2023
Kein Abzug von Mitgliedsbeiträgen an Vereine, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen
Mit seinem Urteil 28.09.2022 (X R 7/21) entschied der Bundesfinanzhof, dass Mitgliedsbeiträge an Vereine, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dienen, nicht bei der Einkommensteuer abgezogen werden können. Grundsätzlich können Mitgliedsbeiträge oder Spenden als Sonderausgaben geltend gemacht werden. Allerdings sind nach § 10b Abs. 1 Satz 8 EStG Mitgliedsbeiträge für Einrichtungen, die vordergründig der Freizeitgestaltung dienen, ausgenommen. Spenden an solche Vereine bleiben jedoch weiterhin abziehbar. Im strittigen Fall ging es um einen gemeinnützigen Verein, der ein Blasorchester für Erwachsene und eines für Jugendliche unterhält. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, der Verein (Kläger) dürfe keine Zuwendungsbestätigungen (Spendenbescheinigungen) für Mitgliedsbeiträge ausstellen. Der Verein klagte vor dem zuständigen FG, das der Klage stattgab. Es war der Ansicht, dass die Einschränkung für Mitgliedsbeiträge nicht anwendbar sei, weil der Verein nicht nur die Freizeitgestaltung, sondern auch die Erziehung und Ausbildung Jugendlicher fördere. Dem folgt der Bundesfinanzhof nicht. Er verweist auf den eindeutigen Wortlaut der gesetzlichen Regelung. Danach ist § 10b Abs. 1 Satz 8 Nr. 2 EStG dahin auszulegen, dass Mitgliedsbeiträge an eine gemeinnützige, kulturell aktive Körperschaft, die in erster Linie der Freizeitgestaltung dient, auch dann nicht als Sonderausgaben abziehbar sind, wenn die Körperschaft daneben noch einen weiteren Zweck fördert. In einem solchen Fall kommt es also darauf nicht mehr an.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Behindertengerechter Gartenumbau keine außergewöhnliche Belastung
Aufwendungen für einen behindertengerechten Umbau des zum selbst bewohnten Einfamilienhaus gehörenden Gartens sind keine außergewöhnlichen Belastungen. Das entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 26. Oktober 2022 (VI R 25/20). Im Streitfall bewohnen die verheirateten Kläger ihr eigenes Einfamilienhaus zu dem ein Garten mit einer Größe von 1.387 qm gehört. Die Ehefrau leidet an einem Post-Polio-Syndrom, aufgrund dessen sie auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Um die vor ihrem Haus gelegenen Pflanzenbeete für die Klägerin weiterhin nutzbar zu gestalten, ließ diese gemeinsam mit ihrem Ehemann den Weg vor ihrem Haus in eine gepflasterte Fläche ausbauen und Hochbeete anlegen. Das Finanzamt berücksichtigte die geltend gemachten Aufwendungen für die Umbaumaßnahmen nicht als außergewöhnliche Belastungen. Auch das FG wies die Klage ab. Ebenso bestätigte der Bundesfinanzhof die Auffassung der Vorinstanzen. Er stellte klar, dass nur Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen anerkannt werden können, wenn sie dem Steuerpflichtigen zwangsläufig erwachsen sind. Dazu gehören Krankheitskosten oder Aufwendungen zur Befriedigung des existenznotwendigen Wohnbedarfs. Bei dem Umbau des Gartens handele es sich jedoch nicht um zwangsläufig entstandene Aufwendungen, obwohl diese durchaus Folge des zunehmend verschlechterten Gesundheitszustands der Klägerin waren. Die Umbaumaßnahmen seien in erster Linie für ihre frei gewählte Freizeitgestaltung vorgenommen worden. Allerdings standen der Klägerin die in den Umbaukosten enthaltenen Lohnaufwendungen als Steuerermäßigung nach § 35a EStG zu.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
AfA-Berechtigung nach entgeltlichem Erwerb eines Anteils an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft
Ein Gesellschafter einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft kann die AfA für seinen entgeltlich erworbenen Anteil an Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens nur entsprechend seiner Anschaffungskosten und der Restnutzungsdauer des jeweiligen Wirtschaftsguts zum Zeitpunkt des Anteilserwerbs beanspruchen. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 03.05.2022 (IX R 22/19). Vorhandene Verbindlichkeiten der Gesellschaft führen zu einer anteiligen Erhöhung der Anschaffungskosten, soweit sie den erworbenen abnutzbaren Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens einzeln zugeordnet werden können. Im behandelten Fall waren ursprünglich zwei Brüder zu je 50% an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) beteiligt. Diese erzielte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Für den Erwerb der Grundstücke hatten sie Darlehen aufgenommen. Einer der Brüder veräußerte seine gesamten Anteile teilweise an seinen Bruder und teilweise an seine Schwägerin. Es war strittig, ob die noch offenen Darlehen der GbR, also deren Verbindlichkeiten, die Anschaffungskosten und dementsprechend die AfA auf die anteilig miterworbenen Gebäude erhöhte. Finanzamt und FG hatten dies abgelehnt. Doch der Bundesfinanzhof gestattete die Revision der GbR, der Klägerin, da das FG die den Gesellschaftern zustehende AfA fehlerhaft bestimmt hat. Grundsätzlich wird die AfA auf die vermieteten Gebäude bei der Ermittlung der gemeinschaftlich erzielten Einkünfte einer Personengesellschaft nach den historischen Anschaffungskosten berücksichtigt. Die so ermittelten Einkünfte werden den Gesellschaftern entsprechend ihrer Beteiligungsverhältnisse direkt zugeordnet. Werden allerdings Beteiligungen nachträglich entgeltlich erworbenen, bemisst sich deren AfA nach den individuellen Anschaffungskosten und der voraussichtlichen Restnutzungsdauer zum Zeitpunkt des Anteilserwerbs. Weicht diese zustehende AfA von der AfA ab, die auf Gesellschaftsebene bei der Errechnung der Einkünfte ermittelt worden ist, muss der zugerechnete Ergebnisanteil korrigiert werden. Der Korrekturbetrag ist Gegenstand der einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellung. Der Bundesfinanzhof geht in seinem Urteil ausführlich auf die Ermittlung dieses Korrekturbetrages ein. Stellt sich in dem Zusammenhang heraus, dass die Anschaffungskosten des Anteilserwerbers die Summe der Buchwerte der anteilig miterworbenen Wirtschaftsgüter übersteigen, sind sie den anteilig miterworbenen Wirtschaftsgütern nach dem Verhältnis der in ihnen ruhenden stillen Reserven einzeln zuzuordnen. Das bedeutet, dass die Aufteilung der Mehranschaffungskosten für jedes in Betracht kommende Wirtschaftsgut zum Zeitpunkt des Anteilserwerbs einzeln zu bewerten und vorzunehmen ist. Gehört ein bebautes Grundstück zum anteilig miterworbenen Gesellschaftsvermögen, ist die Aufteilung der anteiligen Anschaffungskosten getrennt für Grund und Boden einerseits und für Gebäude andererseits erforderlich. So können eventuell im nicht abnutzbaren Wirtschaftsgut Grund und Boden entstandene stille Reserven erfasst werden. Im Streitfall war zu prüfen, inwieweit die Darlehen den einzelnen Wirtschaftsgütern auf Gesellschaftsebene eindeutig zugeordnet werden konnten. Da die Darlehen eigens für den Erwerb der Wirtschaftsgüter aufgenommen worden waren, konnte die Zuordnung unstrittig erfolgen. Im Streitfall muss das FG allerdings die Aufteilung noch nachholen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Besteuerung eines Promotionsstudiums
Leistungen aus einem Promotionsstipendium sind steuerbar, wenn der Stipendiat eine wirtschaftliche Gegenleistung zu erbringen hat und keine Steuerbefreiungsvorschrift eingreift. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 16. Februar 2023 (X R 21/20). Im Streitfall promovierte die Klägerin an einer Universität im Bundesland Sachsen. Im Rahmen der Förderung akademischer Nachwuchskräfte wurde ihr während ihrer Promotionszeit aus den Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) monatlich ein Stipendium in Höhe von 800 € gewährt. Gemäß den Vergabebedingungen beteiligte sich auch ein in Sachsen ansässiges privatwirtschaftliches Unternehmen an der Förderung. Es zahlte der Klägerin ebenfalls monatlich 800 €. Im Gegenzug wurde die Stipendiatin verpflichtet, sich ausschließlich der Promotion zu widmen und hierüber Nachweise zu erbringen. Die Ergebnisse ihres Promotionsprojekts unterlagen außerdem einer fünfjährigen Ausübungs- und Verwertungspflicht innerhalb Sachsens. Bei der Einkommensteuer besteuerte das Finanzamt das aus Mitteln des ESF gezahlte Stipendium nicht, während die vom Unternehmen bezogenen Zuwendungen als steuerbare und steuerpflichtige sonstige Einkünfte angesehen wurden. Die Stipendiatin wandte sich nach abgewiesener Klage an den Bundesfinanzhof. Dieser nahm die Klage an, da das FG nicht alle erforderlichen Feststellungen eingeholt hatte. Der Bundesfinanzhof betonte, dass die im Streitfall in Betracht zu ziehenden Einkünfte aus wiederkehrenden Bezügen gemäß § 22 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 1 EStG für eine Besteuerung eine wirtschaftliche Gegenleistung seitens der Klägerin voraussetzten. Die für die Promotion aufgewandte Arbeitszeit sei in dem Sinne keine relevante Gegenleistung. Seitens des FG hätte sachlich geklärt werden müssen, ob die festgelegte Verpflichtung, die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Promotion innerhalb von fünf Jahren ausschließlich im Geber-Bundesland beruflich zu verwerten, als wirtschaftliche Gegenleistung oder als bloße Erwartungshaltung einzustufen sei. Dennoch könne im behandelten Fall eine Steuerbefreiung gemäß § 3 Nr. 44 EStG nur hinsichtlich des aus dem ESF finanzierten Teils des Stipendiums gewährt werden. Da sich das sächsische Unternehmen mit seinem gezahlten Anteil rein privatwirtschaftlich engagierte, handelte es sich nicht um öffentliche Mittel im Sinne dieser Vorschrift.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer bei noch zu erschließendem Grundstück
Veräußert ein privater Erschließungsträger zum Zeitpunkt des Erwerbs ein noch unerschlossenes Grundstück, für dessen Erschließung er sich verpflichtet hat, so ist das Grundstück im erschlossenen Zustand Gegenstand des Erwerbsvorganges, auch wenn die in dem Kaufpreis enthaltenen Erschließungskosten nicht gesondert ausgewiesen wurden. Das entschied der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 23.02.2022 (II R 9/21). Im strittigen Fall erwarben die Kläger von einer Immobiliengesellschaft, die auch die Erschließungsträgerin war, ein unbebautes Grundstück. Die Kosten für die Erschließung waren im Preis enthalten, jedoch nicht gesondert ausgewiesen und auch nicht gesondert abzurechnen. Für die Fälligkeit des Kaufpreises war Voraussetzung, dass die Gemeinde die Hinterlegung einer Erfüllungsbürgschaft der Veräußerin für die Erschließungsleistungen bestätigte. Die Gemeinde verpflichtete sich im Gegenzuge, bei ordnungsgemäßer Erfüllung der Leistungen durch die Veräußerin von den Eigentümern keinerlei Erschließungsbeiträge einzufordern. Bei der Ermittlung der Grunderwerbsteuer legte das Finanzamt als Bemessungsgrundlage den vertraglich vereinbarten Gesamtpreis, also inklusive Erschließungskosten, zugrunde. Sowohl Einspruch als auch Klage zur Herabsetzung der Bemessungsgrundlage um die Erschließungskosten wurden vom Finanzamt beziehungsweise FG abgewiesen. Laut Kaufvertrag hatte die Veräußerin den Erwerbern das Grundstück im erschlossenen Zustand zu übergeben. Dem stimmte der Bundesfinanzhof zu und wies die Revision der Kläger zurück. Er stellte klar, dass entscheidend für die Beurteilung, ob Erschließungskosten als Gegenleistung zu erfassen sind oder nicht, der Zustand des zu übergebenden Gegenstandes des Erwerbsvorganges ist. Es ist also bedeutend, ob das Grundstück unerschlossen oder erschlossen beziehungsweise mit der Verpflichtung des Veräußerers, es zu erschließen, zu übergeben ist. Ist ein Grundstück bei Vertragsabschluss bereits erschlossen, kann der Erwerbsgegenstand nur das erschlossene Grundstück sein. Das bedeutet, dass die im Kaufvertrag ausgewiesenen Kosten für die Erschließung unstrittig zur grunderwerbsteuerrechtlichen Bemessung gehören. Aber auch bei einem Grundstück, das bei Vertragsabschluss noch nicht erschlossen ist, für dessen Erschließung sich der Veräußerer jedoch verpflichtet hat, ist das erschlossene Grundstück ebenfalls Gegenstand des Erwerbsvorgangs im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Somit ist der auf die Erschließung entfallende Teil des Kaufpreises Entgelt für den Grundstückserwerb.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz