2022

Fristverlängerung für die Schlussabrechnung der Corona-Hilfen

Wie die Bundessteuerberaterkammer am 19.08.2022 mitteilte, werden aufgrund der hohen Arbeitsbelastung bei den Steuerberatern die Schlussabrechnungstermine für die Corona-Hilfen verlängert. Danach können laut Bundesministerium  für Wirtschaft und Klimaschutz die Antragsteller nach Ablauf des letzten Fördermonats, spätestens jedoch bis 30. Juni 2023, über den von ihnen beauftragten Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, vereidigten Buchprüfer oder Rechtsanwalt eine Schlussabrechnung über die empfangenen Leistungen vorlegen. Im Einzelfall ist es auch möglich, bis zum 31. August 2023 durch den beauftragten prüfenden Dritten eine Fristverlängerung bis spätestens 31. Dezember 2023 zur Einreichung der Schlussabrechnung über das digitale Antragsportal zu beantragen.

 

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Nachträgliche Geltendmachung des Wahlrechts auf einen Sonderausgabenabzug nach § 10a EStG

Wie der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 19. Januar 2022 (X R 32/201) entschied, kommt die Änderung eines bestandskräftigen Einkommensteuerbescheids gemäß § 172 AO in Verbindung mit § 10a EStG (einschließlich der geltenden Fassung des Veranlagungszeitraums 2016) nicht in Betracht, wenn der Steuerpflichtige den Sonderausgabenabzug erstmals nach Eintritt der materiellen Bestandskraft begehrt. Grundsätzlich steht die Inanspruchnahme des Sonderausgabenabzugs für eine zusätzliche Altersvorsorge gemäß § 10a EStG im Wahlrecht eines Steuerpflichtigen. Dafür ist nicht zwingend die Abgabe der Anlage AV zur Einkommensteuererklärung erforderlich. Das Wahlrecht kann auch formlos geltend gemacht werden. Im entschiedenen Fall hatte die Frau eines Ehepaares (Kläger) im Streitjahr 2012 Beiträge zu Gunsten eines zertifizierten Altersvorsorgevertrags gezahlt. Gegenüber dem Anbieter willigte sie einer Datenübermittlung an die Finanzverwaltung zu. Erst nachdem das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen für das Streitjahr geschätzt hatte, reichten die Kläger mit dem Einspruch dagegen ihre Einkommensteuererklärung ein. Einen Sonderausgabenabzug gemäß § 10a EStG erklärten sie allerdings nicht. Der Steuerbescheid wurde bestandskräftig. Im Juni 2018 beantragten sie nachträglich den Sonderausgabenabzug mit dem Verweis darauf, dass das Finanzamt die vom Anbieter des Altersvorsorgevertrags übermittelten Beiträge und Zulagen zu Unrecht nicht berücksichtigt habe. Das lehnte das Finanzamt ab, da dafür ein Antrag in Form der Anlage AV zur Einkommensteuererklärung hätte gestellt werden müssen. Auch das FG wies die Klage ab, da die Kläger den Sonderausgabenabzug erst nach Eintritt der Bestandskraft des Steuerbescheides und zudem nicht in der hierfür vorgegebenen Anlage AV beantragt hätten. Der Bundesfinanzhof stimmte den Vorinstanzen zu und lehnte die Revision ab. Er betonte, dass der Sonderausgabenabzug für Beiträge zur zusätzlichen Altersvorsorge gemäß § 10a EStG als Wahlrecht ausgestaltet ist, das zwar nicht notwendig bereits im Rahmen der Steuererklärung zu beanspruchen ist und auch keiner besonderen Form unterliegt, aber nur bis zum Eintritt der Bestandskraft der Steuerfestsetzung ausgeübt werden kann. Die Einwilligung der Klägerin zur Datenübermittlung durch den Anbieter der Altersvorsorge an die Finanzverwaltung befugt zwar dieses, die Daten steuerrechtlich zu berücksichtigen, sie qualifiziert die genehmigte Datenübermittlung aber nicht zugleich als materiell-rechtlich wirkende Geltendmachung eines Sonderausgabenabzugs gemäß § 10a EStG. Auch liegt kein Verfahrensfehler vor, sodass im Streitfall kein Anspruch auf Korrektur der Einkommensteuerfestsetzung für 2012 besteht.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Erbschaftsteuerbefreiung für ein Familienheim

In seinem Urteil vom 01.12.2021 (II R 18/20) entschied der Bundesfinanzhof, dass ein Erbe nicht die Erbschaftsteuerbefreiung für ein Familienheim verliert, wenn ihm die eigene Nutzung aus gesundheitlichen Gründen unmöglich oder unzumutbar ist. Im entschiedenen  Fall hatte die Klägerin von ihrem Vater ein Einfamilienhaus geerbt, das sie bis zu dessen Tod gemeinsam mit ihm bewohnte. Nach sieben Jahren zog sie dort aus. Das Haus wurde unmittelbar nach ihrem Auszug abgerissen. Nach Bekanntwerden dieser Situation setzte das Finanzamt die Erbschaftssteuer ohne Steuerbefreiung fest, obwohl die Klägerin die Veränderung damit begründete, dass sie sich aufgrund gesundheitlicher Probleme kaum noch in dem Haus bewegen konnte und das Haus bauliche Mängel aufwies.  Auch das FG erkannte die Gründe der Klägerin für den Auszug nicht als zwingend an, da wohl auch fremde Hilfe gegeben war. Diese Ansichten teilte der Bundesfinanzhof nicht und hob das FG-Urteil auf. Zwar setze eine Steuerbefreiung gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 4c ErbStG grundsätzlich voraus, dass der Erbe für zehn Jahre das geerbte Familienheim selbst nutzt. Das gelte allerdings nicht, wenn er aus zwingenden Gründen daran gehindert ist. Zwingend umfasse in dem Zusammenhang nicht nur die Unmöglichkeit des Bewohnens, sondern auch die Unzumutbarkeit der Selbstnutzung des Familienheims. Zwar gelte dies nicht für reine Zweckmäßigkeitserwägungen, wie etwa die Unwirtschaftlichkeit einer Sanierung. Es gelte aber, wenn der Erbe trotz fremder Unterstützung seinen Haushalt nicht selbständig führen kann und somit die Nutzung des Familienheims unter den konkreten Umständen objektiv unmöglich oder unzumutbar ist. Das FG wurde daher aufgefordert, das Ausmaß der gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin, auch unter deren Mitwirkung, zu prüfen.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Mitwirkungspflichten eines freiberuflich tätigen Steuerpflichtigen im Rahmen einer Außenprüfung

In seinem Beschluss vom 05. April 2022 äußerte sich der Bundesfinanzhof über die Mitwirkungspflicht freiberuflich Tätiger bei Außenprüfungen mit Bezug auf § 200 AO. Er betonte, dass es eine Ermessensentscheidung des Finanzamts ist, ob und in welchem Umfang es freiberuflich tätige Steuerpflichtige zur Herausgabe nicht aufbewahrungspflichtiger Unterlagen (hier Kontoauszüge) verpflichten kann. Gleichzeitig stellte er klar, dass das Gericht nur darüber entscheiden kann, ob das eingeräumte Ermessen unter Beachtung des Gesetzeszwecks fehlerfrei ausgeübt wurde. Ob Ermessensfehler vorliegen, ist allgemeinen Aussagen von grundsätzlicher Bedeutung regelmäßig nicht zugänglich und kann daher grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führen. Etwas anderes kann dann gelten, wenn aufgrund bestimmter Umstände eine Inanspruchnahme des Steuerpflichtigen zur Mitwirkung nach § 200 Abs. 1 Sätze 1 und 2 AO nach pflichtgemäßem Ermessen von vornherein ausscheidet. Ein solcher Fall lag hier jedoch nicht vor. Im Streitfall bezweifelte eine Heilpraktikerin die Rechtmäßigkeit, dass das Finanzamt von ihr Kontoauszüge verlangte, auf denen neben privaten auch betriebliche Vorgänge dokumentiert sind. Sie begründete dies damit, dass sie ausschließlich umsatzsteuerfreie Leistungen erbringe, dem Finanzamt alle Ausgangsrechnungen vorlägen und sie nicht zur Aufbewahrung von Kontoauszügen eines sowohl betrieblich als auch privat genutzten Kontos verpflichtet sei. Dieser Auffassung widersprach der Bundesfinanzhof. Sofern es für die steuerlichen Ermittlungen erforderlich sei, können im Einzelfall auch Unterlagen angefordert werden, für die keine Aufbewahrungspflicht besteht, diese aber vorhanden sind und vorgelegt werden können. Es liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörde, ob sie den Steuerpflichtigen zur Herausgabe dieser steuererheblichen Unterlagen in Anspruch nimmt. Das zuständige FG hat daher richtigerweise  erkannt und entschieden, dass die Aufforderung des Finanzamts zur Vorlage der Kontoauszüge nicht ermessensfehlerhaft war, zumal offensichtlich für den Zeitraum 2016 bis 2018 Rechnungen fehlten. Da im vorliegenden Fall auch keine schwerwiegenden Rechtsanwendungsfehler nachgewiesen werden konnten, wurde die Revision nicht zugelassen.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Versagung des Vorsteuerabzugs und der Steuerbefreiung bei Beteiligung an einer Steuerhinterziehung

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit seinem Schreiben vom 15. Juni 2022 den Umsatzsteuer-Anwendungserlass um die Abschnitte 25f.1. – Versagung des Vorsteuerabzugs und der Steuerbefreiung bei Beteiligung an einer Steuerhinterziehung – und 25f.2. – Auswirkungen im Rahmen innergemeinschaftlicher Dreiecksgeschäfte – ergänzt. Dabei wird klargestellt, dass grundsätzlich der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer die Feststellungslast für das Vorliegen der hierfür erforderlichen materiellen Voraussetzungen trägt. Kann das Finanzamt nachweisen, dass er wusste oder hätte wissen müssen, dass er sich mit seinem Eingangs- oder Ausgangsumsatz an einem Umsatz beteiligt, bei dem der Leistende oder ein anderer Beteiligter auf einer vorhergehenden oder nachfolgenden Umsatzstufe in eine begangene Steuerhinterziehung, an einer Erlangung eines nicht gerechtfertigten Vorsteuerabzugs oder in eine Schädigung des Umsatzsteueraufkommens einbezogen war, sind der geltend gemachte Vorsteuerabzug und die in Anspruch genommene Steuerbefreiung für die entsprechende innergemeinschaftliche Lieferung zu versagen. Das trifft auch das Wissen oder Wissen müssen seiner Angestellten zu. Dabei ist das Finanzamt bei Anwendung des § 25f UStG an keinerlei Entscheidungen im straf- oder bußgeldrechtlichen Verfahren gebunden, da diese nicht für seine eigene Entscheidung Voraussetzung sind. Vermutet ein Unternehmer bei der Aufnahme neuer oder bei bestehenden Geschäftsbeziehungen Unregelmäßigkeiten beziehungsweise eine Steuerhinterziehung, muss er unbedingt geeignete Maßnahmen ergreifen (zum Beispiel Auskünfte einholen) und diese auch dokumentieren. Kommt er dem nicht nach beziehungsweise kann er Zweifel nicht gänzlich ausräumen, darf er diese Geschäftsverbindung nicht eingehen. Ansonsten läuft er Gefahr, dass das Finanzamt von seinem Wissen oder Wissen müssen ausgeht. Anhaltspunkte für Unregelmäßigkeiten sind beispielsweise, wenn die Finanzierung des Wareneinkaufs erst nach erfolgtem Warenverkauf möglich ist, dem Unternehmer Waren oder Leistungen angeboten werden, deren Preis unter dem Marktpreis liegt, branchenunübliche Barzahlungen oder eine ungewöhnliche Zahlungsabwicklung erfolgen, die Ansprechpartner des Unternehmens häufig wechseln oder dem Unternehmer eine Warenmenge angeboten wird, die für die Größe des liefernden Unternehmens in der Branche unüblich ist. Neben dem Versagen des geltend gemachten Vorsteuerabzugs kann das Finanzamt auch  durch Änderung der ursprünglichen Steuerfestsetzung einen Vorsteuerabzug rückgängig machen. Bei den innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften wirken sich die Ergänzungen im Umsatzsteuer-Anwendungserlass dahingehend aus, dass bei Vorliegen von Vergehen im Sinne des § 25f Abs. 1 UStG  der innergemeinschaftliche Erwerb des ersten Abnehmers nicht als besteuert gilt. Dieser hat den innergemeinschaftlichen Erwerb in dem Mitgliedstaat zu versteuern, der die USt-IdNr. erteilt hat. Das gilt solange bis der Erwerber nachweist, dass der Erwerb durch den benannten Mitgliedstaat besteuert worden ist. Der Vorsteuerabzug ist nach § 25f Abs. 2 UStG zu versagen. Die Steuerschuld wird dennoch für die vom ersten Abnehmer ausgeführte Lieferung auf den letzten Abnehmer übertragen. Dieser kann entgegen § 25b Abs. 5 UStG die Steuerschuld jedoch nicht als Vorsteuer abziehen.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz