ein sofortiger Betriebsausgabenabzug verhindert wird; erstmals anwendbar auf Wirtschaftsgüter des Umlaufvermögens, die nach dem 28.02.2013 angeschafft, hergestellt oder in das Betriebsvermögen eingelegt worden sind. Zudem wurde § 32b Abs. 1 Satz 3 EStG um die in allen offenen Fällen anwendbare Regelung ergänzt, dass § 15b EStG sinngemäß anzuwenden ist.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Änderung von bestandskräftigen Steuerbescheiden bei Kürzung der Beiträge zur Basiskrankenversicherung um geleistete Bonuszahlungen

Der Bundesfinanzhof entschied in seinem Urteil vom 01.06.2016 über die steuerliche Behandlung von Zahlungen, die ein Steuerpflichtiger im Rahmen eines Bonusprogramms zur Förderung gesundheitsbewussten Verhaltens von seiner Krankenkasse erhält. Er stellte klar, dass es sich dabei um Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung und nicht um Beitragsrückerstattungen handelt. Die Beiträge zur Basiskrankenversicherung sind deshalb um die geleisteten Bonuszahlungen zu kürzen. Da die Grundsätze des Urteils des Bundesfinanzhofs über den Einzelfall hinaus anzuwenden sind, erläutert nun das Bundesministerium der Finanzen mit Schreiben vom 29.03.2017 die verfahrensrechtlichen Folgerungen daraus. Sind demnach im Zusammenhang mit dem Urteil des Bundesfinanzhofs Einkommensteuerbescheide vorläufig ergangen, kann eine Änderung dieser nach § 165 Absatz 2 Satz 2 AO und/oder nach § 10 Absatz 2a Satz 8 EStG alter Fassung bei Vorlage einer Bescheinigung der gesetzlichen Krankenversicherung erfolgen. Insoweit sind diese für endgültig zu erklären. Dabei ist eine jahresbezogene Papierbescheinigung, aus der eine Korrektur der Beitragsrückerstattungen hervorgeht, ausreichend. Die erforderlichen Mindestangaben sind im Schreiben des Bundesministeriums für Finanzen genau benannt. Im Übrigen sind Bescheide nur dann für endgültig zu erklären, wenn der Steuerpflichtige dies beantragt oder die Bescheide aus anderen Gründen zu ändern sind. Soweit Einkommensteuerbescheide nicht für endgültig erklärt werden, bleibt bis zum Ablauf der Festsetzungsfrist eine Änderung zur Berücksichtigung ungekürzter Krankenversicherungsbeiträge weiterhin möglich. Für die Veranlagungszeiträume 2010 bis einschließlich 2016 wird aus Verhältnismäßigkeitsgründen auf eine Übermittlung korrigierter Datensätze verzichtet. Unabhängig von den vorgenannten Änderungsregelungen bleiben die Möglichkeiten im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens unberührt.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Modernisierung des Spendennachweisverfahrens

Da sich Steuerrecht und Steuervollzug im stetigen Wandel der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen befinden, erfordert die fortschreitende Technisierung und Digitalisierung aller Lebensbereiche auch eine Modernisierung der Abläufe des bestehenden Spendennachweisverfahrens. Am 06.02.2017 veröffentlichte das Bundesministerium für Finanzen eine Präzisierung zum Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens. Dabei geht es um die Erteilung von Zuwendungsbestätigungen nach amtlich vorgeschriebenem Muster in Form von schreibgeschützten Dateien. Demnach gilt, dass Zuwendungsempfänger maschinell erstellte Zuwendungsbestätigungen auf elektronischem Weg in Form schreibgeschützter Dokumente an die Zuwendenden übermitteln können. Voraussetzung ist, dass sie dem zuständigen Finanzamt die Nutzung eines Verfahrens zur maschinellen Erstellung von Zuwendungsbestätigungen gemäß den Anforderungen der Richtlinie R 10b.1 Abs. 4 EStR angezeigt haben. Für die Abzugsberechtigung ist es dann unerheblich, dass der Zuwendungsempfänger den Ausdruck des entsprechenden Dokuments nicht selbst übernimmt, sondern dem Zuwendenden überlässt.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz 

 

