2018

Häusliches Arbeitszimmer führt nicht zu anteiliger Besteuerung des privaten Veräußerungsgewinns

Wie das FG Köln in seinem Urteil vom 20.3.2018 (8 K 1160/15) entschied, ist der Gewinn aus dem Verkauf von selbstgenutztem Wohneigentum auch dann in vollem Umfang steuerfrei, wenn zuvor Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer abgesetzt wurden. Im strittigen Fall veräußerten die Kläger innerhalb der 10-jährigen Spekulationsfrist ihre selbst bewohnte Eigentumswohnung. Einen Raum hatten sie als häusliches Arbeitszimmer (19,23 % der Wohnungsfläche) genutzt, für das sie in den Vorjahren den Abzug von Werbungskosten in Höhe von 1.250 € erfolgreich geltend machten. Das Finanzamt ermittelte für das Arbeitszimmer den anteiligen Veräußerungsgewinn in Höhe von 35.575 € und unterwarf diesen der Besteuerung. Es war der Ansicht, dass insoweit keine steuerfreie eigene Wohnnutzung im Sinne von § 23 Absatz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG vorliege. Das FG hingegen vertrat die Auffassung, dass ein häusliches Arbeitszimmer nicht zu einer anteiligen Besteuerung des Veräußerungsgewinns führe. Das Arbeitszimmer stelle kein selbständiges Wirtschaftsgut dar, da es in den privaten Wohnbereich integriert sei. Außerdem sah das FG bei einer Besteuerung auch einen Wertungswiderspruch zum generellen Abzugsverbot von Kosten für häusliche Arbeitszimmer gemäß § 4 Abs. 5 Nr. 6b Satz 1 EStG. Das Finanzamt hat dagegen Revision unter dem Aktenzeichen IX R 11/18 beim Bundesfinanzhof München eingelegt.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Keine doppelte Haushaltsführung bei Hauptwohnung am Beschäftigungsort

In seinem Urteil vom 16.01.2018 (VI R 2/16) stellte der Bundesfinanzhof klar, dass
keine doppelte Haushaltsführung vorliegt, wenn sich die Hauptwohnung, also der eigene Hausstand im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG, ebenfalls am Beschäftigungsort befindet. Das trifft zu, wenn der Steuerpflichtige von dieser Wohnung seine Arbeitsstätte in zumutbarer Weise täglich erreichen kann. Wegezeiten von etwa einer Stunde sind dabei nicht außergewöhnlich. Im strittigen Fall bewohnte der Kläger seit August 1999 eine Wohnung 21 km von seinem Beschäftigungsort entfernt. Darüber hinaus bewohnte er seit Januar 2009 eine zweite Wohnung an dem Ort, an dem sich in den Streitjahren 2010 bis 2012 seine Arbeitsstätte befand. Nach den Angaben in den Einkommensteuererklärungen suchte der Kläger seine Arbeitsstätte von dieser Wohnung aus im Jahr 2010 an 203 Tagen, im Jahr 2011 an 210 Tagen und im Jahr 2012 an 190 Tagen auf. Die bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend gemachten Aufwendungen für doppelte Haushaltsführung erkannte das Finanzamt nicht an. Auch die Klage beim FG blieb ohne Erfolg. Der Bundesfinanzhof betonte in seinem Urteil, dass eine Wohnung dem Wohnen am Beschäftigungsort dient, wenn sie dem Arbeitnehmer ungeachtet von Gemeinde- oder Landesgrenzen ermöglicht, seine Arbeitsstätte täglich aufzusuchen. Eine doppelte Haushaltsführung liegt also nur vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und zusätzlich auch am Beschäftigungsort wohnt. Der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäftigungsort müssen demnach auseinander fallen. Nur dann ist der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG beschäftigt. Im Streitfall hatte das FG festgestellt, dass der einfache Arbeitsweg des Klägers von der ersten Wohnung zu seiner regelmäßigen Arbeitsstätte 21 km betrug. Es schätzte die Fahrzeit für diese Wegstrecke mit dem PKW auf 37 Minuten, für die Fahrt mit der S-Bahn auf 46 bis 50 Minuten und für die Fahrt mit Bus und U-Bahn auf etwa 57/60 bis 65 Minuten. Demzufolge hätte der Kläger seine regelmäßige Arbeitsstätte von dieser Wohnung aus in zumutbarer Weise täglich aufsuchen können. Somit führte der Kläger zwar am Ort seiner Arbeitsstätte einen beruflich veranlassten Zweithaushalt, aber auch der vorhandene eigene Hausstand in seiner ersten Wohnung war am Beschäftigungsort gelegen. Demzufolge war keine doppelte Haushaltsführung gegeben, da der Ort des eigenen Hausstands und der Beschäftigungsort nicht auseinander fallen. Die Entscheidung darüber, ob die fragliche Wohnung so zur Arbeitsstätte gelegen ist, dass der Arbeitnehmer in zumutbarer Weise täglich von dort seine Arbeitsstätte aufsuchen kann, obliegt in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung durch das FG. Dieses hat zu Recht die erste Wohnung als Wohnung am Beschäftigungsort gewertet. Die Lebenshaltungskosten für die zweite Wohnung sind daher nicht beruflich veranlasst.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Kein Abzug von Aufwendungen zur Beseitigung von Baumängeln als außergewöhnliche Belastung

Wie der Bundesfinanzhof mit Beschluss vom 28.03.2018 (VI B 106/17) bekräftigte, führen Aufwendungen zur Beseitigung von durch Baumängel verursachten Schäden grundsätzlich nicht zum Abzug als außergewöhnliche Belastung. Dies gilt auch dann, wenn eine selbstgenutzte Wohnung betroffen ist und Gewährleistungsansprüche gegenüber Dritten mittlerweile verjährt sind. Nach Auffassung des Bundesfinanzhofs ist diese Rechtsfrage ausreichend geklärt. Deshalb wurde die Beschwerde der Kläger wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des FG München vom 26.07.2017 als unbegründet zurückgewiesen. Strittig war, ob Aufwendungen zur Beseitigung von Baumängeln als außergewöhnliche Belastung abziehbar sind, wenn sie sich auf den existenznotwendigen Grundbedarf beziehen und Ersatzansprüche gegenüber Dritten aufgrund Verjährungseintritts nicht mehr realisierbar sind. Dazu machte der Bundesfinanzhof die Rechtslage nochmals zusammenfassend klar. Grundsätzlich können Kosten zur Wiederherstellung der Bewohnbarkeit eines selbstgenutzten Gebäudes, das durch ein von dem Steuerpflichtigen nicht beeinflussbares außergewöhnliches Ereignis beschädigt wurde, Aufwendungen im Sinne von § 33 EStG sein. Voraussetzungen hierfür sind die existentiell wichtige Bedeutung des Vermögensgegenstandes für den Steuerpflichtigen, keine erkennbare Anhaltspunkte für ein Selbstverschulden und keine Realisierbarkeit von Ersatzansprüchen gegen Dritte. Außerdem dürfen die zerstörten oder beschädigten Vermögensgegenstände in Größe und Ausstattung nicht erheblich über das Notwendige und Übliche hinausgehen. Entscheidend aber ist, dass dies nicht für solche Fälle gilt, bei denen die Sanierungsaufwendungen infolge von Baumängeln notwendig werden. Auch dann nicht, wenn die Baumängel gesundheitsgefährdender Natur sind oder Gewährleistungsansprüche wegen Verjährung ausscheiden. Auch stellt der Bundesfinanzhof klar, dass eine existenzielle Betroffenheit des lebensnotwendigen privaten Wohnens nicht schon mit jedem beliebigen Schaden an dem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Haus des Steuerpflichtigen gegeben ist. Ein solcher Fall liegt nur dann vor, wenn die Nutzung des Wohnhauses zu eigenen Wohnzwecken ernsthaft in Frage gestellt ist. Insoweit hatte das FG im Streitfall festgestellt, dass keine schwerwiegende Beeinträchtigung des lebensnotwendigen privaten Wohnens und damit einhergehende existenzielle Betroffenheit vorliegt.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Spendenabzug bei Vorlage einer Zuwendungsbestätigung mit nicht korrektem Ausstellungsdatum

Eine Zuwendungsbestätigung, die lediglich ein nicht korrektes Ausstellungsdatum enthält, kann gleichwohl Grundlage für einen Sonderausgabenabzug beim Zuwendenden sein, sofern die ausstellende Körperschaft zum Zeitpunkt der Erstellung dazu befugt ist und die inhaltlichen Angaben richtig sind. Das entschied der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 12.12.2017 (XR 46/16). Im Streitfall hatte der Kläger an eine GmbH (Stiftungsträgerin) zwecks Errichtung einer unselbständigen Stiftung am 23.12.2008 einen Betrag von 75.000 EUR als Vermögensstock für die Stiftung überwiesen. Der Stiftungszweck berechtigte zum Status der Gemeinnützigkeit. Dies bestätigte das Finanzamt am 16.01.2009 vorläufig für den Zeitraum vom 22.12.2008 bis längstens 21.06.2010. Für 2008 und 2009 beantragte der Kläger für die Zahlung in den Vermögensstock der Stiftung einen entsprechenden Sonderausgabenabzug. Als Nachweis legte er die vom 24.12.2008 datierte Zuwendungsbestätigung vor, in der auch auf die vorläufige Anerkennung auf Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt verwiesen wurde. Das Finanzamt berücksichtigte den Sonderausgabenabzug mit den Einkommensteuerbescheiden für 2008 und 2009. Am 25.04.2012 teilte die Steuerfahndungsstelle (Steufa) dem Finanzamt mit, dass es sich bei der Stiftung um ein Anlagemodell am grauen Kapitalmarkt in Form eines Schneeballsystems handelte. Verantwortliche der GmbH waren wegen Betrugs rechtskräftig zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden. Das Finanzamt änderte aufgrund der neuen Sachlage am 11.05.2012 die Einkommensteuerbescheide 2008 und 2009. Es versagte dem Kläger den Sonderausgabenabzug für die Zuwendung und hob den zugunsten der Stiftung ergangenen Freistellungsbescheid auf. Das FG jedoch war der Auffassung, dass aufgrund der nicht ordnungsgemäßen Zuwendungsbescheinigung bereits bei der ursprünglichen Veranlagung der Sonderausgabenabzug hätte verwehrt werden müssen. Deshalb hätten die Einkommensteuerbescheide nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO nicht geändert werden dürfen. Dem widersprach der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil. Zwar wurde die angeblich am 24.12.2008 von der Stiftung ausgestellte Zuwendungsbestätigung offensichtlich rückdatiert, da sie auf die vorläufige Freistellungsbescheinigung des Finanzamts vom 16.01.2009 verweist. Das allein reicht jedoch nicht, um den Sonderausgabenabzug zu verwehren, sofern der Zuwendungsempfänger im Zeitpunkt der tatsächlichen Ausstellung hierzu befugt war und seine Aussagen inhaltlich richtig sind. Im Streitfall bestanden keine Zweifel, dass der Kläger die Zuwendung wie in der Zuwendungsbestätigung angegeben am 23.12.2008 bewirkt hat. Ebenso war aufgrund der vorläufigen Freistellungsbescheinigung die Stiftung während dieses Zeitraums und danach formal zur Ausstellung von Zuwendungsbestätigungen befugt. Das FG muss daher im zweiten Rechtsgang aufklären, ob die von der Steufa vorgebrachten rechtserheblichen Tatsachen im Sinne von § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO tatsächlich nachträglich bekannt geworden sind. Dann wäre die Änderung der Einkommensteuerbescheide rechtens. Sollte sich herausstellen, dass die Zuwendungsbestätigung unrichtige Angaben zum Vorliegen einer unentgeltlichen Zuwendung oder zu ihrer Verwendung für steuerbegünstigte Zwecke enthält, muss geprüft werden, ob sich der Kläger gegebenenfalls auf Vertrauensschutz nach § 10b Abs. 4 Satz 1 EStG berufen kann. Dann wäre die Steuerfestsetzung nicht änderbar gewesen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Kein Kindergeldanspruch wegen Zweitausbildung durch zeitliche Zäsur

Setzt ein Kind nach Beendigung der Ausbildung zur Steuerfachangestellten seine Berufsausbildung mit den weiterführenden Berufszielen „Staatlich geprüfter Betriebswirt“ oder „Steuerfachwirt“ nicht zum nächstmöglichen Zeitpunkt fort, handelt es sich bei der nachfolgenden Fachschulausbildung um eine Zweitausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG. In diesem Fall schließt eine mehr als 20 Wochenstunden umfassende Erwerbstätigkeit während der Zeit des Wartens auf den Antritt der Fachschulausbildung und während deren Durchführung einen Kindergeldanspruch aus. Das entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 11.04.2018 (III R 18/17). Im strittigen Fall absolvierte die im Jahr 1990 geborene Tochter des Klägers nach ihrem Abitur eine Ausbildung zur Steuerfachangestellten, die sie am 21.06.2013 abschloss. Anschließend nahm sie eine Vollzeitbeschäftigung in ihrem Ausbildungsbetrieb auf. Im September 2013 meldete sie sich bei einer Fachschule in der Fachrichtung Betriebswirtschaft mit Schwerpunkt Steuern in Teilzeitform an. Sie erhielt für das Schuljahr 2014/2015 eine Zusage und nahm am 20.08.2014 das Studium auf. Bis dahin arbeitete sie in mehreren Steuerkanzleien in Vollzeit. Ab September 2014 reduzierte sie ihre wöchentliche Arbeitszeit von 40 auf 36 Stunden. Im April 2016 beantragte der Kläger rückwirkend für den Zeitraum Juli 2013 bis September 2015 die Fortsetzung der Kindergeldzahlung, was die Familienkasse ablehnte. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass es sich bei der Weiterbildung der Tochter um eine Zweitausbildung handelte und dass sie bis September 2015 einer für den Kindergeldanspruch schädlichen Erwerbstätigkeit nachging. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Der Bundesfinanzhof bestätigte die Entscheidung der Vorinstanzen. Er stellte klar, dass der Übergangszeitraum vom Ende der Erstausbildung im September 2013 bis zum Beginn des Studiums im August 2014 die dafür zulässigen vier Monate überschritt, sodass eine zeitliche Zäsur eintrat. Somit war die weiterführende Ausbildung eine Zweitausbildung. Die Tochter des Klägers hätte sich durchaus eher für das Studium anmelden können. Im Streitfall kommt hinzu, dass sie nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung und während der Zweitausbildung einer Erwerbstätigkeit nachging, die über die zulässigen 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit hinausging. Auch kann entgegen der Auffassung des Klägers die parallele Tätigkeit der Tochter in den Steuerberatungskanzleien nicht als duale Ausbildung im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a EStG kindergeldrechtlich berücksichtigt werden.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz