2017

Anforderungen an die Belegvorlage im Vergütungsverfahren

Wie der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 17.05.2017 entschied, gilt auch die Kopie einer Rechnungskopie als eine Kopie der Rechnung. Die Entscheidung betrifft das sogenannte Vergütungsverfahren, nach dem im Ausland ansässige Unternehmer ihre im Inland abziehbaren Vorsteuerbeträge vergütet erhalten. Nach einer Neuregelung im Jahr 2010 muss der erforderliche Antrag dafür auf elektronischem Weg gestellt werden. Da die bis dahin erforderliche Übersendung von Originalunterlagen dadurch entfällt beziehungsweise nicht mehr möglich ist, sind ab 2010 die entsprechenden Rechnungen auf elektronischem Weg in Kopie zu übermitteln. Im behandelten Fall hatte die Klägerin für das Streitjahr 2011 die einzureichenden Rechnungskopien nicht vom Original der Rechnungen, sondern von Rechnungskopien (als „Copy 1“ gekennzeichnet) angefertigt. Das Bundeszentralamt für Steuern versagte deshalb den Vorsteuerabzug. Der hiergegen eingereichten Klage gab das FG statt. Der Bundesfinanzhof bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz. Nach seinem Urteil handelt es sich bei der Kopie einer Kopie des Originals mittelbar um eine Kopie des Originals und damit um eine originalgetreue Reproduktion. Es sei kein Sachgrund ersichtlich für ein Erfordernis, die elektronische Kopie von einer Originalurkunde anzufertigen. Bei begründeten Zweifeln jeglicher Art habe zudem das Bundeszentralamt für Steuern die Möglichkeit, die Vorlage von Rechnungen im Original zu verlangen.
Hinweis: Ab 2015 hat sich die Rechtslage wiederum geändert hat. Nach dem heute geltenden Recht müssen eingescannte Originale eingereicht werden.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Pflegefreibetrag für gesetzlich zum Unterhalt verpflichtete Personen

Wie der Bundesfinanzhof mit Urteil vom 10.05.2017 entschied, schließt eine aufgrund des Verwandtschaftsverhältnisses bestehende gesetzliche Unterhaltspflicht die Gewährung des Pflegefreibetrags nicht aus. Damit widerspricht er der allgemeinen Verwaltungsauffassung. Hat beispielsweise ein Kind einen pflegebedürftigen Elternteil zu Lebzeiten gepflegt, ist es berechtigt, nach dem Ableben des Elternteils bei der Erbschaftsteuer den sogenannten Pflegefreibetrag in Anspruch zu nehmen. Im Streitfall hatte die Klägerin ihre Mutter ca. zehn Jahre lang bis zu deren Tod auf eigene Kosten, also ohne Vergütung, gepflegt. Die Mutter war nach Pflegestufe III eingestuft mit einem monatlichen Pflegegeld von bis zu 700 €. Nach dem Tod der Mutter setzte das Finanzamt entsprechend dem Erbe der Klägerin deren Erbschaftssteuer fest. Einen Pflegefreibetrag nach § 13 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG in Höhe von 20.000 € lehnte es ab, da die Klägerin als Tochter gesetzlich unterhaltsverpflichtet gewesen sei. Das FG gab der hiergegen erhobenen Klage statt, weil die Klägerin aufgrund des Vermögens der Mutter nur abstrakt zum Unterhalt verpflichtet war. Der Bundesfinanzhof bestätigte diese Vorentscheidung. Nach seiner Auffassung ist der Begriff "Pflege" grundsätzlich weiter auszulegen. Er erfasst die regelmäßige und dauerhafte Fürsorge für das körperliche, geistige oder seelische Wohlbefinden einer hilfsbedürftigen Person. Weder aus der gesetzlichen Unterhaltspflicht nach §§ 1601 ff., § 1589 Satz 1 BGB noch aus der Verpflichtung zu Beistand und Rücksicht zwischen Kindern und Eltern nach § 1618a BGB folgt eine generelle gesetzliche Verpflichtung zur persönlichen Pflege. Damit entspricht die Gewährung des Pflegefreibetrags auch für gesetzlich Unterhaltsverpflichtete dem Sinn und Zweck der Vorschrift, ein freiwilliges Opfer der pflegenden Person zu honorieren. Ebenso ist es nicht erforderlich, dass der Erblasser pflegebedürftig im Sinne des § 14 Abs. 1 SGB XI alter Fassung und einer Pflegestufe nach § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB XI alter Fassung zugeordnet war. Da Pflegeleistungen üblicherweise innerhalb der Familie, insbesondere zwischen Kindern und Eltern erbracht werden, würde die Freibetragsregelung bei Ausschluss dieses Personenkreises nahezu ins Leere laufen. Die Höhe des Freibetrags bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls. Dabei können die Vergütungssätze von entsprechenden Berufsträgern als Vergleichsgröße herangezogen werden. Der Freibetrag kann auch ohne Einzelnachweis zu gewähren sein, sofern es sich - wie im Streitfall - um die Erbringung langjähriger, intensiver und umfassender Pflegeleistungen handelt. Der Entscheidung des Bundesfinanzhofs kommt im Erbfall wie auch bei Schenkungen große Praxisrelevanz zu. Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass der Erbe den Pflegefreibetrag auch dann in Anspruch nehmen kann, wenn der Erblasser zwar pflegebedürftig, aber aufgrund eigenen Vermögens nicht unterhaltsberechtigt war.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Werbungskosten nach gescheitertem Anschaffungsgeschäft

Das Fehlen einer rechtlichen Grundlage für die Hingabe von Geld an einen beispielsweise betrügerischen Grundstücksmakler schließt den wirtschaftlichen Zusammenhang der Aufwendungen mit einer beabsichtigten Vermietung nicht aus. Der Betrogene kann den Verlust bei den Werbungskosten aus Vermietung und Verpachtung abziehen. Voraussetzung ist allerdings, dass der Geschädigte bei Hingabe des Geldes zum Erwerb und zur Vermietung des Grundstücks entschlossen war. Dies entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 09.05.2017. In der Regel können die auf ein zur Fremdvermietung bestimmtes Gebäude entfallenden Anschaffungs- oder Herstellungskosten steuerrechtlich nur zeitanteilig in Form und Höhe der Absetzungen für Abnutzung (AfA) geltend gemacht werden. Kommt es allerdings nicht zur Herstellung des Gebäudes oder nicht zur Anschaffung, sind die vergeblich aufgewandten Beträge sofort in voller Höhe als vorab entstandene Werbungskosten abziehbar. Eine Verteilung der Aufwendungen als AfA ist in dem Falle nicht möglich, da keine Anschaffungskosten entstanden sind. Dabei ist es unerheblich, ob für die Hingabe des Geldes wie üblich eine vertragliche Verpflichtung bestand oder ob diese fehlt. Im Streitfall beabsichtigte der Kläger den Erwerb eines Villengrundstücks. Die Villa wollte er teilweise vermieten. Eigentümer war eine Stiftung nach liechtensteinischem Recht. Der Kläger vertraute dem Makler den Kaufpreis in bar an, nachdem dieser ihm versichert hatte, das Geschäft bei Barzahlung in der Schweiz zum Abschluss zu bringen. Tatsächlich veruntreute der Makler das Geld jedoch. Der Kläger machte die vergeblichen Aufwendungen als Werbungskosten geltend. Im Widerspruch zu den Vorinstanzen gab der Bundesfinanzhof dem Kläger im Grundsatz Recht. Er betonte, dass die einzige Voraussetzung für die Anerkennung dieser vorab entstandenen Aufwendungen die Erwerbs- und Vermietungsabsicht ist. Da der Kläger das Grundstück zu einem späteren Zeitpunkt tatsächlich erworben und vermietet hat, bestand daran insofern keinerlei Zweifel. Allerdings gab der Bundesfinanzhof dennoch die Sache an das FG zurück. Dieses muss noch prüfen, wann genau der Kläger hätte davon ausgehen müssen, dass er für sein Geld keine Gegenleistung erhalten und dieses vom Makler auch nicht mehr zurückbekommen würde. Zudem ist der Anteil der vergeblichen Aufwendungen für den zu vermietenden Gebäudeteil festzustellen.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Lohnsteuerliche Behandlung von Deutschkursen für Flüchtlinge

Mit Schreiben vom 04.07.2017 hat das Bundesministerium der Finanzen Antwort erteilt auf die Frage, ob Arbeitgeberleistungen für Deutschkurse zur beruflichen Integration von Flüchtlingen zu Arbeitslohn führen. Danach liegt kein Arbeitslohn vor, wenn diese Bildungsmaßnahmen im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers durchgeführt werden. Das ist bei Flüchtlingen und anderen Arbeitnehmern, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, der Fall, wenn der Arbeitgeber die Sprachkenntnisse in dem für den Arbeitnehmer vorgesehenen Aufgabengebiet verlangt. Als Arbeitslohn können solche Bildungsmaßnahmen nur gewertet werden, wenn konkret anzunehmen ist, dass sie vom Arbeitgeber als Belohnung gedacht sind. Zudem verweist das Bundesministerium der Finanzen darauf, dass außerhalb der Arbeitgeberförderung Beschäftigte mit Migrationshintergrund auch kostenlose berufsbezogene Deutschkurse aus der Regelförderung des Bundes in Anspruch nehmen können. Voraussetzung für die Teilnahme sind vorhandene Sprachkenntnisse auf dem Niveau B1(GER) oder ein beendeter Integrationskurs. Weitere Informationen, beispielsweise welchen Aufenthaltsstatus die Migranten oder Flüchtlinge für eine berufsbezogene Deutschsprachförderung gemäß § 45a AufenthG erfüllen müssen, erhalten Arbeitgeber beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Buchwertfortführung bei Ausscheiden aus einer Personengesellschaft gegen Übertragung von Einzelwirtschaftsgütern

Mit zwei Urteilen vom 16.03.2017 und 30.03.2017 entschied der Bundesfinanzhof, dass künftig Gesellschafter weitergehend als bisher aus ihren Personengesellschaften gewinnneutral und damit ohne Aufdeckung stiller Reserven ausscheiden können. Der Bundesfinanzhof stellt klar, dass eine sogenannte gewinnneutrale Realteilung in allen Fällen der Sachwertabfindung eines ausscheidenden Gesellschafters vorliegt, wenn er die erhaltenen Wirtschaftsgüter weiter als Betriebsvermögen verwendet. So wird eine Buchwertfortführung auch dann ermöglicht, wenn die Abfindung nicht in der Übertragung eines Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils, sondern in der Übertragung einzelner Wirtschaftsgüter besteht. Damit werden die Auflösung der Gesellschaft mit anschließender Verteilung der Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens unter den Gesellschaftern und das Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer fortbestehenden Gesellschaft gleichgestellt. Bei der Auflösung der Gesellschaft handelt es sich laut Bundesfinanzhof um eine „echte Realteilung“. Beim Ausscheiden aus einer fortbestehenden Gesellschaft gegen Abfindung mit Gesellschaftsvermögen handelt es sich hingegen um eine „unechte Realteilung“. Im ersten Streitfall (IV R 31/14) hatten Vater und Sohn eine von ihnen gemeinsam betriebene GmbH & Co. KG aufgelöst und im Handelsregister gelöscht. Die Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens wurden entsprechend der Gesellschafteranteile (Vater – 10%, Sohn – 90%) aufgeteilt. Seinen Anteil des ehemaligen Gesellschaftsvermögens setzte der Sohn in ein neu gegründetes Einzelunternehmen für seine alleinige weitere betriebliche Tätigkeit ein. Das Finanzamt lehnte eine gewinnneutrale Realteilung ab, weil die betriebliche Tätigkeit fortgesetzt worden sei. Der Bundesfinanzhof stellte jedoch klar, dass die Tätigkeit der von Vater und Sohn gemeinsam betriebenen Gesellschaft infolge ihrer Auflösung und Vollbeendigung eingestellt wurde. Deshalb fand eine echte gewinnneutrale Realteilung statt. Im zweiten Streitfall (IV R 11/15) hatte ein Gesellschafter seinen Anteil an einer KG zunächst in eine neu gegründete Ein-Mann-GmbH & Co. KG eingebracht. Diese schied sogleich unter demselben Datum aus der KG aus. Zur Abfindung erhielt die ausscheidende neue Gesellschaft alle Wirtschaftsgüter eines nicht als Teilbetrieb organisierten Geschäftsbereichs der KG, den sie anschließend fortführte. Die Finanzverwaltung wertete die kurz vorher vorgenommene Übertragung vom Gesellschafter auf die neue Gesellschaft als ein gewinnrealisierendes Tauschgeschäft. Sie war deshalb mit der Anwendung von Realteilungsgrundsätzen beim Ausscheiden gegen Abfindung mit einzelnen Wirtschaftsgütern nicht einverstanden. Sie war der Ansicht, eine Gewinnneutralität könnte nur dann gewährt werden, wenn der ausscheidende Gesellschafter einen Teilbetrieb oder einen Mitunternehmeranteil erhält. Gegen diese Auffassung wendet sich der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil ausdrücklich. Er wertet diesen Vorgang als eine gewinnneutrale unechte Realteilung. Zudem verweist er darauf, dass die Handhabung der Finanzverwaltung insbesondere dann negative Auswirkungen haben kann, wenn der ausscheidende Gesellschafter mit den erhaltenen Wirtschaftsgütern verbundene Schulden oder sonstige Verpflichtungen übernimmt.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz