Buchwertfortführung bei Ausscheiden aus einer Personengesellschaft gegen Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern

von Björn Keller

Mit zwei Urteilen vom 16.03.2017 und 30.03.2017 entschied der Bundesfinanzhof, dass künftig Gesellschafter weitergehend als bisher aus ihren Personengesellschaften gewinnneutral und damit ohne Aufdeckung stiller Reserven ausscheiden können. Der Bundesfinanzhof stellt klar, dass eine sogenannte gewinnneutrale Realteilung in allen Fällen der Sachwertabfindung eines ausscheidenden Gesellschafters vorliegt, wenn er die erhaltenen Wirtschaftsgüter weiter als Betriebsvermögen verwendet. So wird eine Buchwertfortführung auch dann ermöglicht, wenn die Abfindung nicht in der Übertragung eines Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils, sondern in der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter besteht. Damit werden die Auflösung der Gesellschaft mit anschließender Verteilung der Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens unter den Gesellschaftern und das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer fortbestehenden Gesellschaft gleichgestellt. Bei der Auflösung der Gesellschaft handelt es sich laut Bundesfinanzhof um eine „echte Realteilung“. Beim Ausscheiden aus einer fortbestehenden Gesellschaft gegen Abfindung mit Gesellschaftsvermögen handelt es sich hingegen um eine „unechte Realteilung“. Im ersten Streitfall (IV R 31/14) hatten Vater und Sohn eine von ihnen gemeinsam betriebene GmbH & Co. KG aufgelöst und im Handelsregister gelöscht. Die Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens wurden entsprechend der Gesellschafteranteile (Vater – 10%, Sohn – 90%) aufgeteilt. Seinen Anteil des ehemaligen Gesellschaftsvermögens setzte der Sohn in ein neu gegründetes Einzelunternehmen für seine alleinige weitere betriebliche Tätigkeit ein. Das Finanzamt lehnte eine gewinnneutrale Realteilung ab, weil die betriebliche Tätigkeit fortgesetzt worden sei. Der Bundesfinanzhof stellte jedoch klar, dass die Tätigkeit der von Vater und Sohn gemeinsam betriebenen Gesellschaft infolge ihrer Auflösung und Vollbeendigung eingestellt wurde. Deshalb fand eine echte gewinnneutrale Realteilung statt. Im zweiten Streitfall (IV R 11/15) hatte ein Gesellschafter seinen Anteil an einer KG zunächst in eine neu gegründete Ein-Mann-GmbH & Co. KG eingebracht. Diese schied sogleich unter demselben Datum aus der KG aus. Zur Abfindung erhielt die ausscheidende neue Gesellschaft alle Wirtschaftsgüter eines nicht als Teilbetrieb organisierten Geschäftsbereichs der KG, den sie anschließend fortführte. Die Finanzverwaltung wertete die kurz vorher vorgenommene Übertragung vom Gesellschafter auf die neue Gesellschaft als ein gewinnrealisierendes Tauschgeschäft. Sie war deshalb mit der Anwendung von Realteilungsgrundsätzen beim Ausscheiden gegen Abfindung mit einzelnen Wirtschaftsgütern nicht einverstanden. Sie war der Ansicht, eine Gewinnneutralität könnte nur dann gewährt werden, wenn der ausscheidende Gesellschafter einen Teilbetrieb oder einen Mitunternehmeranteil erhält. Gegen diese Auffassung wendet sich der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil ausdrücklich. Er wertet diesen Vorgang als eine gewinnneutrale unechte Realteilung. Zudem verweist er darauf, dass die Handhabung der Finanzverwaltung insbesondere dann negative Auswirkungen haben kann, wenn der ausscheidende Gesellschafter mit den erhaltenen Wirtschaftsgütern verbundene Schulden oder sonstige Verpflichtungen übernimmt.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz