Erschütterung des Anscheinsbeweises für die Privatnutzung eines PKWs bei weiteren gleichwertigen Fahrzeugen im Privatvermögen

von Björn Keller

Mit seinem Urteil vom 21.03.2018 (7 K 388/17 G,U,F) entschied das FG Münster, dass der bestehende Anscheinsbeweis für die private Nutzung eines im Betriebsvermögen einer Personengesellschaft befindlichen PKWs durch weitere gleichwertige Fahrzeuge im Privatvermögen der Gesellschafter erschüttert werden kann. In den Streitjahren 2012 bis 2014 hielt die Klägerin, eine GmbH & Co. KG, im Betriebsvermögen einen BMW X3, den unstrittig verschiedene Arbeitnehmer für Technikereinsätze, Botengänge, Auslieferungen und als Ersatzfahrzeug nutzten. Allerdings wurde kein Fahrtenbuch geführt und auch kein privater Nutzungsanteil erklärt. An der Klägerin waren drei Kommanditisten, ein Vater und zwei Söhne, beteiligt. Dem Vater standen privat von 2012 bis 2013 ein Mercedes S 420 und danach ein BMW 750 Ld zur Verfügung. Seine Ehefrau fuhr einen BMW Z4 bis sie aus gesundheitlichen Gründen kein Fahrzeug mehr führte. Einer der beiden Söhne war ledig und wohnte bei seinen Eltern. Ihm stand während des gesamten Streitzeitraumes ein privater BMW 320d Touring zur Verfügung, den später auch andere Familienmitgliedern nutzten. Er selbst fuhr zusätzlich einen BMW Z4, den vorher seine Mutter hatte. Der zweite Sohn lebte mit seiner Familie ca. 7 km vom Betriebsgelände der Klägerin entfernt. Er nutzte einen BMW 530d Touring und seine Ehefrau zunächst einen Opel Corsa, später einen Citroën C3. Das Finanzamt setzte in den Streitjahren 2012 bis 2014 für den betrieblichen BMW X3 einen Privatnutzungsanteil an, den es sowohl für Zwecke der Ertragsteuern als auch für die Umsatzsteuer nach der sogenannten 1%-Regelung berechnete. Für eine private Nutzung des Pkw spreche der Beweis des ersten Anscheins. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit der Begründung, dass allen Gesellschaftern in den Streitjahren ausreichend Fahrzeuge zur Verfügung gestanden hätten, die dem Betriebsfahrzeug in Status und Gebrauchswert zumindest vergleichbar waren. Zudem hätten die Ehefrauen eigene Fahrzeuge zur privaten Nutzung gehabt. Das FG Münster gab der Klage statt. Zwar entspreche es grundsätzlich der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein betriebliches Kraftfahrzeug, das zum privaten Gebrauch geeignet ist, auch privat genutzt wird. Im Streitfall gebe es jedoch dafür keinen Anscheinsbeweis. Die private Nutzung des betrieblichen Fahrzeugs sei nicht nachweisbar und aufgrund der ausreichenden und gleichwertigen Fahrzeuge im Privatvermögen auch höchst unwahrscheinlich.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz