Kindergeld - Abgrenzung zwischen der Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit und der berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung

von Björn Keller

Nimmt ein volljähriges Kind nach Erlangung eines ersten Abschlusses in einem öffentlich-rechtlich geordneten Ausbildungsgang eine Berufstätigkeit auf, ist zwischen einer mehraktigen einheitlichen Erstausbildung mit daneben ausgeübter Erwerbstätigkeit und einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung (Zweitausbildung) abzugrenzen. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 11.12.2018 (III R 26/18). Im zweiten Falle steht bereits die Berufstätigkeit im Vordergrund und die weitere Ausbildung wird lediglich neben dieser durchgeführt. Im strittigen Fall nahm die Tochter der Klägerin nach dem Abitur an einer Dualen Hochschule ein Bachelorstudium im Fach Betriebswirtschaftslehre auf. Hierzu gehörte auch eine praktische Ausbildung in einem Betrieb, die in einem Ausbildungsvertrag geregelt wurde. Im September 2015 beendete die Tochter das Studium erfolgreich mit dem Abschluss Bachelor of Arts. Ab Oktober 2015 begann sie in ihrem bisherigen Ausbildungsbetrieb ein Arbeitsverhältnis in Vollzeit. Parallel nahm sie ab September 2015 ein über fünf Semester laufendes Masterstudium im Studiengang Wirtschaftspsychologie auf. Die Vorlesungen fanden abends und teilweise auch am Samstag statt. Die Familienkasse lehnte eine weitere Kindergeldfestsetzung ab Oktober 2015 ab. Zur Begründung verwies sie darauf, dass die Tochter mit dem Bachelorabschluss bereits ihre Erstausbildung abgeschlossen habe und während des Masterstudiums einer zu umfangreichen und damit den Kindergeldanspruch ausschließenden Erwerbstätigkeit nachgehe. Das FG allerdings war der Ansicht, dass das Masterstudium noch Teil einer einheitlichen Erstausbildung sei und es deshalb nicht auf den Umfang der daneben ausgebübten Erwerbstätigkeit ankomme. Dem Bundesfinanzhof genügte diese Begründung nicht und er wies die Sache für weitere Feststellungen an das FG zurück. Er stellte klar, dass für in Ausbildung befindliche volljährige Kinder nach Abschluss einer Erstausbildung nur dann ein weiterer Kindergeldanspruch besteht, wenn sie keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, die regelmäßig mehr als 20 Wochenstunden umfasst. Zwar können mehrere Ausbildungsabschnitte zu einer einheitlichen Erstausbildung zusammen gehören, aber nur, wenn sie in einem engen sachlichen Zusammenhang stehen und zeitlich kurz aufeinander folgend durchgeführt werden. In Abgrenzung zu einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung ist entscheidend, ob nach Erlangung des ersten Abschlusses weiterhin die Ausbildung die hauptsächliche Tätigkeit des Kindes darstellt. Steht bereits die aufgenommene Berufstätigkeit im Vordergrund, ist dies ein klares Indiz einer berufsbegleitend durchgeführten Weiterbildung. Darauf deutet auch hin, wenn das Arbeitsverhältnis zeitlich unbefristet oder auf mehr als 26 Wochen befristet abgeschlossen wurde sowie auf eine vollzeitige oder nahezu vollzeitige Beschäftigung orientiert. Ebenso ist von einer Weiterbildung im bereits aufgenommenen Beruf auszugehen, wenn die aufgenommene Tätigkeit den erlangten ersten Abschluss erfordert und die weitere Qualifikation einem beruflichen Aufstieg dient. Letztlich ist auch zu berücksichtigen, ob sich die Durchführung der Ausbildung an den Erfordernissen der Berufstätigkeit orientiert (z.B. Abend- oder Wochenendunterricht).
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Zurück