Keine zwingende Korrektur von Steuerbescheiden wegen nachträglich bekannt gewordener neuer Tatsachen

von Björn Keller

Die Änderung eines Steuerbescheides nach § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO wegen nachträglich bekannt gewordener Tatsachen oder Beweismitteln zugunsten des Steuerpflichtigen kommt nicht in Betracht, sofern das Finanzamt mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch bei Kenntnis der Tatsachen zum Zeitpunkt der Steuerfestsetzung nicht anders hätte entscheiden können. Dies hat der BFH mit Urteil vom 22.04.2010 festgestellt. Für die notwendige Kausalitätsprüfung ist grundsätzlich der Zeitpunkt wichtig, zu dem das Finanzamt den Vorgang der Steuerfestsetzung abgeschlossen hat. Wie das Finanzamt bei ursprünglicher Kenntnis entschieden hätte, ist im konkreten Falle aufgrund des Gesetzes, wie es nach der damaligen Rechtssprechung des BFH ausgelegt wurde, und den die Finanzämter bindenden Verwaltungsanweisungen zu beurteilen. Liegen unmittelbar zu der umstrittenen Rechtslage weder Rechtsprechung des BFH noch bindende Verwaltungsanweisungen vor, so ist aufgrund anderer objektiver Umstände abzuschätzen, wie das Finanzamt in Kenntnis des vollständigen Sachverhalts entschieden hätte. Das mutmaßliche Verhalten des einzelnen Sachbearbeiters und seine individuellen Rechtskenntnisse sind dabei ohne Bedeutung.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

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