2022

Keine Steuerermäßigung nach § 35a EStG für statische Berechnungen eines Statikers

Für die Berechnungsleistungen eines Statikers kann eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG auch dann nicht gewährt werden, wenn sie für die Durchführung einer Handwerkerleistung erforderlich war. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 04. November 2021 (VI R 29/19). Nach § 35a EStG ermäßigt sich bei Inanspruchnahme von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen die tarifliche Einkommensteuer auf Antrag um 20%. Im strittigen Fall beauftragten die Kläger einen Handwerksbetrieb mit dem Austausch schadhafter Dachstützen. Nach Einschätzung des Handwerksbetriebs war für die fachgerechte Ausführung der Arbeiten eine vorherige statische Berechnung erforderlich. Diese führte ein dafür beauftragter Statiker durch. Für diese Leistungen begehrten die Kläger in ihrer Einkommensteuererklärung ebenfalls eine Steuerermäßigung für Handwerkerleistungen. Entgegen dem FG stimmt der Bundesfinanzhof dem nicht zu. Er begründet dies damit, weil ein Statiker grundsätzlich nicht handwerklich tätig ist. Ein Statiker erbringt ausschließlich Leistungen im Bereich der Planung und rechnerischen Überprüfung von Bauwerken. Die fachliche Erforderlichkeit der statischen Berechnung vor Durchführung der Handwerkerarbeiten stützt ebenfalls nicht eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG. Es handelt sich um zwei verschiedene Leistungsarten. Der sachliche Zusammenhang spielt demzufolge keine Rolle.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Anpassung der Nutzungsdauer von Computerhardware und -software an den technischen Entwicklungsfortschritt

Die Wirtschaftsgüter, die den Kern der Digitalisierung verkörpern, unterliegen aufgrund des schnellen technischen Fortschritts einem immer kurzfristigeren Wandel. Die bislang dafür geltenden Abschreibungsregeln nach § 7 EStG  wurden seit rund 20 Jahren nicht mehr geprüft beziehungsweise aktualisiert. Deshalb hat das Bundesministerium der Finanzen in seinem Schreiben vom 22. Februar 2022 die Nutzungsdauer für Computerhardware und -software den tatsächlichen Verhältnissen angepasst.  Danach kann für die entsprechenden materiellen Wirtschaftsgüter (Computerhardware) sowie für die einzubeziehenden immateriellen Wirtschaftsgüter (Betriebs- und Anwendersoftware) eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde gelegt werden. Die betroffenen Wirtschaftsgüter unterliegen auch weiterhin § 7 Absatz 1 EStG. Es wird betont, dass die Möglichkeit einer kürzeren betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer keine besondere Form der Abschreibung, keine neue Abschreibungsmethode,  keine Sofortabschreibung und auch kein Wahlrecht im Sinne des § 5 Absatz 1 EStG darstellt. Zudem gilt, dass die Abschreibung zum Zeitpunkt der Anschaffung oder Herstellung beginnt, dass die Wirtschaftsgüter in das zu führende Bestandsverzeichnis aufzunehmen sind und die Anwendung anderer Abschreibungsmethoden grundsätzlich möglich ist. Die Regelung findet gemäß § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 7 Satz 1 EStG auch für Überschusseinkünfte Anwendung. Es ist gestattet, abweichend zu § 7 Absatz 1 Satz 4 EStG die Abschreibung im Jahr der Anschaffung oder Herstellung in voller Höhe vorzunehmen. Die den Regelungen exakt zuzuordnenden materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter sind in diesem BMF-Schreiben vom 22. Februar 2022 genau beschrieben und definiert. Das Schreiben wird erstmals Anwendung in Gewinnermittlungen für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2020 enden, angewandt. Für Wirtschaftsgüter des Privatvermögens, die zur Einkünfte-Erzielung verwendet werden, gilt das ab dem Veranlagungszeitraum 2021 entsprechend. Nach dem 31. Dezember 2020 können die Grundsätze dieses Schreibens auch für einzubeziehende Wirtschaftsgüter genutzt werden, die in früheren Wirtschaftsjahren angeschafft oder hergestellt wurden und bei denen eine andere als die einjährige Nutzungsdauer zugrunde gelegt wurde. Die Regelungen der BMF-Schreiben vom 18. November 2005 sowie vom 15. Dezember 2000 (AfA-Tabelle für die allgemein verwendbaren Anlagegüter) sind letztmals für Wirtschaftsjahre anzuwenden, die vor dem 01. Januar 2021 enden. Das BMF-Schreiben vom 26. Februar 2021 wird durch dieses aktuelle Schreiben ersetzt.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Umsatzsteuerliche Bemessungsgrundlage für die private Nutzung von Elektro- und Hybridelektrofahrzeugen, Elektrofahrrädern und Fahrrädern

Das Bundesministerium der Finanzen hat mit seinem Schreiben vom 07. Februar 2022 die Besteuerung der privaten Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Elektro- oder Hybridelektrofahrzeuges, Elektrofahrrades oder Fahrrades geregelt. Grundsätzlich gilt die private beziehungsweise unternehmensfremde Nutzung eines dem Unternehmen vollständig zugeordneten Fahrzeugs unter den Voraussetzungen des § 3 Absatz 9a Nummer 1 UStG als unentgeltliche Wertabgabe und ist dementsprechend steuerlich zu handhaben. Der Begriff Fahrzeug ist dabei dem Begriff Kraftfahrzeug gleichzusetzen. Somit werden auch Elektrofahrräder, die einer Kennzeichen-, Versicherungs- oder Führerscheinpflicht unterliegen, einbezogen. Zur Wertermittlung  für umsatzsteuerliche Zwecke kann pauschal nach der sogenannten 1 %-Regelung gemäß § 6 Absatz 1 Nummer 4 Satz 2 EStG vorgegangen werden. Für Zwecke der Einkommensteuer wird bei Elektro- und Hybridelektrofahrzeugen bei einer Anschaffung nach dem 31. Dezember 2018 unter bestimmten Voraussetzungen der Bruttolistenpreis auf die Hälfte oder ein Viertel gemindert. Dabei handelt es sich um eine ertragsteuerliche Regelung zur Steigerung der Elektromobilität und zur Reduktion des CO2-Ausstoßes. Grundsätzlich bemisst sich die unternehmensfremde Nutzung eines Unternehmensgegenstandes nach den durch die private Verwendung entstandenen Ausgaben, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Die zulässige Pauschalisierung bei der Ermittlung dieser Ausgaben setzt allerdings voraus, dass sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bezüglich des Umfangs der privaten Nutzung genügt. Da der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung eines Elektro- oder Hybridelektrofahrzeuges dem Unternehmer in voller Höhe zusteht, würde eine Übernahme der ertragsteuerlichen Regelung über die zulässige Pauschalierung nach der sogenannten 1 %-Regelung hinaus aus umsatzsteuerlicher Sicht zu einer Begünstigung des Unternehmers führen. Sie ist daher nicht zu übernehmen. Auch die unternehmensfremde Nutzung eines betriebseigenen Fahrrades ist als unentgeltliche Wertabgabe der Besteuerung zu unterwerfen. Der Begriff Fahrrad umfasst dabei auch Elektrofahrräder, die verkehrsrechtlich keine Kennzeichen-, Versicherungs- oder Führerscheinpflicht erfordern. Hierbei kann der Unternehmer die Bemessungsgrundlage für die Umsatzbesteuerung der unternehmensfremden Nutzung aus Vereinfachungsgründen ebenfalls nach der sogenannten 1 %-Regelung für Kraftfahrzeuge berechnen oder eine andere umsatzsteuerrechtlich zulässige Methode wählen. Allerdings ist die Fahrtenbuchmethode für ein Fahrrad ungeeignet. Wenn bei der Wertermittlung auf volle 100 € der unverbindlichen Preisempfehlung des Herstellers, Importeurs oder Großhändlers zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme des Fahrrades abgerundet wird, ist dies zulässig. Dieser Wert ist als Bruttowert anzusehen, aus dem die Umsatzsteuer herauszurechnen ist. Liegt der anzusetzende Wert des Fahrrades unter 500 € wird von keiner entgeltlichen Überlassung des Fahrrades ausgegangen. In diesen Fällen ist demzufolge keine Umsatzbesteuerung der Leistung an den Arbeitnehmer erforderlich. Der Umsatzsteuer-Anwendungserlass wurde entsprechend vorgenannter Regelungen geändert. Die Grundsätze dieses Schreibens sind in allen offenen Fällen anzuwenden.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater,  Chemnitz

Verlängerung der verfahrensrechtlichen Steuererleichterungen zur Berücksichtigung der Auswirkungen des Coronavirus

Mit seinem Schreiben vom 31. Januar 2022 gibt das Bundesministerium der Finanzen die weitere Verlängerung steuerlicher Maßnahmen zur Berücksichtigung der Auswirkungen des Coronavirus bekannt. Da vielen Steuerpflichtigen durch die anhaltende Corona-Pandemie auch weiterhin erhebliche wirtschaftliche Schäden entstehen, sollen mit diesen Regelungen gegenüber den Geschädigten unbillige Härten vermieden werden. Das bedeutet, dass die nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffenen Steuerpflichtigen bis zum 31. März 2022 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Stundung der bis zum 31. März 2022 fälligen Steuern stellen können. Die Stundung wird längstens bis zum 30. Juni 2022 gewährt. Dabei ist zu beachten, dass § 222 Satz 3 und 4 AO davon unberührt bleibt. Anschlussstundungen über diesen Zeitpunkt hinaus sind im Zusammenhang von Ratenzahlungsvereinbarungen bis längstens 30. September 2022 möglich. Bei der Nachprüfung der Voraussetzungen für die Stundungen sind die Finanzämter angehalten, keine strengen Anforderungen zu stellen. Beispielsweise dürfen die Anträge nicht deshalb abgelehnt werden, weil die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen nachgewiesen werden können. Auf die Erhebung von Stundungszinsen kann in den vorgenannten Fällen verzichtet werden. Auch hinsichtlich der Vollstreckungsmaßnahmen gibt es Erleichterungen. Für Fälle, in denen der Vollstreckungsschuldner dem Finanzamt bis zum 31. März 2022 mitteilt, dass er nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich negativ wirtschaftlich betroffen ist, wird bis zum 30. Juni 2022 von Vollstreckungsmaßnahmen bei bis zum 31. März 2022 fällig gewordenen Steuern abgesehen. Die im Zeitraum vom 01. Januar 2021 bis zum 30. Juni 2022 entstandenen Säumniszuschläge sind für diese Fälle grundsätzlich zu erlassen. Eine Verlängerung des Vollstreckungsaufschubs ist durch Vereinbarung angemessener Ratenzahlungen bis längstens 30. September 2022 möglich. Den Erlass der Säumniszuschläge können die Finanzämter mit Bezug auf § 118 Satz 2 AO durch Allgemeinverfügung regeln. Hinsichtlich der Vorauszahlungen können die entsprechend betroffenen Steuerpflichtigen  bis zum 30. Juni 2022 unter Darlegung ihrer Verhältnisse Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer 2021 und 2022 stellen. Auch hier sind bei der Nachprüfung der Voraussetzungen  keine strengen Anforderungen zu stellen. Anträge dürfen nicht abgelehnt werden, weil die Steuerpflichtigen die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen nachweisen können. Für alle anderen Fälle gelten bei den Anträgen hinsichtlich Stundung, Vollstreckungsaufschub und Anpassung von Vorauszahlungen die allgemeinen Grundsätze und Nachweispflichten. Dies gilt auch für Ratenzahlungsvereinbarungen über den 30. September 2022 hinaus.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Neustarthilfe 2022

Der Förderzeitraum gilt von 01. Januar bis 31. März 2022. Antragsberechtigt sind Selbständige, die vor dem 01. Oktober 2021 (bisher 01. November 2020) selbständig waren. Zum Personenkreis für die Neustarthilfe 2022 gehören Soloselbständige mit oder ohne Personengesellschaften, Ein-Personen-Kapitalgesellschaften, Mehr-Personen-Kapitalgesellschaften, Genossenschaften sowie auch kurzfristig Beschäftigte der Darstellenden Künste und Personen mit unständigen Beschäftigungsverhältnissen (weniger als eine Woche) aller Branchen. Letztere dürfen allerdings für Januar 2022 kein Arbeitslosen- oder Kurzarbeitergeld bezogen haben. Die Neustarthilfe 2022 beträgt jeweils einmalig 50 Prozent des Referenzumsatzes, der das Dreifache des durchschnittlichen Monatsumsatzes aus 2019 beträgt.  Ausgezahlt werden jeweils maximal 4.500 Euro für Soloselbständige und Ein-Personen-Kapitalgesellschaften und jeweils maximal 18.000 Euro für Mehr-Personen-Kapitalgesellschaften und Genossenschaften. Die Neustarthilfe 2022 wird als Vorschuss ausgezahlt. Nach Ablauf des Förderzeitraums wird auf Grundlage des endgültig realisierten Umsatzes der Monate Januar bis März 2022 die genaue Höhe der Förderung berechnet. Prinzipiell wird der volle Förderbetrag gewährt, wenn sich die Umsatzeinbußen auf 60 Prozent und mehr belaufen. Ist der Umsatz im Förderzeitraum um weniger als 60 Prozent gesunken, muss ein Teil des Vorschusses zurückgezahlt werden. Generell dürfen Neustarthilfe 2022 und Umsatz im Förderzeitraum 90 Prozent des Referenzumsatzes nicht übersteigen. Wenn also der Umsatzeinbruch in dem jeweiligen Förderzeitraum weniger als 10 Prozent beträgt, ist der gesamte Vorschuss zurückzuzahlen. Natürliche Personen (Soloselbständige mit und ohne Personengesellschaften, kurz befristet Beschäftigte in den Darstellenden Künsten sowie unständig Beschäftigte) können ihren Antrag seit 14. Januar 2022 direkt bis zum 30. April 2022 stellen. Dafür steht seit 21. Januar 2022 ein Antragspostfach unter direktantrag.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de (mit Nutzung des ELSTER Zertifikats) bereit. Bei Unklarheiten über eine Förderberechtigung sollte jedoch der Antrag mithilfe eines oder einer prüfenden Dritten (beispielsweise Steuerberater) gestellt werden. Antragsteller, die ihre Tätigkeit über eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft ausüben, müssen ihren Antrag für die Neustarthilfe 2022 ausschließlich über eine prüfende Dritte oder einen prüfenden Dritten ebenfalls bis zum 30. April 2022 stellen. In wenigen Wochen soll die Antragstellung über prüfende Dritte möglich sein.

Hinweis: Da die Förderzeiträume für die Neustarthilfe 2022 und die Überbrückungshilfe IV identisch sind, kann nur eine der Förderungen beantragt werden. Es wird aber im Frühsommer 2022 eine Wechselmöglichkeit eingeräumt, sofern sich aus den tatsächlichen Daten ergibt, dass die andere Förderung vorteilhafter für den Antragsteller ist.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz