2015
Steuerliche Behandlung der Gebühren bei Internet-Handelsplattformen
Mit Urteil vom 19.02.2015 hat die Oberfinanzdirektion Karlsruhe klargestellt, dass die Gebühren für den Verkauf von Waren über eine Internet-Handelsplattform die umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage nicht mindern. Auch die Gebühren zählen zum Umsatz. Im Regelfall müssen für derartige Verkäufe die liefernden Unternehmer an den Betreiber der Handelsplattform Gebühren zahlen. Diese werden mit dem Verkaufserlös der Waren verrechnet. Der liefernde Unternehmer erhält nur den um die Gebühren gekürzten Verkaufserlös. Sind die Gebühren an ein in einem anderen EU-Mitgliedsstaat ansässigen Unternehmen, z. B. Ebay, zu zahlen, ist der inländische Lieferant verpflichtet, die Umsatzsteuer dafür an sein Finanzamt als Steuerschuldner abzuführen (Umkehr der Steuerschuldnerschaft). Ist er zum Vorsteuerabzug berechtigt, kann er allerdings den Betrag als Vorsteuer abziehen. Vorausgesetzt ist, dass der Handelsplattform auch die inländische Umsatzsteuer-ID-Nummer mitgeteilt wurde.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Keine Berichtigung nach § 129 AO bei Übernahme vermeintlicher mechanischer Fehler des Steuerpflichtigen
Nach § 129 AO können Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit berichtigt werden. Das betrifft mechanische Versehen wie beispielsweise Eingabe- oder Übertragungsfehler. Unrichtigkeiten auf der Seite des Steuerpflichtigen sind offenbar, wenn sie sich ohne weiteres aus der Steuererklärung des Steuerpflichtigen, deren Anlagen sowie den in den Akten befindlichen Unterlagen für das betreffende Veranlagungsjahr ergeben. Vorgenannte Vorschrift ist auch dann anwendbar, wenn das Finanzamt offenbar fehlerhafte Angaben des Steuerpflichtigen als eigene übernimmt. Dagegen schließen Fehler bei der Auslegung oder die Nichtanwendung einer Rechtsnorm, eine unrichtige Tatsachenwürdigung oder unzutreffende Annahmen das Vorliegen einer offenbaren Unrichtigkeit und somit eine Berichtigung aus. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 16.09.2015. Im Streitfall erzielte der Kläger unter anderem Einkünfte aus Stillhaltergeschäften. Deren Höhe und Umfang wurden von dem mit der Abwicklung der Geschäfte beauftragten Bankinstitut ermittelt und in einer sechsseitigen Einzelumsatzaufstellung dargestellt. Der steuerliche Berater des Klägers ordnete in der Einkommensteuererklärung die Einkünfte aus den Stillhaltergeschäften den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften zu. In dem Feld, in dem eigentlich die Einnahmen aus Stillhaltergeschäften einzutragen sind, nahm er keine Eintragungen vor. Allerdings hatte der Kläger seiner Einkommensteuererklärung die von der Bank erstellten Unterlagen beigefügt. Durch das Belassen dieser Zuordnung seitens des Finanzamts im Einkommensteuerbescheid kamen diese Einnahmen mit einem Verlustvortrag aus Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften in gleicher Höhe zur Verrechnung. Bei richtiger Zuordnung wäre es zu einer Berücksichtigung als sonstige Leistung gekommen, ohne dass hierauf Verlustvorträge verrechnet worden wären. Im Anschluss an eine beim Kläger durchgeführte Außenprüfung erließ das Finanzamt einen geänderten Einkommensteuerbescheid, in dem die Einkünfte aus den Stillhaltergeschäften entsprechend zugeordnet und berücksichtigt wurden. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Der Bundesfinanzhof folgte jedoch der Auffassung der Vorinstanzen nicht. Er befand, dass dem Kläger kein Fehler im Sinne des § 129 AO unterlaufen ist. Zumal das FG festgestellt hat, dass der steuerliche Berater des Klägers im Rahmen der Zuordnung der Stillhaltergeschäfte zu den privaten Veräußerungsgeschäften offenbar umfangreiche rechtliche Erwägungen angestellt hatte. Vor diesem Hintergrund fehlt es im Streitfall eindeutig an fehlerhaften Angaben des Steuerpflichtigen, welche das Finanzamt als eigene mechanische Fehler hätte übernehmen können. Da im Streitfall die Fehler bei der Auslegung oder Nichtanwendung einer Rechtsnorm entstanden, ist die Annahme einer offenbaren Unrichtigkeit und damit die Anwendung des § 129 AO ausgeschlossen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Aufwendungen eines Arbeitnehmers für die Feier des Geburtstags und der Bestellung zum Steuerberater
Aufwendungen eines Arbeitnehmers für eine Feier aus beruflichem und privatem Anlass können für Gäste aus dem beruflichen Umfeld als Werbungskosten abziehbar sein. Anhand der Herkunft der Gäste (dienstlich oder privat) kann der entsprechende Betrag abgegrenzt werden. Voraussetzung ist, dass die Einladung der Gäste aus dem beruflichen Umfeld auch nahezu ausschließlich dienstlich veranlasst ist. Hiervon kann beispielsweise dann ausgegangen werden, wenn nicht nur ausgesuchte Gäste aus dem beruflichen Umfeld eingeladen werden, sondern die Einladungen nach abstrakten berufsbezogenen Kriterien (z.B. alle Auszubildenden, alle Zugehörigen einer bestimmten Abteilung) erfolgen. So lässt sich das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 08.07.2015 zusammenfassen. Im strittigen Fall wurde der Kläger im Februar des Streitjahres 2009 zum Steuerberater bestellt. Im April desselben Jahres war sein 30. Geburtstag. Zur Feier beider Ereignisse lud er Kollegen, Verwandte und Bekannte in die Stadthalle seines Wohnorts ein. Er teilte die für Hallenmiete und Bewirtung entstandenen Aufwendungen nach Köpfen auf und begehrte den Abzug als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, soweit sie auf die dem beruflichen Bereich zuzuordnenden Gäste entfielen. Während die Vorinstanzen dem Antrag nicht stattgaben, widersprach der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil deren Auffassung. Das FG hatte zum einen seiner Würdigung die unzutreffende Prämisse zugrunde gelegt, dass die Bestellung zum Steuerberater eher ein privates als ein berufliches Ereignis sei. Zum anderen hatte es nicht geprüft, ob die eingeladenen Kollegen nach abstrakten berufsbezogenen Kriterien eingeladen wurden. Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs ist die Bestellung zum Steuerberater Voraussetzung für die Ausübung dieser Tätigkeit und stellt gleichsam den ersten Akt im Rahmen dieser Tätigkeit dar. Zudem ist zur Beurteilung, ob die Aufwendungen Werbungskosten sind, von Bedeutung, wer als Gastgeber auftritt, wer die Gästeliste bestimmt, ob es sich bei den Gästen um Kollegen, Geschäftsfreunde oder Mitarbeiter, um Angehörige des öffentlichen Lebens, der Presse, um Verbandsvertreter oder um private Bekannte oder Angehörige des Steuerpflichtigen handelt. Werden beispielsweise nur einzelne Arbeitskollegen eingeladen, kann dies auf eine nicht unerhebliche private Mitveranlassung der Aufwendungen für diese Gäste schließen lassen und ein Abzug deshalb ausscheiden. Das FG muss nun im zweiten Rechtsgang zur endgültigen Urteilsfindung noch die entsprechenden Feststellungen treffen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Reinigungskosten für typische Berufskleidung
Das FG Nürnberg entschied in seinem Urteil vom 24.10.2014, dass Aufwendungen für die Reinigung typischer Berufskleidung auch dann als Werbungskosten geltend gemacht werden können, wenn sie im eigenen Haushalt anfallen. Das betrifft sowohl die unmittelbaren Kosten des Waschvorgangs (Wasser- und Energiekosten, Wasch- und Spülmittel), als auch die Aufwendungen für Abnutzung, Instandhaltung und Wartung der benutzten Waschmaschine. Die Reinigungskosten können anhand repräsentativer Daten der Verbraucherschutzverbände oder der Hersteller unter Berücksichtigung der Angaben des Steuerpflichtigen geschätzt werden. Grundsätzlich dürfen Aufwendungen für die Anschaffung, Instandsetzung und Reinigung von Bekleidung nicht den Werbungskosten zugerechnet werden. Es handelt sich um nicht berücksichtigungsfähige Kosten für die allgemeine Lebensführung. Die Ausnahme von diesem Grundsatz gilt nur dann, wenn es sich um typische Berufskleidung handelt, also um Bekleidung, die ihrer Beschaffenheit nach objektiv nahezu ausschließlich für die berufliche Verwendung bestimmt und wegen der Eigenart des Berufs nötig ist (beispielsweise Uniformen, Amtstrachten, Kittel und Schutzkleidung). In diesen Fällen sind nicht nur die Anschaffungskosten, sondern auch sonstige Aufwendungen zur Instandhaltung oder zur Reinigung als Werbungskosten zu qualifizieren. Dabei ist das Entstehen eines berufsbedingten Mehraufwands nicht Voraussetzung. Das Urteil des FG Nürnberg gilt auch, wenn die Waschmaschine für die Reinigung von Berufswäsche und privater Wäsche eingesetzt wird. Ebenso ist ohne Belang, ob die Berufsbekleidung gemeinsam mit Privatwäsche in einem Waschgang gereinigt wird. Zur Ermittlung der Höhe der Aufwendungen hält das FG Nürnberg eine Schätzung in der Form für möglich, dass ausgehend von der jährlich anfallenden Menge der zu reinigenden typischen Berufskleidung die dafür insgesamt erforderliche Zahl zusätzlicher Waschmaschinenläufe bestimmt und mit den Kosten eines Waschmaschinenlaufs vervielfältigt wird. Im Streitfall wurde eine Kostenerhebung der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. zugrunde gelegt.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz
Reichweite des Vorsteuerausschlusses bei einem zu weniger als 10 % für steuerpflichtige Umsätze und im Übrigen zur Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben genutzten Gegenstand
Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 des deutschen UStG gelten die Lieferung, die Einfuhr oder der innergemeinschaftliche Erwerb eines Gegenstands, den ein Unternehmer zu weniger als 10 % für sein Unternehmen nutzt, nicht als für das Unternehmen getätigt und sind insoweit vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen. Die Regelung beruht auf Artikel 1 der Entscheidung des Rates der EG vom 19.11.2004 (Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern,). Dieser Artikel ermächtigt Deutschland, Ausgaben für solche Gegenstände und Dienstleistungen vom Abzug der Mehrwertsteuer auszuschließen, die zu mehr als 90 % für private Zwecke des Steuerpflichtigen oder seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke genutzt werden. Im strittigen Fall ging es um den anteiligen Vorsteuerabzug eines Landkreises, des Klägers, für den Erwerb von Arbeitsmaschinen. Diese nutzte er weitestgehend in seinem Kreisstraßenbetrieb als Träger der Straßenbaulast zur Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben. Nur zu 2,65 % setzte er sie wie ein privates Unternehmen zur Erbringung steuerpflichtiger Leistungen gegenüber Dritten ein. Der Landkreis machte für den Kauf der Maschinen anteilig zu 2,65 % den Vorsteuerabzug geltend. Das Finanzamt jedoch verweigerte dies, da die angeschafften Gegenstände nicht zu mindestens 10 % für das Unternehmen des Klägers genutzt worden seien. Dieser machte mit seiner Revision geltend, dass die Versagung des Vorsteuerabzugs gegen Unionsrecht verstoße. Nach seiner Auffassung sei die Bundesrepublik Deutschland durch die Entscheidung des Rates vom 19.11.2004 nicht ermächtigt worden, den Vorsteuerabzug auch für den Fall auszuschließen, dass - wie im Streitfall - ein Gegenstand zu mehr als 90 % für nichtwirtschaftliche Tätigkeiten verwendet werde, die nicht vom Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer erfasst werden, aber nicht als unternehmensfremd angesehen werden könnten. Ihm stehe daher ein anteiliger Vorsteuerabzug von 2,65 % aus den mit Vorsteuer belasteten Kosten zu. Er könne sich insoweit auf das für ihn günstigere Unionsrecht berufen. Der Bundesfinanzhof will deshalb mit seiner Vorlagefrage vom Gerichtshofs der Europäischen Union wissen, ob die Ermächtigung zur Verweigerung des Vorsteuerabzugs auch in den Fällen gilt, in denen ein Gegenstand oder eine Dienstleistung nur teilweise unternehmerisch und im Übrigen zur Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben genutzt wird. Das Revisionsverfahren wurde bis zur Entscheidung ausgesetzt.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz