2023

Feststellung der Grundstückswerte in Sachsen ist rechtmäßig

Das Sächsische FG in Leipzig erklärte in seinem Urteil vom 24. Oktober 2023 die Feststellung der Grundsteuerwerte auf den 01. Januar 2022 und des Grundsteuermessbetrages auf den 01. Januar 2025 für rechtmäßig (Az. 2 K 574/23). Im entschiedenen Fall hatten die Eigentümer eines Einfamilienhauses gegen die Regelungen des neuen Grundsteuergesetzes und gegen die Sächsischen Sondervorschriften geklagt. Allerdings wies das Sächsische FG die Klage ab. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Kläger können noch Revision beim  Bundesfinanzhof einlegen. Das FG begründete seine Entscheidung damit, dass das Bundesverfassungsgericht mit seinem Urteil vom 10. April 2018 (Az. 1 BvL 11/14) dem Gesetzgeber einen weiten Gestaltungsspielraum zur Neuregelung der seit dem 01. Januar 1935 beziehungsweise dem 01. Januar 1964 geltenden Normen zur Grundsteuer eingeräumt habe. Demnach ist es dem Gesetzgeber erlaubt, die Bewertung des Grundbesitzes möglichst einfach und praktikabel zu gestalten. Damit auch den Anforderungen eines automatisierten Massenverfahrens entsprochen werden kann, darf der Gesetzgeber hierfür generalisieren, typisieren und pauschalieren. Dabei muss er sich jedoch in der Grenze des Gleichheitssatzes des Grundgesetzes bewegen. Das gewählte und ausgestaltete Bemessungssystem muss eine realitätsgerechte und lastengleiche Besteuerung gewährleisten. Das FG betont, dass das aktuelle Regelwerk zur Ermittlung der Grundsteuerwerte und des Grundsteuermessbetrages diesen Anforderungen Rechnung trägt. Das gilt vor allem bei der Berechnung des Ertragswertes einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Immobilie. Hier kann die durchschnittliche Nettokaltmiete zugrunde gelegt werden, ohne alle Eigenheiten des einzelnen Gebäudes zu berücksichtigen. Der Boden darf auf Basis der Feststellungen der örtlichen Gutachterausschüsse gewertet werden. Diese Gremien mit besonderer Sach- und Fachkenntnis der örtlichen Gegebenheiten arbeiten unabhängig von den Finanzämtern. Allerdings dürfen auch Finanzbeamte Mitglied sein. Dem Gesetzgeber ist es gestattet, durch einen höheren Umrechnungskoeffizienten der Bodenwerte dem Umstand Rechnung zu tragen, dass in der Regel die Quadratmeterpreise bei kleineren Grundstücken höher sind. Oberstes Ziel der Sächsischen Sonderregelung zur Steuermesszahl ist es, Wohnraum zu fördern. Dieses legitime Interesse für das Gemeinwohl berechtigt auch zur Anwendung steuerlicher Lenkungsnormen. Auch widerspricht das FG der Auffassung der Kläger, dass die endgültige steuerliche Belastung derzeit mangels Festlegung der kommunalen Hebesätze nicht vorhersehbar sei. Denn das war bereits nach dem alten Grundsteuerrecht auch so, da die Gemeinden noch während des jeweiligen Jahres ihre Hebesätze anpassen konnten. Mit der Entscheidung, die Rechtmäßigkeit der Regelungen des neuen Grundsteuergesetzes sowie der Sächsischen Sonderregelungen klarzustellen, soll für die Bürgerinnen und Bürger, die Finanzämter und die Kommunen Rechtssicherheit bei der Anwendung der Vorschriften des neuen Grundsteuergesetzes geschaffen werden.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Kindergeld für ein behindertes Kind, das Opfer einer Gewalttat wurde

Wie der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 20. April 2023 (III R 7/21) entschied, ist die Grundrente eines behinderten Kindes, das Opfer einer Gewalttat wurde, nicht zu seinen Bezügen hinzuzurechnen. Diese Rente steht daher der Gewährung von Kindergeld nicht entgegen. Im strittigen Fall handelt es sich beim Kläger um den Vater einer volljährigen Tochter, bei der aufgrund einer Gewalttat eine Behinderung vorliegt. Nach dem Opferentschädigungsgesetz erhält sie eine Beschädigtengrundrente. Der Kläger bezog für die Tochter wegen der vorliegenden Behinderung auch nach deren Volljährigkeit Kindergeld. Die Tochter ist zwischenzeitlich verheiratet und hat mit ihrem Ehemann zwei Kinder. Bei der  Ermittlung ihrer gesamten zur Verfügung stehenden Einkünfte und Bezüge für den im Revisionsverfahren strittigen Zeitraum November und Dezember 2019 rechnete die Familienkasse neben dem von ihrem Ehemann zustehenden Unterhaltsanspruch und weiteren Sozialleistungen auch die Beschädigtengrundrente hinzu. Sie kam zu dem Ergebnis, dass sich die Tochter ab Oktober 2019 hätte selbst unterhalten können. Die Kindergeldfestsetzung zugunsten des Klägers hob sie deshalb auf. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage statt. Der Bundesfinanzhof hielt die angestrebte Revision der Familienkasse für unbegründet. Volljährige Kinder, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, werden kindergeldrechtlich unter anderem dann berücksichtigt, wenn sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten, und die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetreten ist (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 EStG). Ob das Kind außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, bestimmt sich anhand eines Vergleichs zwischen dem Grundbedarf und dem behinderungsbedingten Mehrbedarf auf der einen Seite und den Einkünften und Bezügen des Kindes auf der anderen Seite. Das Opferentschädigungsgesetz sieht für die Opfer von Gewalttaten verschiedene Versorgungsleistungen vor. Es kommen insbesondere Heilbehandlungen der Schädigung, einkommensunabhängige Rentenleistungen aufgrund der bleibenden Schädigungsfolgen sowie einkommensabhängige Leistungen mit Lohnersatzfunktion in Betracht. Im Streitfall erhielt das Kind eine Beschädigtengrundrente. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass eine solche Grundrente vor allem der Abdeckung des immateriellen Schadens dient, den das Opfer durch die Gewalttat erlitten hat. Sie soll nicht den Lebensunterhalt des Opfers und seiner Familie sicherstellen. Auch wenn die Beschädigtengrundrente zusätzlich materielle Schäden des Opfers abdecken sollte, wären die einzelnen Leistungsanteile nicht trennbar. Im dem Falle müsste dann auch ein entsprechend höherer behinderungsbedingter Mehrbedarf des Kindes berücksichtigte werden, der mit der Rente lediglich ausgeglichen wird.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Anwendung der 1-%-Regelung bei Handwerker-Kraftfahrzeug

Mit seinem Beschluss vom 31. Mai 2023 (X B 111/22) legte der Bundesfinanzhof fest, dass es jeweils der Einzelfeststellung bedarf, ob bei einem zweisitzigen Handwerkerfahrzeug von einer Privatnutzung durch den Steuerpflichtigen ausgegangen und deren Höhe unter Anwendung der 1-%-Regelung angesetzt werden kann. Für die Begründung einer Schätzungsbefugnis ist es dabei grundsätzlich nicht bedeutsam, ob in der Nummernfolge der Ausgangsrechnungen Lücken vorhanden sind. Auch hierbei ist der Einzelfall zu beurteilen. Im Falle einer Schätzung kann ein Rechtsanwendungsfehler vorliegen, wenn das vom FG gefundene Schätzungsergebnis wirtschaftlich unmöglich ist oder krass von den tatsächlichen Gegebenheiten abweicht und in keiner Weise erkennbar ist, dass überhaupt und welche Schätzungserwägungen angestellt worden sind. Im strittigen Fall betrieb der Kläger in den Jahren 2012 bis 2014 einen Hausmeisterservice.  Zum Betriebsvermögen des Klägers gehörten in den Streitjahren ein Mercedes Benz Vito Baureihe 639 und ein Multicar M26 Profiline. Nach eigenen Angaben besaß der Kläger kein Kraftfahrzeug in seinem Privatvermögen. Das Finanzamt ging daher davon aus, dass der Vito auch privat genutzt wurde und wandte deshalb die 1-%-Regelung an. Die Klage dagegen hatte keinen Erfolg. Das FG stellte fest, dass es sich bei dem Vito um ein lediglich zweisitziges Fahrzeug handelte, das keine Einrichtungen zu betrieblichen Zwecken (beispielsweise fest eingebaute Fächer für Werkzeuge) aufwies. Es schlussfolgerte daher, dass dieses Fahrzeug auch für private Fahrten geeignet ist. Da der Kläger über kein weiteres Kraftfahrzeug verfügte, sei es plausibel, dass er mit dem Vito  auch Privatfahrten unternahm, zumal er im ländlichen Raum lebte. Der Bundesfinanzhof folgt den Auffassungen der Vorinstanzen, obwohl der Kläger erstmals im Beschwerdeverfahren angab, für Privatfahrten stehe ihm als weiteres Kraftfahrzeug ein Moped zur Verfügung. Der Revision wurde nicht stattgegeben. Im Beschwerdeverfahren stellte der Kläger zudem die Schätzungsbefugnis der Vorinstanzen in Frage. Beide begründeten diese mit der lückenhaften Rechnungsnummerierung, den Fehlbeträgen der Geldverkehrsrechnung sowie ungeklärten Einlagen in erheblicher Höhe. In dem Zusammenhang verweist der Bundesfinanzhof darauf, dass es von der tatsächlichen Situation und damit von den Umständen des Einzelfalls abhängig ist, ob Lücken in der Abfolge der Rechnungsnummern zur Schätzung verpflichten. Grundsätzlich ist dies nicht bedeutsam. Da im Streitfall das Schätzungsergebnis nicht auffallend krass von den tatsächlichen Gegebenheiten abweicht und Schätzungserwägungen nicht erkennbar sind, sind damit auch keinerlei Rechtsanwendungsfehler seitens des FG gegeben, so der Bundesfinanzhof.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Keine Steuerermäßigung nach § 35a EStG für ein Hausnotrufsystem ohne Sofort-Hilfe

Wie der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 15. Februar 2023 (VI R7/21) entschied, kann eine Ermäßigung der Einkommensteuer um 20 Prozent der Aufwendungen gemäß § 35a Abs. 2 für ein Hausnotrufsystem, das  im Notfall lediglich den Kontakt zu einer 24 Stunden-Servicezentrale herstellt, nicht in Anspruch genommen werden. Im Streitfall hatte die Klägerin ihre Wohnung mit einem Hausnotrufsystem ausgestattet. Der mit dem Anbieter geschlossene Vertrag beinhaltete die Bereitstellung des Hausnotruf-Geräts und einen 24 Stunden-Bereitschaftsservice. Den Sofort-Helfer-Einsatz an ihrer Wohnadresse sowie die Pflege- und Grundversorgung hatte sie nicht gebucht. Das Finanzamt berücksichtigte deshalb die geltend gemachten Aufwendungen für das Hausnotrufsystem nicht als haushaltsnahe Dienstleistung. Der erfolgreichen Klage dagegen beim FG widerspricht der Bundesfinanzhof nun mit diesem Urteil. Er stellt klar, dass eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG nur für haushaltsnahe Dienstleistungen in Anspruch genommen werden kann, die im Haushalt des Steuerpflichtigen auch tatsächlich erbracht werden. Das ist die entscheidende Voraussetzung. Im strittigen Fall fehlt diese, da die Klägerin letztlich nur für die vom Anbieter des Hausnotrufsystems eingerichtete Rufbereitschaft zur Entgegennahme eines eventuellen Notrufs und dessen Weiterleitung an Dritte zahlt. Diese Leistungen erfolgen nicht vor Ort, sondern außerhalb des Haushalts der Klägerin. Der Bundesfinanzhof verweist im Vergleich dazu auf seine frühere Entscheidung bezüglich der Aufwendungen für ein Notrufsystem in einer Seniorenresidenz. Der Notruf ging in diesem Falle über einen sogenannten Piepser unmittelbar an eine Pflegekraft. Diese übernahm dann vor Ort auch sofort die entsprechende Hilfeleistung.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Steuerbarkeit von Gewinnen aus der Veräußerung von verschiedenen Kryptowährungen (Bitcoin, Ether, Monero)

Veräußerungsgewinne, die ein Steuerpflichtiger innerhalb eines Jahres aus dem Verkauf oder dem Tausch von Kryptowährungen erzielt, fallen unter die Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft. Dies entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 14. Februar 2023 (IX R 3/22). Er stellte klar, dass auch virtuelle Währungen in der Gestalt von Currency Token zu den anderen Wirtschaftsgütern im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG gehören. Kryptowährungen gelten als angeschafft, wenn sie im Tausch gegen Euro, eine Fremdwährung oder gegen andere virtuelle Währungen erworben werden. Sie gelten als veräußert im Sinne vorgenannter Vorschrift, wenn sie in Euro oder gegen eine Fremdwährung zurückgetauscht oder in andere Currency Token umgetauscht werden. Im Streitfall hatte der Kläger privat Bitcoins, Ethereum und Monero gekauft, getauscht und wieder veräußert. Er erzielte im Streitjahr 2017 daraus, unter Berücksichtigung der anfallenden Handelsgebühren, einen Gewinn in Höhe von insgesamt 3,4 Millionen Euro. Das Finanzamt legte den Veräußerungsgewinn bei der Ermittlung der Einkommensteuer zugrunde. Die vom Kläger dagegen erhobene Klage beim FG war überwiegend erfolglos. Der Bundesfinanzhof stützt mit seinem Urteil die Auffassung der Vorinstanzen. Bei Kryptowährungen handele es sich um Wirtschaftsgüter, deren erzielte Gewinne oder Verluste gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG bei Anschaffung, Veräußerung oder Tausch innerhalb eines Jahres der Besteuerung als privates Veräußerungsgeschäft unterliegen. Der Begriff des Wirtschaftsguts umfasse neben Sachen und Rechten auch tatsächliche Zustände sowie konkrete Möglichkeiten und Vorteile, deren Erlangung sich ein Steuerpflichtiger etwas kosten lässt und die nach der Verkehrsauffassung einer gesonderten selbständigen Bewertung zugänglich sind. Diese Voraussetzungen sind bei virtuellen Währungen gegeben. Sie werden auf Handelsplattformen und Börsen gehandelt, haben einen Kurswert und können für direkt zwischen Beteiligten abzuwickelnde Zahlungsvorgänge Verwendung finden. Somit sind sie wirtschaftlich betrachtet als Zahlungsmittel anzusehen. Dieser Standpunkt ist auch verfassungsrechtlich korrekt. Weder gegenläufige Erhebungsregelungen, die einer Besteuerung entgegenstehen, noch Anhaltspunkte, dass seitens der Finanzverwaltung Gewinne und Verluste aus Geschäften mit Kryptowährungen nicht ermittelt und erfasst werden können, liegen vor. Ein strukturelles Vollzugsdefizit ist demzufolge ebenfalls nicht begründbar.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz