2016

Gemischt genutzte Nebenräume

Aufwendungen für Küche, Bad und Flur, die in die häusliche Sphäre eingebunden sind und zu einem nicht unerheblichen Teil privat genutzt werden, können auch dann nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten berücksichtigt werden, wenn ein steuerlich anzuerkennendes Arbeitszimmer existiert. Das entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 17.02.2016. Im strittigen Fall übte die Klägerin als Lebensberaterin ihre Tätigkeit ausschließlich in einem Zimmer ihrer Mietwohnung aus. Anderweitige Gewerberäume wurden nicht genutzt. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen dafür als Betriebsausgaben an. Jedoch für die privat und beruflich genutzten Nebenräume versagte es die Berücksichtigung der Kosten, auch nur anteilig. Der Bundesfinanzhof bestätigte die Auffassung des Finanzamts. Bereits mit seinem Beschluss vom 27.07.2015 hatte er entschieden, dass die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer, das nicht nahezu ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzt wird, steuerlich nicht zu berücksichtigen sind. Mit der vorliegenden Entscheidung knüpft der Bundesfinanzhof daran an. Die Nutzungsvoraussetzungen sind individuell für jeden Raum und damit auch für Nebenräume zu prüfen. Eine zumindest nicht unerhebliche private Mitnutzung derartiger Räume ist daher abzugsschädlich. Die Auffassung der Klägerin, dass entsprechende Nebenräume in einem gesondert angemieteten Bürotrakt auch steuerlich berücksichtigt würden, ist insoweit falsch, weil sich dort das Problem der gemischten Nutzung nicht stellt. Aufgrund der räumlichen Trennung von der eigenen Wohnung handelt es sich hierbei um eine rein betriebliche oder berufliche Nutzung.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Sofortabzug eines Disagios

Ein Disagio ist dann sofort als Werbungskosten abziehbar, wenn es sich im Rahmen des am aktuellen Kreditmarkt Üblichen hält. Wann dies der Fall ist, ist eine Frage der tatrichterlichen Würdigung. Wird eine Disagiovereinbarung mit einer Geschäftsbank wie unter fremden Dritten geschlossen, indiziert dies die Marktüblichkeit. Das entschied der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 08.03.2016. Im Streitfall erwarb der Kläger mit notariell beurkundetem Kaufvertrag ein Mehrfamilienhaus zum Preis von 1,5 Mio. EUR. Hierfür nahm er ein Hypothekendarlehen in Höhe von nominell 1.333.000 EUR auf. Der Nominalzinssatz betrug bei einer festen Zinsbindung von zehn Jahren 2,85 % jährlich. Bei der Berechnung des Nominalzinssatzes wurde ein Disagio von 10 % der Darlehenssumme berücksichtigt. Der Kläger machte bei der Ermittlung der Einkünfte aus der Vermietung des Mehrfamilienhauses das Disagio in Höhe von 133.000 EUR als sofort abziehbare Werbungskosten geltend. Das Finanzamt berücksichtigte allerdings nur einen Betrag von 66.725 EUR, da nur der marktübliche Teil von 5 % des Disagios sofort abziehbar sei. Der über 5 % hinausgehende Disagiobetrag werde auf den Zinsfestschreibungszeitraum von zehn Jahren verteilt und im Streitjahr daher nur anteilig in Höhe von 6.673 EUR berücksichtigt. Einspruch und Klage waren erfolglos. Der Bundesfinanzhof widersprach nun mit seinem Urteil den Vorinstanzen. Gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG sind Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen, in dem sie geleistet worden sind. Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren im Voraus geleistet, sind sie gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig zu verteilen, für den die Vorauszahlung geleistet wird. Das ist nach Satz 4 dieser Regelung allerdings nicht auf ein Disagio anzuwenden, soweit dieses marktüblich ist. Ein marktübliches Disagio, das für einen Kredit über eine Laufzeit von mehr als fünf Jahren gezahlt wird, ist demnach nicht auf die Laufzeit zu verteilen, sondern kann im Jahr der Leistung voll zum Abzug gebracht werden. Die Marktüblichkeit ergibt sich aus der Höhe des Disagios im Verhältnis zur Höhe und Laufzeit des Kredits, dies in Relation zu den aktuellen Verhältnissen auf dem Kreditmarkt.  Nur ein ungewöhnlich niedriger Nominalzins rechtfertigt die Versagung des Sofortabzugs des Disagios. Wird eine Zins- und Disagiovereinbarung mit einer Geschäftsbank wie unter fremden Dritten geschlossen, indiziert dies die Marktüblichkeit. Angesichts der üblichen Pflicht von Geschäftsbanken zur Risikokontrolle sind mit einer Geschäftsbank vereinbarte Zinsgestaltungen regelmäßig als im Rahmen des am Kreditmarkt Üblichen zu betrachten. Nur außergewöhnliche Umstände, wie etwa die besondere Kreditunwürdigkeit des Darlehensnehmers, besondere persönliche Beziehungen der Beteiligten zueinander oder ganz atypische Vertragsgestaltungen, lassen  andere Vermutungen zu. Im Streitfall hatte es das FG versäumt, die genauen Umstände festzustellen.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Reform des Mutterschutzgesetzes

Das Bundeskabinett hat am 04.05.2016 die Reform des Mutterschutzgesetzes beschlossen. Ziel des Gesetzes ist es, die Gesundheit von Schwangeren, frischgebackenen Müttern und der ihres Kindes am Arbeitsplatz und in den Wochen nach der Schwangerschaft besser zu schützen. Die Arbeitsbedingungen sollen bei Bedarf mit größtmöglicher Sorgfalt so angepasst werden, damit die Frau ihre Arbeit ohne Beeinträchtigung ihrer Gesundheit oder der ihres Kindes weiterhin ausüben kann. Das Mutterschutzgesetz gibt es seit 1952. Seitdem wurde es nur geringfügig geändert. Mit der Reform soll das Gesetz moderner und den aktuellen gesundheitswissenschaftlichen Erkenntnissen angepasst werden. Bislang dürfen Arbeitgeber Frauen sechs Wochen vor und acht Wochen nach der Geburt nicht beschäftigen. Bei Frühgeburten oder Zwillingen verlängert sich die Zeit nach der Geburt auf zwölf Wochen. Gefährliche Arbeiten, Nachtschichten oder auch Akkord- und Fließbandarbeit sind für Schwangere tabu. Zudem gibt es einen weitreichenden Kündigungsschutz. Während des Mutterschutzes wird Mutterschutzgeld gezahlt. Die Reform sieht nun neben dem erstmaligen Mutterschutz für Schülerinnen und Studentinnen neuerdings auch die Anwendung auf Frauen mit Behinderung in entsprechenden Werkstätten, auf Praktikantinnen und Frauen in betrieblicher Berufsausbildung vor. Zudem werden in die mutterschutzrechtlichen Regelungen auch Teilnehmerinnen des Bundesfreiwilligendienstes oder Entwicklungshelferinnen eingezogen. Des Weiteren sieht die Reform längere Schutzfristen bei behinderten Kindern und Fehlgeburten vor. Die Schutzfrist nach der Geburt eines behinderten Kindes soll demnach von acht auf zwölf Wochen verlängert werden können. Der Gesetzgeber würdigt damit, dass die Geburt für die Mutter in solchen Fällen häufig mit besonderen körperlichen und psychischen Belastungen verbunden ist. Dazu kommt häufig auch der höhere Pflegebedarf von behinderten Kindern. Neu eingeführt werden soll ebenfalls ein Kündigungsschutz für Frauen, die eine Fehlgeburt nach der zwölften Woche erlitten haben. Die Reform des Mutterschutzgesetzes ist insbesondere für Unternehmen mit Frauen in der Produktion relevant. Zukünftig könnte der Gesetzgeber Arbeitsplatzanalysen über den Grad der Gefährdung für Schwangere und Stillende fordern.  Nach Beratung des Gesetzentwurfes im Bundestag und Zustimmung durch den Bundesrat soll das Gesetz noch im Jahr 2016 verabschiedet werden und ab 01.01.2017 in Kraft treten.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Steuerliche Förderung der Elektromobilität

Das Bundeskabinett hat am 18.05.2016 den Regierungsentwurf des Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Elektromobilität im Straßenverkehr beschlossen. Die steuerlichen Maßnahmen sollen einer klimagerechten Zukunftspolitik dienen und das Maßnahmenbündel der Bundesregierung zur Förderung der Elektromobilität im Straßenverkehr ergänzen. Die geplanten steuerlichen Anreize werden zeitlich befristet sein. Konkret sieht der Gesetzentwurf Änderungen im Bereich der Kraftfahrzeugsteuer und der Einkommensteuer vor. Bei erstmaliger Zulassung reiner Elektrofahrzeuge gilt seit dem 01.01.2016 bis zum 31.12.2020 eine fünfjährige Kraftfahrzeugsteuerbefreiung. Diese wird nun rückwirkend zum 01.01.2016 auf zehn Jahre ausgedehnt. Zudem wird die zehnjährige Steuerbefreiung auf technisch angemessene, verkehrsrechtlich genehmigte Umrüstungen zu reinen Elektrofahrzeugen ausgeweitet. Des Weiteren beinhaltet das Maßnahmenpaket Mittel für den Ausbau der Ladeinfrastruktur sowie zusätzliche Anstrengungen bei der öffentlichen Beschaffung von Elektrofahrzeugen. Durch Änderungen im EStG sollen sich die Arbeitgeber durch einen steuerlichen Anreiz stärker an dem Ausbau der Ladeinfrastruktur beteiligen. Deshalb wird eine Steuerbefreiung für vom Arbeitgeber gewährte Vorteile für das Aufladen eines privaten Elektro- oder Hybridelektrofahrzeugs an der betrieblichen Ladevorrichtung eingeführt. Zusätzlich wird die Überlassung von Ladevorrichtungen an Arbeitnehmer begünstigt. Der Arbeitgeber erhält die Möglichkeit, geldwerte Vorteile aus der unentgeltlichen oder verbilligten Übereignung der Ladevorrichtung und Zuschüsse pauschal mit 25% Lohnsteuer zu besteuern. Diese Regelungen werden befristet für den Zeitraum vom 01.01.2017 bis 31.12.2020.

Hinweis: Da die Elektromobilität ein wichtiger Baustein der Energiewende ist, wird die Anschaffung von neuen Elektroautos oder Plug-In-Hybridfahrzeugen in Höhe von 4.000 € bzw. 3.000 € bereits gefördert. Die Antragstellung erfolgt über das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Studium nach Berufstätigkeit nicht Bestandteil einer einheitlichen Erstausbildung

Nimmt ein Kind nach Abschluss einer kaufmännischen Ausbildung ein Studium auf, welches eine Berufstätigkeit voraussetzt, dann ist das Studium nicht mehr integrativer Bestandteil einer einheitlichen Erstausbildung. Eine Zahlung von Kindergeld wird damit versagt. Das entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 04.02.2016. Im Streitfall hatte die Tochter des Klägers im Januar 2014 erfolgreich ihre Ausbildung zur Kauffrau im Gesundheitswesen abgeschlossen. Anschließend arbeitete sie als Angestellte in einer Klinik.  Die Tochter strebte eine Tätigkeit im mittleren Management im Gesundheitswesen an. Ab September 2014 nahm sie deshalb ein berufsbegleitendes Studium an einer Verwaltungsakademie in der Fachrichtung Betriebswirt auf. Obwohl sie die Voraussetzungen für das Studium - eine kaufmännische Berufsausbildung und eine einjährige Berufstätigkeit - nicht ganz erfüllte, wurde sie immatrikuliert. Ihre wöchentliche Arbeitszeit reduzierte sie auf 30 Stunden. Da die Tochter nach Ansicht der Familienkasse ihre Ausbildung abgeschlossen hatte und 30 Wochenstunden arbeitete, hob es die Kindergeldfestsetzung auf. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Und auch der Bundesfinanzhof wertete das Studium als Zweitausbildung und damit als kindergeldschädlich. Grundsätzlich ist die Gesetzeslage so, dass nach Abschluss einer erstmaligen Berufsausbildung oder eines Erststudiums ein Kind zwischen 18 und 25 Jahren, das sich in einer weiteren Ausbildung befindet, nur beim Kindergeld berücksichtigt wird, wenn es keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Ausnahmen hiervon sind eine Erwerbstätigkeit mit bis zu 20 Stunden regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit, ein Ausbildungsdienstverhältnis oder ein geringfügiges Beschäftigungsverhältnis nach § 32 Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG. Da aber im Streitfall die Tochter die zulässige Wochenarbeitsgrenze überschritten hatte, war entscheidend, ob es sich bei dem berufsbegleitenden Studium um eine Erst- oder Zweitausbildung handelt. Um das Studium als Erstausbildung zu werten, müsste die kaufmännische Ausbildung integrativer Bestandteil eines einheitlichen Ausbildungsgangs sein. Das trifft beispielsweise zu bei der Prüfung als Steuerfachangestellter im Rahmen eines dualen Bachelorstudiums im Steuerrecht, bei der Prüfung als Fachinformatiker im Rahmen einer dualen Ausbildung zum Bachelor in Wirtschaftsinformatik sowie beim Bachelor-Abschluss im Rahmen eines Masterstudiums. Eine solche einheitliche Erstausbildung liegt aber nicht mehr vor, wenn der zweite Ausbildungsabschnitt eine Berufstätigkeit voraussetzt. Dann handelt es sich um einen die berufliche Erfahrung berücksichtigenden Weiterbildungsstudiengang und damit um eine Zweitausbildung. So verhielt es sich im entschiedenen Fall.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz