Semestergebühren gelten insgesamt als ausbildungsbedingte Mehraufwendungen

von Björn Keller

Mit seinem Urteil vom 22.09.2011 entschied der Bundesfinanzhof, dass die zur Aufnahme oder Fortsetzung eines Studiums zu entrichtenden Semestergebühren keine Mischkosten darstellen. Sie sind grundsätzlich insgesamt als abziehbarer ausbildungsbedingter Mehrbedarf zu bewerten, auch wenn der Studierende dadurch privat nutzbare Vorteile (z.B. Semesterticket) erlangt. Im entschiedenen Fall beantragte der Kläger für seinen an der Universität studierenden Sohn Kindergeld. Die beklagte Familienkasse lehnte dies ab, da die Einkünfte des Sohnes über dem maßgeblichen Jahresgrenzbetrag lagen und ließ dabei die von ihm gezahlten Semestergebühren nicht zum Abzug zu. Die dagegen erhobene Klage beim FG hatte Erfolg. Durch die Wertung der Semestergebühren insgesamt als abziehbarer ausbildungsbedingter Mehrbedarf, lagen die Einkünfte des Sohnes nicht über dem maßgeblichen Jahresgrenzbetrag und demzufolge war Kindergeld zu gewähren. Dieser Ansicht folgte auch der Bundesfinanzhof. Demzufolge dürfen Semestergebühren nicht als Mischkosten beurteilt werden, deren Einzelpositionen nur dann abgezogen werden können, wenn die erhebende Institution diese getrennt ausweist. Vielmehr stellen Semestergebühren insgesamt ausbildungsbedingte Mehraufwendungen dar, weil der Studierende bei Aufnahme oder Fortsetzung seines Studiums diese Gebühren in voller Höhe zwingend entrichten muss. Er hat dabei keinerlei Einfluss auf die Erlangung privat nutzbarer Vorteile (z.B. Semesterticket), insoweit liegt auch keine schädliche private Mitveranlassung vor. Die Semesterkosten müssen einzig zum Zweck der Erlangung des Studentenstatus entrichtet werden. Demnach greift auch nicht die Abgeltungswirkung der Entfernungspauschale ein, weil die Aufwendungen für ein über die Semestergebühr erhaltenes Semesterticket nicht durch die Fahrten zwischen Wohnung und Universität veranlasst sind.

Anmerkung: Mit dem Steuervereinfachungsgesetz 2011 wurde die Einkünfte- und Bezügegrenze für volljährige Kinder beim Familienleistungsausgleich ab dem Veranlagungszeitraum 2012 abgeschafft. Bis zum Abschluss der Erstausbildung ist die Höhe der Einkünfte und Bezüge demnach zukünftig unerheblich für den Bezug von Kindergeld bzw. den Abzug des Kinderfreibetrages.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

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