Bundesfinanzhof verwirft Sanierungserlass des Bundesministeriums der Finanzen
von Björn Keller
Mit seiner Entscheidung vom 28.11.2016 verwirft der Bundesfinanzhof die im Sanierungserlass des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vorgesehene Steuerbegünstigung von Sanierungsgewinnen. Nach seiner Auffassung verstößt die Regelung gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Er stellte klar, dass durch die vom Gläubiger erlassenen Schulden zum Zwecke der Sanierung ein Sanierungsgewinn entsteht, der das Betriebsvermögen erhöht und somit steuerbar ist. Bis zum Veranlagungszeitraum 1997 war das anders. Sanierungsgewinne konnten in voller Höhe steuerlich abgesetzt werden. Voraussetzung war die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens, der volle oder teilweise Erlass seiner Schulden, die bestehende Sanierungsabsicht der Gläubiger sowie die Sanierungseignung des Schuldenerlasses. Seit Aufhebung dieser Vorschrift durch das Gesetz zur Fortsetzung der Unternehmenssteuerreform vom 29.10.1997 ist ein Sanierungsgewinn grundsätzlich steuerpflichtig. Eine Steuerbefreiung kann nur durch Billigkeitsmaßnahmen im Einzelfall erreicht werden. In seinem Sanierungserlass von 2003 hat das BMF demgegenüber in einer allgemeinverbindlichen Verwaltungsanweisung geregelt, dass Ertragsteuern auf einen Sanierungsgewinn unter ähnlichen Voraussetzungen wie unter der früheren Rechtslage erlassen werden können. Liegt ein Sanierungsplan vor, wird davon ausgegangen, dass die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Eine Prüfung im Einzelfall, ob persönliche oder sachliche Billigkeitsgründe vorliegen, findet nicht mehr statt. Im Streitfall hatte ein Einzelunternehmer über mehrere Jahre mit Verlust gearbeitet. Im Dezember 2007 verzichteten einige Banken auf nicht bedienbare Forderungen. Das Finanzamt berücksichtigte die Forderungsverzichte bei den Einnahmen aus Gewerbebetrieb. Der vom Unternehmer beantragte Erlass der Steuern für 2007 aus dem Sanierungsgewinn wurde abgelehnt. Da auch im Folgejahr ein Verlust eintrat, wurde eine Sanierungseignung grundsätzlich angezweifelt. Das Finanzamt erklärte in seiner Einspruchsentscheidung, dass dem Unternehmer keine Billigkeitsmaßnahme nach dem Sanierungserlass zustehe. Die erhobene Klage beim FG hatte ebenso keinen Erfolg. Im Revisionsverfahren kam der Bundesfinanzhof zu dem Schluss, dass der Sanierungserlass gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt. Der Gesetzgeber hat im Jahr 1997 ausdrücklich entschieden, dass Sanierungsgewinne der Einkommen- oder Körperschaftsteuer unterliegen sollen. An diese geltende Gesetzeslage muss sich auch die Finanzverwaltung halten und darf keine strukturelle Gesetzeskorrektur vornehmen. Da die Besteuerung des Sanierungsgewinns im Hinblick auf das verfolgte Sanierungsziel durchaus auch problematisch sein kann, verweist der Bundesfinanzhof deshalb darauf, dass seine Entscheidung Billigkeitsmaßnahmen nicht ausschließt. Voraussetzung ist, dass in jedem Einzelfall tatsächlich ein Billigkeitsgrund für die Ausnahme von der Besteuerung vorliegt. Zukünftig ist davon auszugehen, dass finanzgerichtliche Klagen auf Gewährung einer Steuerbegünstigung mit Bezug auf den Sanierungserlass keinen Erfolg mehr haben werden. Die Entscheidung des Bundesfinanzhofs ist insofern von grundlegender Bedeutung für die Besteuerung insolvenzgefährdeter Unternehmen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz