Anforderungen an das Schonvermögen eines Unterhaltsempfängers beim Abzug von Unterhaltsleistungen als außergewöhnliche Belastungen

von Björn Keller

Mit seinem Urteil vom 29. Februar 2024 (VI R 21/21) stellte der Bundesfinanzhof klar, dass Unterhaltsleistungen nur dann als außergewöhnliche Belastungen von der Einkommensteuer abgezogen werden dürfen, wenn das Vermögen des Unterhaltsempfängers 15.500 € (das sogenanntes Schonvermögen) nicht übersteigt. Zudem betonte er, dass die monatlichen Unterhaltsleistungen nicht in die Vermögensberechnung einzubeziehen sind, da sie der Existenzsicherung und nicht dem Vermögensaufbau dienen. Im Streitfall machten die Kläger Unterhaltszahlungen an den volljährigen Sohn als außergewöhnliche Belastungen gemäß § 33a Abs. 1 Satz 1 EStG geltend. Es ging um den Zeitraum 01. Januar bis 30. September 2019 (Abschluss des Studiums). Das Bankkonto des Sohnes wies zum 01. Januar 2019 ein Guthaben von 15.950 € aus. In dem Betrag war eine Ende Dezember 2018 geleistete Unterhaltsvorauszahlung für Januar 2019 in Höhe von 500 € enthalten. Das Finanzamt lehnte den Abzug der Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastungen ab, da der Sohn über ausreichend eigenes Vermögen verfüge. Es bezog sich dabei auf die geltenden Einkommensteuerrichtlinien und die ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wonach das Vermögen des Unterhaltsempfängers die Grenze von 15.500 € nicht überschreiten darf. Das FG bestätigte die Sichtweise des Finanzamts und wies die Klage ab. Der Bundesfinanzhof widersprach dem und gab der Klage grundsätzlich statt.  Zunächst bestätigte er die Auffassung des FG, dass die seit 1975 unveränderte Höhe des Schonvermögens von 15.500 € trotz der seither eingetretenen Geldentwertung weiterhin gelte. Damit lag das Schonvermögen auch im Streitjahr 2019 noch deutlich oberhalb des steuerlichen Grundfreibetrags in Höhe von 9.168 € und unterschritt auch nicht das Vermögen, das Bedürftigen als sogenannter Notgroschen laut Zivil- und Sozialrecht zusteht. Allerdings teilt der Bundesfinanzhof nicht die Auffassung des FG bei der Vermögensberechnung. Die monatlichen Unterhaltsleistungen der Kläger seien nicht sofort in die Vermögensberechnung einzubeziehen. Angesparte und noch nicht verbrauchte Unterhaltsleistungen werden grundsätzlich erst nach Ablauf des Kalenderjahres ihres Zuflusses zu abzugsschädlichem Vermögen. Hierbei wird berücksichtigt, dass die Unterhaltsleistungen nicht monatsgetreu, sondern im Verlauf eines Jahres schwankend verbraucht werden. Daher gelte im Streitfall die im Dezember erfolgte Unterhaltszahlung für den Januar 2019 auch erst im Jahr 2019 als bezogen. Somit   seien beim Vermögen zum 01. Januar 2019 nur 15.450 € zu berücksichtigen, womit die Höhe des Schonvermögens nicht überschritten werde und demzufolge die für den Sohn gezahlten Unterhaltsleistungen bei den Klägern als außergewöhnliche Belastungen gelten.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

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