2022

Gewinn aus Restschuldbefreiung

In seinem Schreiben vom 08. April 2022 veröffentlichte das Bundesministerium der Finanzen abweichende Aussagen in Bezug auf das Schreiben vom 22. Dezember 2009 (BStBl 2010 I S. 18) zur ertragsteuerrechtlichen Behandlung des Gewinnes aus einer Restschuldbefreiung. Dabei geht es um die sachliche Unbilligkeit von aus dem rückwirkenden Ansatz des Ertrags aus einer Restschuldbefreiung resultierenden Steuerforderungen bei Betriebsaufgabe nach einer Insolvenzeröffnung. In seinem aktuellen Schreiben heißt es dazu, dass die erteilte Restschuldbefreiung ein auf den Zeitpunkt der Betriebsaufgabe rückwirkendes Ereignis darstellt. Die Festlegung gilt unabhängig davon, ob der Betrieb vor oder nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgegeben wurde. Allerdings muss aus Gründen des Vertrauensschutzes ein Steuerpflichtiger die erteilte Restschuldbefreiung nicht als rückwirkendes Ereignis behandeln, wenn der Betrieb nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens und vor Veröffentlichung dieses Schreibens aufgegeben wurde oder als aufgegeben zu betrachten ist. Wurde der Betrieb vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgegeben beziehungsweise galt er als aufgegeben, kann der Steuerpflichtige bei Betriebsaufgaben vor dem 08. August 2017 entsprechend verfahren. Das Schreiben ist in allen offenen Fällen anzuwenden.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Steuerermäßigung für zusammengeballte Überstundenvergütungen

Nachgezahlte Überstundenvergütungen, die für einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten veranlagungszeitraumübergreifend geleistet wurden, sind mit einem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 2 Nr. 4  2. Halbsatz EStG zu besteuern. Das entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 02. Dezember 2021. Da sich mit steigendem Einkommen die Einkommensteuer progressiv erhöht, führt dieser Effekt bei zusammengefassten Überstundenvergütungen zu einer Steuermehrbelastung. Der Progressionseffekt ist aber in diesen Fällen vom Gesetzgeber nicht gewollt. Daher sieht das Gesetz für solche Nachzahlungen die Besteuerung mit einem ermäßigten Steuersatz vor. Die Regelung gilt aber nur für die Vergütung von Tätigkeiten, die sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstrecken und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfassen. Im entschieden Fall leistete der Kläger über drei Jahre verteilt insgesamt 330 Überstunden. Diese wurden ihm erst im vierten Jahr bei Auflösung seines Arbeitsverhältnisses in einem Betrag vergütet. Da das Finanzamt für die gesamte Überstundenvergütung den normalen Einkommensteuertarif ansetzte, klagte er dagegen. FG und Bundesfinanzhof folgten der Ansicht des Finanzamts nicht und setzten den ermäßigten Steuertarif an. In dem Zusammenhang stellte der Bundesfinanzhof klar, dass die Tarifermäßigung nicht nur für die Nachzahlung von festen, sondern auch von variablen Lohnbestandteilen, wie hier der Überstundenvergütung, gilt. Entscheidend ist, dass die nachgezahlte Vergütung für einen Zeitraum von mehr als 12 Monaten veranlagungszeitraumübergreifend erfolgte. Des Weiteren waren im Streitfall auch wirtschaftlich vernünftige Gründe für eine Zusammenballung zu beachten, da die Abgeltung der Überstunden aufgrund der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgte.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Steuerfreistellung des Gewinns aus der Veräußerung eines mit einem "Gartenhaus" bebauten Grundstücks

Bewohnt ein Steuerpflichtiger baurechtswidrig auf seinem Grundstück ein „Gartenhaus“, das nach seiner Beschaffenheit geeignet ist, Menschen auf Dauer Aufenthalt und Unterkunft zu gewähren, so liegt eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken vor, die die Steuerbarkeit des Veräußerungsgewinns ausschließt. Dies entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 26. Oktober 2021 (IX R 5/21) unter Bezug auf § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG. Grundsätzlich unterliegt der Gewinn bei Veräußerung von Grundstücken innerhalb von zehn Jahren nach ihrer Anschaffung der Besteuerung. Immobilien, die im Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken dienen, sind davon ausgenommen. Im strittigen Fall veräußerte der Kläger innerhalb des Zehn-Jahres-Zeitraums Grundstücke, die sich in einem Kleingartengelände befanden. Eines dieser Grundstücke war mit einem von ihm selbst bewohnten "Gartenhaus" bebaut. Im Jahre 1967 war dem früheren Eigentümer die Errichtung des "Gartenhauses"  unter der Auflage genehmigt worden, dass das Gebäude nicht zum dauernden Aufenthalt von Personen genutzt werden darf. Finanzamt und FG berücksichtigten deshalb im Einkommensteuerbescheid des Klägers den bei der Veräußerung entstandenen Gewinn, da die Nutzung des "Gartenhauses" baurechtswidrig sei und somit die Ausnahmeregelung bei der Besteuerung nicht gelte. Der Bundesfinanzhof teilte diese Auffassungen nicht. Das gesetzliche Merkmal "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" setze unter anderem voraus, dass eine Immobilie hinsichtlich ihrer Beschaffenheit zum dauerhaften Bewohnen geeignet ist und auch tatsächlich vom Eigentümer bewohnt wird. Der Bundesfinanzhof betonte, dass auch eine baurechtswidrige Nutzung begünstigt sein kann. Dabei ließ er sich von Sinn und Zweck der Privilegierung einer Nichtbesteuerung des Veräußerungsgewinns leiten. So soll beispielsweise eine ungerechtfertigte Besteuerung eines Veräußerungsgewinns bei Wohnsitzaufgabe wegen eines Arbeitsplatzwechsels verhindert werden. Dieser Gesetzeszweck ist nach Ansicht des Bundesfinanzhofs bei einer baurechtswidrigen Nutzung von Wohneigentum gleichermaßen erfüllt wie bei einer mit dem Baurecht konformen Nutzung.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Steuerliche Maßnahmen zur Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten

Mit seinem Schreiben vom 17. März 2022 veröffentlichte das Bundesministerium der Finanzen Verwaltungsanweisungen zur Unterstützung und Anerkennung des gesamtgesellschaftlichen Engagements bei der Hilfe für vom Krieg in der Ukraine Geschädigten. Die beschlossenen Maßnahmen gelten für den Zeitraum vom 24. Februar 2022 bis zum 31. Dezember 2022. Sie umfassen die Bereiche Spenden, vorübergehende Unterbringungen von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine, Zuwendungen aus dem Betriebsvermögen, Spenden von Arbeitslohn oder Aufsichtsratvergütung, Schenkungsteuer sowie Umsatzsteuer. So genügt zum Nachweis einer steuerbegünstigten Zuwendung anstelle einer Zuwendungsbestätigung der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung eines Kreditinstitutes, das für diesen Zweck ein entsprechend eingerichtetes Konto führt. Handelt es sich bei den Zuwendungen um Schenkungen an gemeinnützige Körperschaften oder für ausschließlich kirchliche, gemeinnützige sowie mildtätige Zwecke, können bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen Steuerbefreiungen nach § 13 ErbStG gewährt werden. Für steuerbegünstigte Körperschaften ist es ausnahmsweise unschädlich, wenn sie bei ihnen vorhandene Mittel, die keiner anderweitigen Bindungswirkung unterliegen, zur unmittelbaren Unterstützung der vom Krieg in der Ukraine Geschädigten einsetzen. Gleiches gilt für die Überlassung von Personal und von Räumlichkeiten sowie für Mittel, die in Sonderaktionen für den vorgenannten Zweck eingeworben wurden. Alle umsatzsteuerbegünstigenden Regelungen für  Zweckbetriebe zur Versorgung, Verpflegung und Betreuung von Flüchtlingen werden ebenfalls auf die Leistungen im Zusammenhang mit der vorübergehenden Unterbringung von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine angewendet. Bei Unterbringung in Einrichtungen eines Betriebes gewerblicher Art einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (BgA) führt die vorübergehende Nutzung des zu ihm gehörenden Betriebsvermögens aus Billigkeitsgründen nicht zu einer gewinnwirksamen Überführung ins Hoheitsvermögen und das BgA-Einkommen wird in diesem Zeitraum mit Null angesetzt. Bei einem steuerbegünstigten BgA wird analog wie bei steuerbegünstigten Körperschaften verfahren. Verzichten Arbeitnehmer auf die Auszahlung von Teilen ihrer Vergütung zugunsten einer steuerfreien Beihilfe und Unterstützung des Arbeitgebers an Ukraine-Flüchtlinge, bleiben diese Lohnteile bei der Feststellung des steuerpflichtigen Arbeitslohnes außer Ansatz und sind nicht in der Lohnsteuerbescheinigung anzugeben, dürfen jedoch nicht als Spende berücksichtigt werden. Analoges gilt für den Verzicht auf Aufsichtsratsvergütungen. Stellen steuerbegünstigte Körperschaften entgeltlich Personal, Räumlichkeiten, Sachmittel oder andere Leistungen gegenseitig zur Verfügung, um Kriegsgeschädigten zu helfen, gelten die Umsätze als eng verbundene Umsätze und sind steuerfrei. Bei der unentgeltlichen Bereitstellung von Gegenständen und Personal für humanitäre Zwecke durch Unternehmen an Hilfsorganisationen, Einrichtungen für geflüchtete Menschen oder zur Versorgung Verwundeter wird von der Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe im Billigkeitswege abgesehen. Gleiches gilt, wenn sich aufgrund der Hilfsmaßnahmen die Nutzung von Räumlichkeiten eines Unternehmens ändert oder Wohnungen von privaten Unternehmen unentgeltlich überlassen werden. Beabsichtigen Unternehmen bereits bei Bezug von Nebenleistungen (Strom, Wasser oder anderes) eine unentgeltliche Beherbergung, wird ausnahmsweise ein entsprechender Vorsteuerabzug gewährt. Die unentgeltliche Wertabgabe wird ebenfalls nicht besteuert.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Viertes Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise (Viertes Corona-Steuerhilfegesetz)

Das Bundeskabinett beschloss am 16. Februar 2022 den Entwurf des Vierten Corona-Steuerhilfegesetzes. Damit will die Bundesregierung Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger weiterhin unterstützen, um die negativen wirtschaftlichen Auswirkungen durch die Corona-Pandemie zu kompensieren, zumindest aber zu mildern. Im Detail sind folgende steuerliche Maßnahmen geplant: So sollen die an bestimmte Arbeitnehmer (beispielsweise in Krankenhäusern) gewährten Prämien bis zu einem Betrag von 3.000 Euro steuerfrei bleiben. Zudem sollen die Prämien auch bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach SGB II nicht angerechnet werden. Die Steuerfreiheit von Zuschüssen zum Kurzarbeitergeld wird um sechs Monate bis Ende Juni 2022 verlängert. Die bestehende Regelung zur Homeoffice-Pauschale soll nun bis 31. Dezember 2022 gelten. Um eine schnelle Refinanzierung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu gewährleisten, wird die Möglichkeit der degressiven Abschreibung für solche, die im Jahr 2022 angeschafft oder hergestellt werden, für ein weiteres Jahr verlängert. Gleichzeitig sollen damit Investitionsanreize geschaffen werden. Für 2022 und 2023 wird der Höchstbetrag beim Verlustrücktrag auf 10 Mio. Euro beziehungsweise auf 20 Mio. Euro bei Zusammenveranlagung erhöht. Damit wird die erweiterte Verlustverrechnung bis Ende 2023 verlängert. Zudem wird der Verlustrücktrag ab 2022 dauerhaft auf zwei Jahre ausgeweitet und erfolgt in die unmittelbar vorangegangenen beiden Jahre. Können aufgrund der Corona-Pandemie für 2022 geplante Investitionen nicht realisiert werden, wird den entsprechenden Unternehmen die Möglichkeit eingeräumt, diese in 2023 nachzuholen. Die Investitionsfristen für steuerliche Investitionsabzugsbeträge werden dafür um ein weiteres Jahr verlängert. Um die Liquidität von Unternehmen zu stützen, werden die steuerlichen Investitionsfristen für Reinvestitionen um ein weiteres Jahr verlängert. Aufgrund des erhöhten zusätzlichen Arbeitsaufwandes durch die steuerlichen Maßnahmen zur Dämpfung der wirtschaftlichen Schäden durch die Pandemie wird die Frist zur Abgabe von Steuererklärungen 2020 in beratenen Fällen um weitere drei Monate verlängert. Diese Verlängerung gilt auch für 2021 und 2022.

Hinweis: Das Gesetzgebungsverfahren dazu ist noch nicht abgeschlossen.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz