Rückwirkung der Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Ausstellung
von Björn Keller
Berichtigt der Unternehmer eine Rechnung für eine von ihm erbrachte Leistung, wirkt dies auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungsausstellung zurück. Das entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Grundsatzurteil vom 20.10.2016 entgegen der bisherigen Verwaltungspraxis und unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung. Eine berichtigungsfähige Rechnung liegt dann vor, wenn sie Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält. Die Rechnung kann bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG berichtigt werden. Die Entscheidung ist von großer Bedeutung für Unternehmer, die trotz formaler Rechnungsmängel den Vorsteuerabzug aus bezogenen Leistungen in Anspruch nehmen. Bislang mussten sie bei späteren Beanstandungen selbst im Fall einer Rechnungsberichtigung Steuernachzahlungen für das Jahr des ursprünglich in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs leisten. Die Steuernachzahlung war zudem im Rahmen der sogenannten Vollverzinsung mit 6 % jährlich zu verzinsen. Beides entfällt nunmehr. Im entschiedenen Fall hatte die Klägerin in den Streitjahren 2005 bis 2007 den Vorsteuerabzug aus Rechnungen eines Rechtsanwalts und einer Unternehmensberatung in Anspruch genommen. Ohne weitere Erläuterungen wurde in den Rechnungen auf einen nicht näher bezeichneten „Beratervertrag“, „allgemeine wirtschaftliche Beratung“ oder „zusätzliche betriebswirtschaftliche Beratung“ Bezug genommen. Das Finanzamt versagte der Klägerin den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen, da diese keine ordnungsgemäße, ausführliche Leistungsbeschreibung enthielten. Obwohl die Klägerin während des Klageverfahrens im Jahr 2013 berichtigte Rechnungen vorlegte, die die Leistungen ordnungsgemäß beschrieben, wies das FG die Klage ab. Nach seiner Auffassung ermöglichten die berichtigten Rechnungen erst einen Vorsteuerabzug in 2013 und wirkten nicht auf die erstmalige Rechnungserteilung in den Streitjahren zurück. Der Bundesfinanzhof folgte dem nicht und gestattete den Vorsteuerabzug für die Jahre 2005 bis 2007. Dabei bezog er sich maßgeblich auf ein Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH), wonach eine Rechnungsberichtigung auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungsausstellung zurückwirkt. Außerdem missbilligte der EuGH das pauschale Entstehen von Nachzahlungszinsen. Der Bundesfinanzhof hat sich nun mit seinem Urteil dieser Rechtsprechung angeschlossen. Damit der Rechnungsberichtigung Rückwirkung zukommt, muss das Ausgangsdokument allerdings über bestimmte Mindestangaben verfügen. Das traf auf die im Streitfall ursprünglichen Rechnungen zu. Sie enthielten Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer. Auch die Rechnungsberichtigung wurde termingerecht vorgenommen, da diese bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG erfolgen kann.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz