Insolvenzbedingter Ausfall einer privaten Darlehensforderung als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen
von Björn Keller
Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung führt nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust in der privaten Vermögenssphäre. Von einem Forderungsausfall ist jedoch erst dann auszugehen, wenn endgültig feststeht, dass keine weiteren Rückzahlungen mehr erfolgen werden. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners reicht hierfür in der Regel nicht aus. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 24.10.2017 (VIII R 13/15) für den Fall der Insolvenzeröffnung beim Darlehensnehmer. Im Streitfall gewährte der Kläger einem Dritten im Jahr 2010 ein verzinsliches Darlehen. Seit August 2011 erfolgten keine Rückzahlungen mehr. Über das Vermögen des Darlehensnehmers wurde am 01.08.2012 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger meldete die noch offene Darlehensforderung zur Insolvenztabelle an und machte den Ausfall der Darlehensforderung in seiner Einkommensteuererklärung für 2012 als Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Dem folgten Finanzamt und FG nicht. Nach ihrer Meinung würden Aufwendungen, die das Kapital eines Darlehens betreffen, nicht von § 20 EStG in der im Streitjahr geltenden Fassung berücksichtigt. Die Revision hiergegen hatte Erfolg. Der Bundesfinanzhof hob das Urteil des FG auf. Er stellte klar, dass mit der Einführung der Abgeltungsteuer seit 2009 eine vollständige steuerrechtliche Erfassung aller Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen erreicht werden soll. Dafür wurde die traditionelle quellentheoretische Trennung von Vermögens- und Ertragsebene für Einkünfte aus Kapitalvermögen aufgegeben. In der Folge dieses Paradigmenwechsels führt der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG zu einem steuerlich zu berücksichtigenden Verlust. Insoweit ist eine Rückzahlung der Kapitalforderung, die (ohne Berücksichtigung der gesondert erfassten Zinszahlungen) unter dem Nennwert des hingegebenen Darlehens bleibt, dem Verlust bei der Veräußerung der Forderung gleichzustellen. Aus dieser Gleichstellung folgt, dass die Fälle der Veräußerung und der Rückzahlung im Rahmen der Gewinnermittlung gemäß § 20 Abs. 4 EStG den gleichen Grundsätzen unterliegen. Ein steuerbarer Verlust aufgrund eines Forderungsausfalls liegt allerdings erst dann vor, wenn endgültig feststeht, dass keine weiteren Rückzahlungen mehr erfolgen werden. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners besagt in der Regel noch nicht, ob tatsächlich keinerlei Rückzahlungen mehr möglich sind. Etwas anderes gilt, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird oder aus anderen Gründen feststeht, dass keine Rückzahlung mehr zu erwarten ist. Deshalb muss im Streitfall das FG dazu in einem zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen treffen. Inwieweit diese Grundsätze auch für einen Forderungsverzicht oder etwa den Verlust aus der Auflösung einer Kapitalgesellschaft gelten, war im Rahmen der Revision nicht Gegenstand der Entscheidung. Jedoch dürfte die mit der Abgeltungsteuer eingeführte Quellenbesteuerung die traditionelle Beurteilung von Verlusten auch in diesen Fällen beeinflussen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz