Aktien eines Börsenbetreibers bei einem Börsenmakler

von Björn Keller

Werden einem selbständigen Kursmakler Anteile einer AG zur Erfüllung einer Courtageanforderung übertragen, gelangen die Anteile im Erwerbszeitpunkt in das Betriebsvermögen. Ihre spätere Entnahme ist dadurch nicht ausgeschlossen. Die Entnahme erfordert eine unmissverständliche, von einem Entnahmewillen getragene Entnahmehandlung. Darüber hinaus muss der Steuerpflichtige die Folgerungen aus der Entnahme ziehen, wie etwa die Versteuerung des Entnahmegewinns. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 29.09.2016. Im Streitfall war der Kläger als amtlich bestellter Kursmakler an einer Wertpapierbörse tätig. Hieraus erzielte er Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die er durch Betriebsvermögensvergleich ermittelte. Die Mitglieder der Kursmaklerkammer hatten 1990 einstimmig beschlossen, im Rahmen einer bevorstehenden Kapitalerhöhung 5 % der Aktien zu zeichnen. Die Kosten dafür wurden zu gleichen Teilen mit den Ansprüchen der Kursmakler gegenüber dem Courtagepool verrechnet, aus dem die monatlichen Maklercourtagen gezahlt wurden. Im Oktober 1996 fassten die Kursmakler den Beschluss, den größten Teil der von der Kursmaklerkammer gehaltenen Aktien anteilig an alle Kammermitglieder zu übertragen, was im Februar 1997 erfolgte. Auf jedes der Kammermitglieder entfielen 1.050 Aktien. Der Kläger buchte am 31.03.1997 "Entnahme" an "Erlöse aus Courtagepool" mit einem Betrag von 210.000 DM (1.050 x 200 DM). Die jährlichen Dividendenerträge aus den Aktien erklärte er im Rahmen seiner Einkünfte aus Kapitalvermögen. Zum 31.12.2000 brachte der Kläger sein Einzelunternehmen in eine nach ihm benannte Wertpapierhandels-GmbH ein. Da sich nach seiner Auffassung die Aktien im Privatvermögen befanden, wurden diese nicht mit in die GmbH eingebracht. Im Rahmen einer Außenprüfung in 2005 gelangte das Finanzamt zu der Auffassung, dass die im Eigentum des Klägers stehenden Aktien der AG notwendiges Betriebsvermögen des Kursmaklergewerbes des Klägers darstellten. Daher seien sie mit den Anschaffungskosten in Höhe von 107.371,29 EUR zu aktivieren und die Dividendenausschüttungen der Streitjahre 1999 und 2000 den Betriebseinnahmen zuzuordnen. Damit erhöhe sich der Gewinn der betreffenden Jahre. Das Finanzamt änderte die Einkommensteuerklärungen für die Streitjahre entsprechend. Nachdem das FG dem Kläger Recht gab, ging das Finanzamt in Revision. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass die Aktien zum Zeitpunkt ihres Erwerbs Teil des notwendigen Betriebsvermögens des Klägers wurden, da die Anschaffung einen betrieblichen Vorgang darstellte. Eine Entnahme in das Privatvermögen war durchaus möglich. Allerdings belegten die vom FG getroffenen Feststellungen nicht, dass der Kläger die Aktien tatsächlich wirksam seinem Betriebsvermögen entnommen und mit welcher Entnahmemaßnahme er den Funktionszusammenhang der Aktien zum Betriebsvermögen gelöst hat. Auch war seitens des FG nicht festgestellt worden, ob der Steuerpflichtige die naheliegenden steuerlichen Folgerungen aus der Entnahme gezogen und einen Entnahmegewinn erklärt hat. Das FG muss deshalb im zweiten Rechtsgang die fehlenden Informationen einholen. Wäre die Entnahmehandlung nicht eindeutig, ginge dies zulasten des Klägers.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz