Das bloße Aufgreifen einer Gestaltungsidee rechtfertigt nicht die Annahme eines Steuerstundungsmodells

von Björn Keller

Wie der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 17.01.2017 entschied, führt das bloße Aufgreifen einer in Fachkreisen bekannten Gestaltungsidee nicht ohne Weiteres zu der Annahme eines Steuerstundungsmodells. Für ein solches ist Voraussetzung, dass auf ein vorgefertigtes Konzept zurückgegriffen wird. Dieses muss von einer vom Steuerpflichtigen verschiedenen Person (Anbieter/Initiator) erstellt worden sein. Charakteristisch ist dabei die Passivität des Steuerpflichtigen (Investor/Anleger) bei der Entwicklung der Geschäftsidee und der Vertragsgestaltung. Setzt aber dieser eine von ihm selbst oder von seinem Berater entwickelte oder modifizierte und individuell angepasste Investition um, handelt sich um eine individuelle Gestaltung der Investition. Diese ist weder von § 15b EStG erfasst, noch als vom Gesetz missbilligte Gestaltung zur Vermeidung der Verlustverrechnungsbeschränkung des § 15b EStG anzusehen. Die eindeutige Feststellung, ob ein Steuerstundungsmodell vorliegt, ist insofern wichtig, weil Verluste aus Steuerstundungsmodellen nur sehr beschränkt verrechnet werden können. Verluste im Zusammenhang mit einem Steuerstundungsmodell mindern nur Einkünfte, die der Steuerpflichtige in Folgejahren aus derselben Einkunftsquelle erzielt. Eine Verrechnung mit anderen Einkünften ist ausgeschlossen. Im Urteilsfall hatte die Klägerin, eine GmbH & Co, über die Beteiligung an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft eine zu 100 % fremdfinanzierte Inhaberschuldverschreibung mit indexbezogener Bonuszinsabrede erworben. Hierzu hatte sie einen Rechtsanwalt beauftragt. Dieser erstellte Berechnungen zur Vorteilhaftigkeit einer entsprechenden Investition an. Zudem führte er konkrete Verhandlungen über die Konditionen der Schuldverschreibung und des der Finanzierung dienenden Darlehens unter Berücksichtigung der individuellen wirtschaftlichen und steuerlichen Verhältnisse der Klägerin. Im Streitjahr 2006 führte die Zahlung der Darlehenszinsen und des Disagios zu einem erheblichen Verlust, den die Klägerin uneingeschränkt geltend machte. Finanzamt und FG erkannten das nicht an und unterwarfen den Verlust der Verrechnungsbeschränkung eines Steuerstundungsmodells im Sinne des § 15b EStG. Der Bundesfinanzhof widersprach dieser Auffassung. Er stellte klar, dass es für die Annahme eines Steuerstundungsmodells nicht genügt, dass eine rechtliche Gestaltung vorliegt. Auch, wenn diese auf steuerliche Vorteile durch Verlustabzug/-verrechnung ausgelegt ist und ohne die Möglichkeit einer sofortigen Verlustverrechnung nicht gewählt worden wäre. Voraussetzung für die Annahme eines Steuerstundungsmodells ist stets die Nutzung eines vorgefertigten Konzeptes. Das bedeutet, dass eine von einem Anbieter abstrakt entwickelte Investitionskonzeption am Markt zur Verfügung steht, auf die der Anleger lediglich noch zugreifen muss. Wenn aber der Anleger - wie im Streitfall - eine von ihm selbst bzw. seinem Berater entwickelte und individuell angepasste Investition tätigt, fehlt dieses vorgefertigte Konzept.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz