2015

Umsatzsteuer bei Verkäufen über Internet-Plattformen

Der Bundesfinanzhof entschied mit seinem Urteil vom 12.08.2015, dass wer planmäßig und mit erheblichem Organisationsaufwand mindestens 140 fremde Pelzmäntel in eigenem Namen über eine Internet-Handelsplattform verkauft, eine unternehmerische und damit umsatzsteuerpflichtige Tätigkeit ausübt. Im strittigen Fall veräußerte die Klägerin, eine selbständige Finanzdienstleisterin, im Zeitraum 2004 und 2005 über zwei Verkäuferkonten bei eBay an verschiedene Erwerber mindestens 140 Pelzmäntel für insgesamt ca. 90.000 €. Nachdem das Finanzamt aufgrund einer anonymen Anzeige davon erfahren hatte, setzte es im Ergebnis einer Außenprüfung für die Verkäufe eine entsprechende Umsatzsteuer fest. Die Klägerin erklärte hierzu, dass sie lediglich die umfangreiche private Pelzmantelsammlung ihrer verstorbenen Schwiegermutter veräußert habe. Unterlagen über den Erwerb der Pelze seien nicht mehr vorhanden. Im Zuge der Auflösung des Haushalts habe sie die Stücke über eBay verkauft. Die unterschiedliche Größe der abgesetzten Pelze resultiere daraus, dass sich im Laufe der Jahre die Kleidergröße ihrer Schwiegermutter verändert habe. Das Finanzamt hielt die Angaben der Klägerin für nicht glaubhaft. Das FG allerdings gab der Klage statt, da der Verkauf einer privaten Sammlung keine unternehmerische Tätigkeit sei. Der Bundesfinanzhof folgte der Mutmaßung des FG, die Klägerin habe eine private Pelzmantelsammlung verkauft, nicht. Diese Auffassung halte einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Mit der Tätigkeit eines privaten Sammlers habe das Agieren der Klägerin nichts zu tun, da sie nicht eigene, sondern fremde Pelzmäntel verkauft habe. Zudem habe das FG bei seiner Entscheidungsfindung nicht berücksichtigt, dass die verkauften Gegenstände (anders als z.B. Briefmarken, Münzen oder historische Fahrzeuge) keine Sammlerstücke, sondern Gebrauchsgegenstände seien. Auch sei angesichts der unterschiedlichen Pelzarten und -marken, Konfektionsgrößen und der um bis zu 10 cm voneinander abweichenden Ärmellängen nicht erkennbar, welches Sammelthema die Schwiegermutter verfolgt haben sollte. Da sich die Klägerin in der vorliegenden Konstellation ihrer Aktivitäten ähnlicher Mittel bediente und vermarktungstechnisch agierte wie beispielsweise ein Händler, erfüllte sie die maßgeblichen Beurteilungskriterien für das Vorliegen einer unternehmerischen Tätigkeit. Der Hinweis der Klägerin auf die begrenzte Dauer ihrer Tätigkeit ändert an dieser Einschätzung nichts. Es handelt sich im Streitfall klar um umsatzsteuerpflichtige Verkäufe.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Steuerfreiheit von Trinkgeldern

Mit seinem Urteil vom 18.06.2015 entschied der Bundesfinanzhof, dass freiwillige Zahlungen von Spielbankkunden an die Saalassistenten für das Servieren von Speisen und Getränken steuerfreie Trinkgelder im Sinne des § 3 Nr. 51 EStG sein können. Die Steuerfreiheit gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber als eine Art Treuhänder bei der Aufbewahrung und Verteilung der Gelder eingeschaltet ist. Im Streitfall übte der Kläger in einer Spielbank eine Art Kellnertätigkeit aus. Er war nicht Teil des spieltechnischen Personals, wie etwa die Croupiers. Im Gehaltstarifvertrag war vereinbart, dass die freiwilligen Zuwendungen von Besuchern der Spielbank an die Saalassistenten als Trinkgelder arbeitstäglich zu erfassen und ausschließlich zugunsten dieses Personenkreises zu verwenden seien. Die Spielbank zahlte aus dem Aufkommen monatlich vorab einen pauschalen Anteil, der Restbetrag wurde nach einem festgelegten Punktesystem verteilt. Das Finanzamt vertrat die Auffassung, es handele sich dabei nicht um steuerfreies Trinkgeld im Sinne des § 3 Nr. 51 EStG. Das FG schloss sich dieser Auffassung an und wies die Klage ab. Der Bundesfinanzhof widersprach mit seinem Urteil der Auffassung der Vorinstanzen. Damit knüpfte er an seine bisherige Rechtsprechung zum Trinkgeldbegriff an. Bei den von den Spielbankkunden neben dem Rechnungsbetrag gegebenen Geldern handelt es sich um freiwillige Zahlungen von Dritten, auf die kein Rechtsanspruch besteht. Der Tarifvertrag regelte lediglich die Verteilung und Auskehrung der bereits geleisteten Trinkgelder durch die Spielbank. Der Bundesfinanzhof urteilte daher, dass der Streitfall nicht mit den das spieltechnische Personal betreffenden  Tronc-Einnahmen vergleichbar ist, da zwischen den Saalassistenten und den Spielbankkunden eine typische persönliche und unmittelbare Leistungsbeziehung vorliege. Im Gegensatz zu den Croupiers besteht für dieses Personal zudem kein gesetzliches Trinkgeldannahmeverbot. Die Einschaltung der Spielbank als eine Art Treuhänder bei der Verteilung der Gelder spiele dabei keine Rolle. Vielmehr sei dieses Verteilungssystem vergleichbar mit einer "Poolung von Einnahmen" wie es im Friseur- oder Gaststättengewerbe üblich ist.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Grenzen der Speicherung digitalisierter Steuerdaten aufgrund einer Außenprüfung

Die Finanzverwaltung darf im Rahmen einer Außenprüfung die Herausgabe digitalisierter Steuerdaten zur Speicherung und Auswertung auf mobilen Rechnern der Prüfer nur verlangen, wenn Datenzugriff und Auswertung in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen oder der Finanzverwaltung stattfinden. Über den Zeitraum der Prüfung hinaus ist es untersagt, Daten des Steuerpflichtigen auf Rechnern außerhalb der behördlichen Diensträume zu speichern. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 16.12.2014. Im strittigen Fall hatte das Finanzamt im Rahmen einer Außenprüfung bei dem Kläger, einem selbständigen Steuerberater, mit der Prüfungsanordnung die zu prüfenden Steuerdaten in digitaler Form auf einem maschinell verwertbaren Datenträger angefordert. Der Kläger verweigerte die Herausgabe eines Datenträgers und bot lediglich an, die Prüfung an seinem betrieblichen Datenverarbeitungssystem durchzuführen. Nach seiner Auffassung dürfe das Finanzamt diese Daten nicht wie angekündigt über die Prüfung hinaus bis zur Bestandskraft von nach der Außenprüfung erlassenen Bescheiden auf dem mobilen Rechner des Prüfers speichern. Einspruch und Klage blieben allerdings erfolglos. Der Bundesfinanzhof stützte nun mit seinem Urteil die Ansicht des Steuerberaters. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit muss der Gefahr missbräuchlicher Verwendung der Daten  angemessen Rechnung getragen werden. Diese Gefahr ist beispielsweise gegeben, wenn Daten außerhalb der Geschäftsräume des Steuerpflichtigen oder der Diensträume der Behörde infolge eines Diebstahls des Prüfer-Notebooks in fremde Hände geraten. Dem berechtigten  Bedürfnis nach Datensicherheit wird nur dann entsprochen, wenn die Daten des Steuerpflichtigen ausschließlich in seinen Geschäftsräumen oder an Amtsstelle erhoben und verarbeitet werden. Nach Abschluss der Außenprüfung dürfen die Daten nur noch in den Diensträumen der Finanzverwaltung gespeichert bzw. aufbewahrt werden. Und zwar nur solange die Behörde die Daten für Zwecke des Besteuerungsverfahrens benötigt (z.B. bis zum Abschluss etwaiger Rechtsbehelfsverfahren). Dadurch ist auch keine nennenswerte Beeinträchtigung einer rechnergestützten Außenprüfung zu erwarten. Die räumliche Beschränkung des Datenzugriffs folgt zudem eindeutig dem Wortlaut des § 200 Abs. 2 AO und des § 6 der Betriebsprüfungsordnung 2000. Danach hat der Steuerpflichtige die prüfungsrelevanten Unterlagen nur in seinen Geschäftsräumen, notfalls auch in seinen Wohnräumen oder an Amtsstelle vorzulegen. Ein anderer Prüfungsort kommt nur ausnahmsweise in Betracht.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Einspruch durch einfache E-Mail ohne qualifizierte elektronische Signatur möglich

Hat die Finanzbehörde einen Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente eröffnet, kann auch nach der bis zum 31.07.2013 geltenden Fassung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO ein Einspruch mit einfacher E-Mail eingelegt werden, ohne dass diese mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen werden muss. So entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 13.05.2015. Im Streitfall hatte die Familienkasse im Januar 2013 eine zugunsten der Klägerin erfolgte Kindergeldfestsetzung aufgehoben und in dem Bescheid ihre E-Mail-Adresse angegeben. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin per E-Mail Einspruch ein. Die Familienkasse lehnte diesen als unbegründet ab. Das FG gab der dagegen gerichteten Klage nicht statt, da der Einspruch mangels qualifizierter elektronischer Signatur nicht wirksam eingelegt worden sei. Deshalb liege ein bereits bestandskräftiger Aufhebungsbescheid vor. Dem widersprach der Bundesfinanzhof mit Bezug auf die noch bis zum 31.07.2013 geltende Fassung des § 357 Abs. 1 Satz 1 AO. Danach ist der Einspruch schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären. Auch nach bisheriger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs erfordert die schriftliche Einlegung eines Einspruchs nicht, dass dieser vom Einspruchsführer eigenhändig unterschrieben wird. Es reicht aus, wenn aus dem Schriftstück hervorgeht, wer den Einspruch eingelegt hat. Analoges gilt mit diesem Urteil des Bundesfinanzhofs nun für einen elektronisch eingelegten Einspruch. Demzufolge ist ein einfaches elektronisches Dokument ohne qualifizierte elektronische Signatur (wie beispielsweise eine einfache E-Mail) geeignet, einen papiergebundenen, schriftlich eingelegten Einspruch zu ersetzen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Behörde einen Zugang für die Übermittlung elektronischer Dokumente eröffnet hat. Im Streitfall war dies seitens der Familienkasse durch die Angabe ihrer E-Mail-Adresse in dem angegriffenen Bescheid geschehen. Ab dem 01.08.2013 wurde in den § 357 Abs. 1 Satz 1 AO aufgenommen, dass der Einspruch auch elektronisch erfolgen kann. Damit wurde klargestellt, dass zur Einspruchseinlegung keine qualifizierte elektronische Signatur erforderlich ist. Allerdings gilt diese bürgerfreundliche Erleichterung nicht für eine eventuell nachfolgende Klageerhebung. Da der § 52a FGO formstrenger gefasst ist, sollten daher zur Möglichkeit einer elektronischen Klageerhebung die Einzelheiten der Rechtsbehelfsbelehrung der jeweiligen Einspruchsentscheidung beachtet werden.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Dienstreise-Kaskoversicherung

Mit Schreiben vom 09.09.2015 teilte das Bundesministerium für Finanzen mit, dass seine Durchführungsrichtlinie vom 31.03.1992 „Dienstreise-Kaskoversicherung des Arbeitgebers für Kraftfahrzeuge des Arbeitnehmers und steuerfreier Fahrtkostenersatz“ mit sofortiger Wirkung aufgehoben ist. Die Durchführungsrichtlinie bezieht sich auf ein Urteil des Bundesfinanzhofs vom 27.06.1991. Hintergrund ist, dass seit dem 01.01.2014 die pauschalen Kilometersätze für die Benutzung von Kraftfahrzeugen im Rahmen von Auswärtstätigkeiten in § 9 Absatz 1 Satz 3 Nummer 4a EStG gesetzlich geregelt sind. Sie gelten danach unvermindert auch dann, wenn der Arbeitnehmer keine eigene Fahrzeug-Vollversicherung, sondern der Arbeitgeber eine Dienstreise-Kaskoversicherung für ein Kraftfahrzeug des Arbeitnehmers abgeschlossen hat. In dem Falle führt die Prämienzahlung des Arbeitgebers auch weiterhin nicht zum Lohnzufluss beim Arbeitnehmer.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz