Keine Kostenerstattungspflicht im Einspruchsverfahren gegen Hinterziehungszinsen

von Björn Keller

Mit seinem Urteil vom 01. September 2021 (III R 18/21) entschied der Bundesfinanzhof, dass es bei einem erfolgreichen Einspruch gegen Hinterziehungszinsen im Kindergeldverfahren keine Kostenerstattung gibt. § 77 EStG ist in diesem Falle  weder unmittelbar noch analog anwendbar. Es liegt auch keine Regelungslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit vor, soweit vorgenannte Vorschrift ihrem Wortlaut nach eine Kostenerstattung nur für Einspruchsverfahren wegen Kindergeldfestsetzungen vorsieht. Im Streitfall bezog die Klägerin zu Unrecht Kindergeld. Die Familienkasse legte daraufhin gegen sie Hinterziehungszinsen fest. Der Einspruch der Klägerin war erfolgreich. Allerdings entschied die Familienkasse, die im Einspruchsverfahren entstandenen Kosten der Klägerin nicht zu erstatten. Sie begründete dies damit, dass sich § 77 EStG nur auf die Ablehnung oder Aufhebung der Kindergeldfestsetzung beziehe. Das FG gab der dagegen erhobenen Klage statt und verpflichtete die Familienkasse zur Erstattung der Aufwendungen. Der Bundesfinanzhof teilte diese Auffassung nicht. Er stellte klar, dass das Einspruchsverfahren nach der Abgabenordnung grundsätzlich für beide Seiten kostenfrei ist. Einspruchsführer und Behörde müssen demzufolge  jeweils ihre eigenen Aufwendungen tragen. Abweichend von diesem Grundsatz werden nach § 77 EStG im Einspruchsverfahren gegen Kindergeldfestsetzungsbescheide dem erfolgreichen Rechtsbehelfsführer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen erstattet. Hat sich der Einspruchsführer jedoch erfolgreich gegen die Festsetzung von Hinterziehungszinsen wegen unberechtigt erhaltener Kindergeldzahlungen gewandt, kann diese Vorschrift gemäß Urteil des Bundesfinanzhofs nicht angewendet werden. Der Klägerin steht also keine Kostenerstattung zu.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

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