Qualifizierung der Tätigkeit eines Prüfingenieurs

von Björn Keller

Prüfingenieure, die Hauptuntersuchungen und Sicherheitsprüfungen durchführen, üben eine freiberufliche Tätigkeit im Sinne des § 18 EStG aus und erzielen somit Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Ihrer Freiberuflichkeit steht die Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte nicht entgegen, wenn sie weiterhin leitend und eigenverantwortlich gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG tätig sind. Hieran fehlt es jedoch, wenn beispielsweise in einer Personengesellschaft angestellte Prüfingenieure eigenständig Hauptuntersuchungen durchführen und dabei lediglich stichprobenartig überwacht werden. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 14.05.2019 (VIII R 35/16). Im Streitfall führte die Klägerin, eine GbR, unter anderem Haupt- und Abgasuntersuchungen durch. Ihre Gesellschafter waren selbst Prüfingenieure. Den überwiegenden Teil der im Streitjahr 2009 durchgeführten Haupt- und Abgasuntersuchungen hatten allerdings drei bei der Klägerin angestellte Prüfingenieure durchgeführt. Das Finanzamt erkannte die erklärten Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit nicht an. Nach seiner Ansicht erzielte die Klägerin gewerbliche Einkünfte und dementsprechend setzte es Gewerbesteuer fest. Dies bestätigte der Bundesfinanzhof nun in seiner Entscheidung. Er beurteilte zwar die Tätigkeit der Gesellschafter der Klägerin grundsätzlich als persönlich freiberuflich, aber nur soweit sie selbst Hauptuntersuchungen durchgeführt hatten. Eine Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ist für eine freiberufliche Tätigkeit nur dann unschädlich, wenn die Teilnahme des Berufsträgers an der praktischen Arbeit in ausreichendem Umfang gewährleistet ist. Da die Klägerin allerdings den überwiegenden Teil der Prüftätigkeiten durch angestellte Prüfingenieure durchführen ließ, fehlte es an einer eigenverantwortlichen Tätigkeit der Gesellschafter. Dementsprechend ist ein selbständig tätiger Ingenieur nur eigenverantwortlich tätig, wenn die Ausführung jedes einzelnen Auftrags ihm selbst zuzurechnen ist und nicht dem (wenn auch qualifizierten) Mitarbeiter. Eine lediglich stichprobenartige Überwachung durch die Gesellschafter genügt diesen Anforderungen nicht. Die Klägerin erzielt daher insgesamt gewerbliche Einkünfte gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

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