Anscheinsbeweis und 1-%-Regelung

von Björn Keller

Der Beweis des ersten Anscheins, der für eine private Nutzung betrieblicher PKW spricht, ist entkräftet, wenn für private Fahrten andere Fahrzeuge zur Verfügung stehen, die dem betrieblichen Fahrzeug in Status und Gebrauchswert vergleichbar sind. So entschied der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 04.12.2012. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG ist die private Nutzung eines Fahrzeuges, das zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises zum Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattungen einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen. Diese Bewertungsregel kommt nicht zum Tragen, wenn das Fahrzeug nachweislich nicht privat genutzt wurde. Im entschiedenen Fall war innerhalb einer GbR auf einen der Gesellschafter im Streitjahr 1999 ein PKW Porsche 911 zugelassen, der zum Betriebsvermögen der Gesellschaft gehörte. Das Finanzamt bezog im Streitjahr bei der Gewinnfestsetzung für die Gesellschaft einen privaten Nutzungsanteil für den PKW Porsche 911 in Höhe von 21.166 DM ein. Bei der Veranlagung ging es davon aus, dass die Zulassung des Wagens auf den Gesellschafter während des gesamten Kalenderjahres bestanden hatte. Entsprechend wurde bei der Festsetzung der Umsatzsteuer verfahren. Während des Klageverfahrens vor dem FG stellte sich allerdings heraus, dass die Zulassung für den PKW Porsche 911 im Streitjahr nur von April bis November auf den Gesellschafter lief. Während des gesamten Streitjahres war daneben ein in seinem Privatvermögen befindlicher Porsche 928 S4 und von Juli bis Dezember zudem ein Volvo V70 T5 auf ihn zugelassen. Das FG gab der Klage des Gesellschafters insoweit statt, als das Finanzamt für die Zeiträume vor und nach der Zulassung des Wagens auf ihn einen privaten Nutzungsanteil angesetzt hatte. Das Finanzamt ging in Revision, die der Bundesfinanzhof jedoch zurückwies. Der Gesellschafter habe den Beweis des ersten Anscheins, der für eine private Nutzung des betrieblichen PKW Porsche 911 spreche, entkräftet. Die Zeit, in der das Fahrzeug nicht auf ihn zugelassen war, scheide für jegliche private Nutzung aus. Zudem haben ihm gleichwertige Fahrzeuge zur privaten Nutzung zur Verfügung gestanden. Der im Privatvermögen befindliche PKW Porsche 928 S4 ist dem betrieblich genutzten Porsche 911 in etwa gleichwertig. Da die Ehefrau in der zweiten Jahreshälfte 1999 über einen im Privatvermögen befindlichen Kombi Volvo V70 T5 verfügen konnte, sei der Beweis des ersten Anscheins, der für eine private Nutzung des betrieblichen Kraftfahrzeugs Porsche 911 ihrerseits spreche, auch für den Zeitraum Juli bis November 1999 erschüttert. Hinzu kommt, dass die Frau einen Haushalt mit fünf minderjährigen Kindern zu bewältigen hatte, wofür logischerweise der Kombi Volvo V70 T5 genutzt wurde. Es wäre Aufgabe des Finanzamts gewesen, die private Nutzung des PKW Porsche 911 durch den Gesellschafter im fraglichen Zeitraum zu beweisen.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

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