Aktien eines Börsenbetreibers bei einem Börsenmakler

Werden einem selbständigen Kursmakler Anteile einer AG zur Erfüllung einer Courtageanforderung übertragen, gelangen die Anteile im Erwerbszeitpunkt in das Betriebsvermögen. Ihre spätere Entnahme ist dadurch nicht ausgeschlossen. Die Entnahme erfordert eine unmissverständliche, von einem Entnahmewillen getragene Entnahmehandlung. Darüber hinaus muss der Steuerpflichtige die Folgerungen aus der Entnahme ziehen, wie etwa die Versteuerung des Entnahmegewinns. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 29.09.2016. Im Streitfall war der Kläger als amtlich bestellter Kursmakler an einer Wertpapierbörse tätig. Hieraus erzielte er Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die er durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte. Die Mitglieder der Kursmaklerkammer hatten 1990 einstimmig beschlossen, im Rahmen einer bevorstehenden Kapitalerhöhung 5 % der Aktien zu zeichnen. Die Kosten dafür wurden zu gleichen Teilen mit den Ansprüchen der Kursmakler gegenüber dem Courtagepool verrechnet, aus dem die monatlichen Maklercourtagen gezahlt wurden. Im Oktober 1996 fassten die Kursmakler den Beschluss, den größten Teil der von der Kursmaklerkammer gehaltenen Aktien anteilig an alle Kammermitglieder zu übertragen, was im Februar 1997 erfolgte. Auf jedes der Kammermitglieder entfielen 1.050 Aktien. Der Kläger buchte am 31.03.1997 "Entnahme" an "Erlöse aus Courtagepool" mit einem Betrag von 210.000 DM (1.050 x 200 DM). Die jährlichen Dividendenerträge aus den Aktien erklärte er im Rahmen seiner Einkünfte aus Kapitalvermögen. Zum 31.12.2000 brachte der Kläger sein Einzelunternehmen in eine nach ihm benannte Wertpapierhandels-GmbH ein. Da sich nach seiner Auffassung die Aktien im Privatvermögen befanden, wurden diese nicht mit in die GmbH eingebracht. Im Rahmen einer Außenprüfung in 2005 gelangte das Finanzamt zu der Auffassung, dass die im Eigentum des Klägers stehenden Aktien der AG notwendiges Betriebsvermögen des Kursmaklergewerbes des Klägers darstellten. Daher seien sie mit den Anschaffungskosten in Höhe von 107.371,29 EUR zu aktivieren und die Dividendenausschüttungen der Streitjahre 1999 und 2000 den Betriebseinnahmen zuzuordnen. Damit erhöhe sich der Gewinn der betreffenden Jahre. Das Finanzamt änderte die Einkommensteuerklärungen für die Streitjahre entsprechend. Nachdem das FG dem Kläger Recht gab, ging das Finanzamt in Revision. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass die Aktien zum Zeitpunkt ihres Erwerbs Teil des notwendigen Betriebsvermögens des Klägers wurden, da die Anschaffung einen betrieblichen Vorgang darstellte. Eine Entnahme in das Privatvermögen war durchaus möglich. Allerdings belegten die vom FG getroffenen Feststellungen nicht, dass der Kläger die Aktien tatsächlich wirksam seinem Betriebsvermögen entnommen und mit welcher Entnahmemaßnahme er den Funktionszusammenhang der Aktien zum Betriebsvermögen gelöst hat. Auch war seitens des FG nicht festgestellt worden, ob der Steuerpflichtige die naheliegenden steuerlichen Folgerungen aus der Entnahme gezogen und einen Entnahmegewinn erklärt hat. Das FG muss deshalb im zweiten Rechtsgang die fehlenden Informationen einholen. Wäre die Entnahmehandlung nicht eindeutig, ginge dies zulasten des Klägers.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Maßgebliches Jahr für die ertragsteuerliche Berücksichtigung einer Umsatzsteuervorauszahlung

Im vom FG Sachsen behandelten Fall ging es um die Frage, in welchem Jahr eine Umsatzsteuervorauszahlung steuermindernd zu berücksichtigen ist. Konkret ging es um den Jahreswechsel 2014/2015. Mit Urteil vom 30.11.2016 wurde entschieden, dass eine am 09.01.2015, einem Freitag, geleistete Umsatzsteuervorauszahlung für November 2014 aufgrund der Abflussfiktion noch als Betriebsausgabe des Jahres 2014 abgezogen werden kann. Und zwar gilt das, obwohl die Fälligkeit der Zahlung durch die Samstag-Sonntag-Feiertag-Regelung auf den 12.01.2015, einem Montag, verschoben worden war. Im strittigen Fall reichte die Klägerin ihre Umsatzsteuervoranmeldung für November 2014 am 06.01.2015 beim Finanzamt ein und wies den entsprechenden Steuerbetrag am 09.01.2015 zur Zahlung an. Den Betrag verbuchte sie als Betriebsausgabe des Jahres 2014. Sie bezog sich dabei auf die Abflussfiktion des § 11 EStG anwendbar sei. Danach sind regelmäßig wiederkehrende Ausgaben dem Jahr ihrer wirtschaftlichen Zugehörigkeit zuzuordnen, auch wenn sie kurze Zeit nach Beendigung dieses Jahres abfließen. Als kurze Zeit gilt ein Zeitraum von zehn Tagen. Das Finanzamt lehnte einen Abzug in 2014 ab. Nach seiner Auffassung sei die Abflussfiktion nur anwendbar, wenn Zahlung und Fälligkeit in den 10-Tages-Zeitraum fallen. Im  vorliegenden Fall lag der gesetzlich bestimmte reguläre Fälligkeitstermin auf dem 10.01.2015, einem Samstag. Durch die sogenannte Samstag-Sonntag-Feiertag-Regelung des § 108 Abs. 3 AO hatte sich die Fälligkeit aber auf Montag, den 12.01.2015 verschoben. Damit lag der Fälligkeitstermin außerhalb des 10-Tages-Zeitraums. Zwar bestätigte das FG grundsätzlich die Ansicht des Finanzamts. Da aber im Streitfall die Zahlung bereits am 09.01.2015, also innerhalb des 10-Tage-Zeitraums geleistet wurde, war eine Zuordnung der Zahlung zum Jahr 2014, dem Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit, zulässig. Die vom FG Sachsen zugelassene Revision wurde vom Finanzamt eingelegt und wird beim Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen III R 1/17 geführt.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz