Keine doppelte Haushaltsführung bei Hauptwohnung am Beschäftigungsort

von Björn Keller

In seinem Urteil vom 16.01.2018 (VI R 2/16) stellte der Bundesfinanzhof klar, dass
keine doppelte Haushaltsführung vorliegt, wenn sich die Hauptwohnung, also der eigene Hausstand im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG, ebenfalls am Beschäftigungsort befindet. Das trifft zu, wenn der Steuerpflichtige von dieser Wohnung seine Arbeitsstätte in zumutbarer Weise täglich erreichen kann. Wegezeiten von etwa einer Stunde sind dabei nicht außergewöhnlich. Im strittigen Fall bewohnte der Kläger seit August 1999 eine Wohnung 21 km von seinem Beschäftigungsort entfernt. Darüber hinaus bewohnte er seit Januar 2009 eine zweite Wohnung an dem Ort, an dem sich in den Streitjahren 2010 bis 2012 seine Arbeitsstätte befand. Nach den Angaben in den Einkommensteuererklärungen suchte der Kläger seine Arbeitsstätte von dieser Wohnung aus im Jahr 2010 an 203 Tagen, im Jahr 2011 an 210 Tagen und im Jahr 2012 an 190 Tagen auf. Die bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend gemachten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung erkannte das Finanzamt nicht an. Auch die Klage beim FG blieb ohne Erfolg. Der Bundesfinanzhof betonte in seinem Urteil, dass eine Wohnung dem Wohnen am Beschäftigungsort dient, wenn sie dem Arbeitnehmer ungeachtet von Gemeinde- oder Landesgrenzen ermöglicht, seine Arbeitsstätte täglich aufzusuchen. Eine doppelte Haushaltsführung liegt also nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und zusätzlich auch am Beschäftigungsort wohnt. Der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäftigungsort müssen demnach auseinander fallen. Nur dann ist der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG beschäftigt. Im Streitfall hatte das FG festgestellt, dass der einfache Arbeitsweg des Klägers von der ersten Wohnung zu seiner regelmäßigen Arbeitsstätte 21 km betrug. Es schätzte die Fahrzeit für diese Wegstrecke mit dem PKW auf 37 Minuten, für die Fahrt mit der S-Bahn auf 46 bis 50 Minuten und für die Fahrt mit Bus und U-Bahn auf etwa 57/60 bis 65 Minuten. Demzufolge hätte der Kläger seine regelmäßige Arbeitsstätte von dieser Wohnung aus in zumutbarer Weise täglich aufsuchen können. Somit führte der Kläger zwar am Ort seiner Arbeitsstätte einen beruflich veranlassten Zweithaushalt, aber auch der vorhandene eigene Hausstand in seiner ersten Wohnung war am Beschäftigungsort gelegen. Demzufolge war keine doppelte Haushaltsführung gegeben, da der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäftigungsort nicht auseinander fallen. Die Entscheidung darüber, ob die fragliche Wohnung so zur Arbeitsstätte gelegen ist, dass der Arbeitnehmer in zumutbarer Weise täglich von dort seine Arbeitsstätte aufsuchen kann, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das FG. Dieses hat zu Recht die erste Wohnung als Wohnung am Beschäftigungsort gewertet. Die Lebenshaltungskosten für die zweite Wohnung sind daher nicht beruflich veranlasst.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz