Erste Tätigkeitsstätte eines Polizeibeamten im Einsatz- und Streifendienst nach neuem Reisekostenrecht

von Björn Keller

Der Bundesfinanzhof bestätigte mit seinem Urteil vom 04.04.2019 (VI R 27/17) die Verfassungsmäßigkeit des neuen Reisekostenrechts, das seit dem Jahr 2014 den Werbungskostenabzug für nicht ortsfest eingesetzte Arbeitnehmer und Beamte (beispielsweise Streifenpolizisten) einschränkt. Der Streitfall betraf einen Polizisten, der arbeitstäglich seine Dienststelle aufsuchte. Dort zog er seine Uniform an, nahm an Dienstantrittsbesprechungen teil und erledigte anfallende Schreibarbeiten. In seiner Einkommensteuererklärung für 2015 machte er Fahrtkosten von seiner Wohnung zur Polizeidienststelle sowie Verpflegungsmehraufwendungen entsprechend der bisherigen Dienstreisegrundsätze geltend. Da er schwerpunktmäßig außerhalb der Polizeidienststelle im Außendienst tätig war, nahm er an, dass keine erste Tätigkeitsstätte vorliege. Das Finanzamt sah das jedoch anders. Es berücksichtigte Fahrtkosten nur in Höhe der Entfernungspauschale. Grundsätzlich sind zwar beruflich veranlasste Fahrtkosten von nichtselbständig Beschäftigten in Höhe des tatsächlichen Aufwands als Werbungskosten abziehbar. Für den Weg zwischen der Wohnung und dem Arbeits- oder Dienstort bestehen allerdings Abzugsbeschränkungen, sodass nur die sogenannte Pkw-Entfernungspauschale in Höhe von 0,30 € je Entfernungskilometer geltend gemacht werden kann. Die Mehraufwendungen für Verpflegung wurden komplett abgelehnt. Nachdem das FG die Klage abwies, bestätigte auch der Bundesfinanzhof die Auffassung der Vorinstanzen. Er stellte klar, dass es nach neuer Rechtslage zur Feststellung einer ersten Tätigkeitsstätte ausreicht, wenn der Arbeitnehmer (Beamte) an diesem Ort zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat. Für die Frage der Zuordnung ist entscheidend, ob der Arbeitnehmer aus der Sicht ex ante nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen unbefristet an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers tätig werden soll. Dies war nach den Feststellungen des FG bei dem Streifenpolizisten im Hinblick auf Schreibarbeiten und Dienstantrittsbesprechungen der Fall. Entgegen der bis 2013 geltenden Rechtslage kommt es für die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht mehr an. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Neuregelung verneint der Bundesfinanzhof. Der Gesetzgeber habe sein Regelungsermessen nicht überschritten, da sich Arbeitnehmer in unterschiedlicher Weise auf die immer gleichen Wege einstellen und so auf eine Minderung der Wegekosten hinwirken können.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

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