Häuslicher Übungsraum eines Berufsmusikers gilt als Arbeitszimmer

von Björn Keller

Mit Urteil vom 10.10.2012 stellte der Bundesfinanzhof klar, dass das häusliche Übungszimmer eines Berufsmusikers als Arbeitszimmer zu werten ist. Gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG können Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer sowie die Kosten der Ausstattung nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Die Höhe der abziehbaren Aufwendungen ist auf 1.250 EUR pro Jahr begrenzt, wenn kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die Beschränkung der Höhe gilt nur dann nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet.

Im Streitfall hatte eine Klarinettistin bei der Ermittlung ihrer Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit für das Streitjahr 2007 Betriebsausgaben in Höhe von 3.086,33 EUR für einen innerhalb ihrer Wohnung gelegenen Probenraum geltend gemacht. Der Betrag entsprach 21,49 % der anteiligen Raumgröße und somit der Gesamtkosten der Wohnung. Das Finanzamt berücksichtigte die Raumkosten im Einkommensteuerbescheid 2007 nicht, da der Raum die Eigenschaft eines Arbeitszimmers aufweise und nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit der Klägerin bilde. Im Klageverfahren vor dem FG belegte die Musikerin mit Fotos, dass sich in dem Übungszimmer ausschließlich Musikinstrumente, ein Sekretär mit Werkzeugen und Materialien zur Präparation von Klarinettenmundstücken sowie Regale zur Aufbewahrung von Noten, Werkanalysen etc. befanden. Ein Schreibtisch, Computer, Telefon und dergleichen waren nicht vorhanden. Das FG gab der Klage mit seinem Urteil vom 13.10.2010 mit der Begründung statt, der von der Klägerin als Übungszimmer genutzte Raum sei kein Arbeitszimmer im Sinne des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung. Dem widersprach nun der Bundesfinanzhof. Zwar ist typischerweise ein häusliches Arbeitszimmer mit Büromöbeln und einem Schreibtisch eingerichtet, doch ist dies nicht zwingend erforderlich. Es muss auch nicht nach Funktion und Ausstattung nur zur büromäßigen Erledigung konzeptioneller und organisatorischer Arbeiten bestimmt sein. Ein beruflich genutzter Archivraum mit Büchern und Akten kann ebenso der vorbereitenden und unterstützenden Erledigung gedanklicher, schriftlicher oder verwaltungstechnischer Arbeiten dienen und dadurch Teilfunktionen erfüllen, die üblicherweise einem häuslichen Arbeitszimmer zukommen. Analog ist das Übungszimmer der Klägerin zu bewerten, in dem Noten, Partituren, CDs und musikwissenschaftliche Literatur aufbewahrt wurden. Mit dem Präparieren der Klarinettenmundstücke und dem Erarbeiten, Einstudieren und Proben von Musikstücken bereitete sie sich auf ihre eigentliche Beschäftigung vor, nämlich dem Aufführen im Rahmen eines Orchesters und zwar außerhalb des Übungsraumes. Damit unterscheidet sich die Nutzung des Zimmers durch die Klägerin nicht wesentlich von der durch Angehörige anderer Berufe, wie beispielsweise Hochschullehrern, Dozenten oder Rechtsanwälten, die im häuslichen Arbeitszimmer Vorträge und Vorlesungen vorbereiten oder Schriftsätze abfassen.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Hintergründe zur Nachricht:

Berufsmusiker darf Kosten für ein häusliches Übungszimmer uneingeschränkt steuerlich absetzen

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