Absetzungen für Abnutzung beim Erwerb von Vertragsarztpraxen

von Björn Keller

Die Vertragsarztzulassung vermittelt ein höchstpersönliches, öffentlich-rechtliches Statusrecht, das dazu berechtigt, gesetzlich krankenversicherte Patienten zu behandeln und die Leistungen gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen abzurechnen. Sie darf beim Erwerb einer Praxis nicht vom Zulassungsinhaber direkt an den Erwerber veräußert werden. In zulassungsbeschränkten Gebieten kann sie in einem sogenannten Nachbesetzungsverfahren erteilt werden. In dem Zusammenhang stellte der Bundesfinanzhof mit zwei Urteilen vom 21.02.2017 klar, dass beim Erwerb nur der Vertragsarztzulassung keine Absetzungen für Abnutzung (AfA) zulässig sind. Der Erwerbsgegenstand muss die gesamte Praxis (Praxiswert, Inventar) sein. Der Bundesfinanzhof begründete dies damit, dass die Vertragsarztzulassung allein nicht abschreibbar ist, da sie keinem Wertverzehr unterliegt. Sie kann von ihrem Inhaber solange er sie inne hat, gleichbleibend in Anspruch genommen werden. Zudem kann er den aus ihr resultierenden wirtschaftlichen Vorteil im Rahmen eines Nachbesetzungsverfahrens durch Überleitung auf einen Nachfolger verwerten. Der Wert dieses immateriellen Wirtschaftsgutes erschöpft sich also nicht in einer bestimmten bzw. bestimmbaren Zeit. Wird vom Erwerber einer Vertragsarztpraxis ein Zuschlag zum Verkehrswert (Überpreis) gezahlt, ist davon auszugehen, dass Gegenstand der Übertragung die Praxis des Übergebers als Chancenpaket ist. Der Vorteil aus der Zulassung als Vertragsarzt ist dabei im Praxiswert untrennbar als abschreibbares immaterielles Wirtschaftsgut enthalten. Im ersten Fall (VIII R 7/14) erwarb eine fachärztliche Gemeinschaftspraxis die Vertragsarztpraxis eines Kassenarztes. Sie übernahm einige Mitarbeiter und das Patientenarchiv, nicht aber die Praxisräume. Der Kaufpreis basierte auf den durchschnittlichen Einnahmen aus der Untersuchung und Behandlung der gesetzlich und privat versicherten Patienten samt eines Zuschlags. Die Zahlung war abhängig von der erfolgreichen Zulassung der Einzelpraxis an eine Gesellschafterin der Gemeinschaftspraxis in einem Nachbesetzungsverfahren. Entgegen der Auffassung des Finanzamts stellte der Bundesfinanzhof klar, dass der Erwerb einer Praxis als Chancenpaket auch vorliegt, wenn eine Gemeinschaftspraxis (Personengesellschaft) eine Einzelpraxis erwirbt und die Vertragsarztzulassung des Einzelpraxisinhabers vom Zulassungsausschuss einem Gesellschafter der Personengesellschaft erteilt wird. Die ärztliche Tätigkeit in den bisherigen Räumen des Einzelpraxisinhabers fortzusetzen, ist dabei nicht maßgeblich. Der Bundesfinanzhof bejahte in diesem Streitfall die AfA-Berechtigung auf den Praxiswert und die übrigen erworbenen Wirtschaftsgüter der Praxis. Im zweiten Fall (VIII R 56/14) schloss der Inhaber einer Einzelpraxis mit dem Neugesellschafter einer Gemeinschaftspraxis einen sogenannten Praxisübernahmevertrag. Dieser stand ebenfalls unter der Bedingung der erfolgreichen Überleitung der Vertragsarztzulassung auf den Erwerber. In dem Fall verneinte allerdings der Bundesfinanzhof die AfA-Berechtigung des Erwerbers, da dieser zwar den Patientenstamm gekauft, aber weder die Patientenkartei noch andere Wirtschaftsgüter des Anlage- und Umlaufvermögens übernommen hatte. Offenbar war er nur an dem wirtschaftlichen Vorteil aus der auf ihn überzuleitenden Vertragsarztzulassung interessiert.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz