Verfassungsmäßigkeit von Nachforderungszinsen im Jahr 2013
von Björn Keller
Die Höhe der Nachforderungszinsen für in das Jahr 2013 fallende Verzinsungszeiträume verstößt weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz noch gegen das Übermaßverbot, wie der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 09.11.2017 (III R 10/16) entschied. Auch der hierfür vorgesehene Zinssatz von 0,5 % für jeden Monat (6 % pro Jahr) ist unter Berücksichtigung der Entwicklung des allgemeinen Zinsniveaus im Jahr 2013 verfassungsgemäß. Im Streitfall hatte der Kläger im Oktober 2011 eine zu versteuernde Sonderzahlung aus der Beteiligung an einer Gesellschaft erhalten. Dies teilte er dem Finanzamt im November 2011 mit und beantragte die Anpassung der Einkommensteuervorauszahlungen. Der Kläger tätigte die Vorauszahlungen auf Basis des geänderten Vorauszahlungsbescheids. Seine Einkommensteuererklärung für 2011 gab er im Dezember 2012 ab. Im Juli 2013 erbrachte der Kläger vorsorglich eine freiwillige Zahlung in Höhe von 366.400 € an das Finanzamt. Im September 2013 erging der Einkommensteuerbescheid, aus dem sich ein Nachforderungsbetrag von ca. 390.000 € ergab. Gemäß § 233a AO beginnt die Verzinsung 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist, und endet mit Ablauf des Tages, an dem die Steuerfestsetzung wirksam wird. Die Zinsen sind von dem Tag an, an dem der Zinslauf beginnt, nur für volle Monate zu zahlen. Das Finanzamt setzte daher für den Zinszeitraum April bis September 2013 Nachzahlungszinsen von 0,5 % monatlich fest, insgesamt ca. 11.700 €. Dem Antrag des Klägers, die Zinsen zu erlassen, entsprach das Finanzamt nur insoweit, als es wegen der im Juli 2013 erfolgten freiwilligen Zahlung auf die Zinsen für August und September 2013 verzichtete. FG und Bundesfinanzhof teilten die Auffassung der Vorinstanz und bestätigten die Verfassungsmäßigkeit der geltenden Zinsregelung. Da die Steuerfestsetzungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgen, führt dies dazu, dass nicht alle Steuerschuldner zinszahlungspflichtig sind. Die Vorschrift beruht insoweit auf der zulässig typisierenden Annahme, dass derjenige, dessen Steuer zu einem späteren Zeitpunkt festgesetzt wird, gegenüber demjenigen, dessen Steuer bereits frühzeitig festgesetzt wird, einen Liquiditäts- und damit auch einen potentiellen Zinsvorteil hat. Dieser soll nach § 233a AO mit den Nachzahlungszinsen abgeschöpft werden. Auch liegt hinsichtlich der Zinshöhe kein Gleichheitsverstoß vor, da für alle zinspflichtigen Steuerpflichtigen der gleiche Zinssatz zugrunde gelegt wird. Zudem gilt für Steuerforderungen und –erstattungen der gleiche Zinssatz. Zur beanstandeten Zinshöhe führte der Bundesfinanzhof eine umfassende Betrachtung der Anlage- und Finanzierungsmöglichkeiten der Steuerpflichtigen durch. Die Analyse der Daten ergab für verschiedene kurz- und langfristige Einlagen und Kredite im Jahr 2013 Zinssätze in einer Spanne von 0,15 % bis 14,70 %. Der gesetzliche Zinssatz hat somit die Bandbreite realitätsnaher Referenzwerte nicht verlassen. Auch spielt keine Rolle wer die verzögerte Steuerfestsetzung verschuldet hat, da die Nachzahlungszinsen verschuldensunabhängig sind.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz