Verlust aus der Veräußerung von Aktien

von Björn Keller

Nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs vom 12.06.2018 (VIII R 32/16) hängt die steuerliche Berücksichtigung eines Verlusts aus der Veräußerung von Aktien weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten ab. Es steht grundsätzlich im Belieben des Steuerpflichtigen, ob, wann und mit welchem Ertrag er Wertpapiere erwirbt und wieder veräußert. Im Streitfall hatte der Kläger in den Jahren 2009 und 2010 Aktien zum Preis von 5.759,78 € erworben und diese im Jahr 2013 zu einem Gesamtverkaufspreis von 14 € wieder an die Sparkasse veräußert. Diese behielt die 14 € als Transaktionskosten ein. Eine Verlustbescheinigung stellte sie nicht aus. Dennoch machte der Kläger in seiner Einkommensteuererklärung 2013 den Verlust in Höhe von 5.759,78 € bei den Einkünften aus Kapitalvermögen geltend. Zudem stellte er den Antrag auf Überprüfung des Steuereinbehalts gemäß § 32d Abs. 4 EStG. Das Finanzamt berücksichtigte die Verluste aufgrund der fehlenden Steuerbescheinigung nicht. Außerdem liege keine Veräußerung vor, weil der Veräußerungspreis die Transaktionskosten nicht übersteige. FG und Bundesfinanzhof widersprachen dieser Auffassung. Der Bundesfinanzhof stellte klar, dass jede entgeltliche Übertragung des zumindest wirtschaftlichen Eigentums auf einen Dritten eine Veräußerung im Sinne des § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG ist. Weitere Tatbestandsmerkmale nennt das Gesetz nicht. Zudem ist die Erfüllung des Tatbestands der Veräußerung weder von der Höhe der Gegenleistung noch von der Höhe der anfallenden Veräußerungskosten abhängig. Die im Streitfall fehlende Steuerbescheinigung der Sparkasse ist einer Verlustverrechnung nicht hinderlich. Die Bescheinigung ist entbehrlich, wenn keine Gefahr der Doppelberücksichtigung des Verlusts besteht. Auch einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten im Sinne des § 42 AO verneinte der Bundesfinanzhof. Ein Steuerpflichtiger darf seine Verhältnisse grundsätzlich so gestalten, dass keine oder möglichst geringe Steuern anfallen und darf dabei zivilrechtliche Gestaltungen, die vom Gesetz vorgesehen sind, frei anwenden. Das Motiv Steuern zu sparen, macht eine Gestaltung noch nicht unangemessen. Mit seinem Urteil wendet sich der Bundesfinanzhof gegen die Auffassung der Finanzverwaltung (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 18.01.2016). Die vom Finanzamt angeführte alternative Handlungsmöglichkeit, die wertlos gewordenen Aktien aus dem Wertpapierdepot bloß auszubuchen und nicht zu verkaufen, lehnte der Bundesfinanzhof als nicht angemessene, vergleichbare Gestaltung ab. Denn der Vorschlag ignoriert das wirtschaftliche Ziel des Klägers, sich sofort von den Wertpapieren zu trennen. Mangels Entscheidungserheblichkeit ließ der Bundesfinanzhof daher die steuerrechtliche Beurteilung dieser Handlungsmöglichkeit offen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

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