2012

Beleg- und Buchnachweispflichten bei der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen

Für ausgeführte innergemeinschaftliche Lieferungen wird es bis zum Inkrafttreten einer erneuten Änderung des § 17a UStDV nicht beanstandet werden, wenn der Nachweis der Steuerbefreiung noch auf der Grundlage der bis 31.12.2011 geltenden Rechtslage geführt wird. Das teilt das BMF mit Schreiben vom 01.06.2012 unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder mit. Durch die „Zweite Verordnung zur Änderung steuerlicher Verordnungen“ vom 02.12.2011 wurden u. a. die §§ 17a, 17b und 17c UStDV mit Wirkung vom 01.01.2012 geändert. Mit diesen Änderungen sind für die Steuerbefreiung innergemeinschaftlicher Lieferungen neue Nachweisregelungen festgelegt. Insbesondere wird als Nachweis eine sogenannte Gelangensbestätigung gefordert. Wie diese konkret aussehen soll, blieb bislang aber unklar und führte daher zu einer großen Unsicherheit für innergemeinschaftliche Lieferungen ausführende Unternehmer. 

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Schuldzinsenabzug bei auf ein Kontokorrentkonto ausgezahltem Investitionsdarlehen

Der Bundesfinanzhof hat mit Urteil vom 23.02.2012 die Bedeutung des Finanzierungszusammenhangs zwischen Auszahlung von Darlehensmitteln für Investitionen und deren Bezahlung klargestellt, sofern das Investitionsdarlehen auf ein Kontokorrentkonto ausgezahlt wurde. Generell ist nach der tatsächlichen Verwendung der Darlehensmittel bestimmt, ob Schuldzinsen im Sinne des § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungskosten oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens vorliegen und somit als Betriebsausgaben abziehbar sind. Werden Darlehensmittel auf ein betriebliches Kontokorrentkonto überwiesen, von dem nicht nur die Anlagegüter, sondern auch sonstige (betriebliche und private) Aufwendungen beglichen werden, ist unter Umständen strittig, inwieweit die Darlehensmittel tatsächlich zur Anschaffung der Anlagegüter verwendet wurden. Denn nur die dafür entstandenen Schuldzinsen sind unbeschränkt abziehbar. Seitens des Bundesfinanzhofs wird unwiderlegbar vermutet, dass auf ein Kontokorrentkonto ausgezahlte Darlehensmittel für derartige Finanzierungen verwendet wurden, die innerhalb von 30 Tagen vor oder nach Auszahlung der Darlehensmittel tatsächlich über das entsprechende Kontokorrentkonto erfolgten. Beträgt der Zeitraum mehr als 30 Tage, muss der Unternehmer den erforderlichen Finanzierungszusammenhang zwischen Auszahlung der Darlehensmittel und Bezahlung der Wirtschaftsgüter nachweisen. Grundsätzlich reicht die Finanzierung von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens durch Belastung des Kontokorrentkontos aus, um die dadurch veranlassten Schuldzinsen von der Überentnahmeregelung auszunehmen. Darüber hinaus entschied der Bundesfinanzhof, dass auch Kontokorrentzinsen, die durch die Finanzierung von Anlagevermögen entstehen, unbegrenzt abziehbar sind, da in dem Falle die Kontokorrentverbindlichkeit als Darlehen zu betrachten ist.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Kindergeld bei Au-Pair-Aufenthalt im Ausland

Für volljährige Kinder wird unter anderem nur dann Kindergeld gezahlt, wenn sie eine Berufsausbildung erhalten. Die dabei erworbenen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen sollen dazu dienen, später einen Beruf ausüben und seinen Lebensunterhalt verdienen zu können. Der Bundesfinanzhof bestätigte nun mit Urteil vom 15.03.2012 seine Rechtsprechung, dass Sprachaufenthalte im Rahmen eines Au-Pair-Verhältnisses im Ausland grundsätzlich nur dann als Berufsausbildung anzusehen sind, wenn sie von einem durchschnittlich mindestens zehn Wochenstunden umfassenden theoretisch-systematischen Sprachunterricht begleitet werden. Dabei gibt es allerdings einige Sonderfälle, die trotz weniger als durchschnittlich zehn Wochenstunden Sprachunterricht ausnahmsweise als Berufsausbildung zu werten sein können. Beispielsweise können einzelne Monate anerkannt werden, wenn sie durch intensiven, die Grenze von zehn Wochenstunden deutlich überschreitenden Unterricht geprägt werden (z.B. Blockunterricht oder Lehrgänge). Zudem kann eine Berufsausbildung anerkannt werden, wenn der Fremdsprachenunterricht einen über die übliche Vorbereitung und Nachbereitung hinausgehenden zusätzlichen Zeitaufwand erfordert (z.B. fachlich orientierter Sprachunterricht, Vorträge des Kindes in der Fremdsprache). Auch können Auslandsaufenthalte unabhängig vom Umfang des Fremdsprachenunterrichts als Berufsausbildung zu qualifizieren sein, wenn sie von einer Ausbildungs- oder Prüfungsordnung zwingend vorausgesetzt werden oder der Vorbereitung auf einen für die Zulassung zum Studium oder zu einer anderen Ausbildung erforderlichen Fremdsprachentest dienen. Im Streitfall hielt sich die Tochter des Klägers nach dem Abitur von August 2006 bis Juni 2007 als Au-Pair in England auf. Die Klage auf Kindergeld hatte in diesem Falle keinen Erfolg, da der Kläger keine konkreten Angaben bezüglich einer Sprachschulung machen konnte. Die von der Tochter abgelegte Sprachprüfung war für die Integration von Einwanderern konzipiert und für die Zulassung zu einem Ausbildungsgang oder Beruf nicht unmittelbar nützlich. FG und auch Bundesfinanzhof gingen deshalb davon aus, dass die Tochter wöchentlich weniger als zehn Stunden Sprachunterricht erhalten hatte.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Kein Splittingtarif für nicht verheiratete Eltern

Der Ausschluss von zusammenlebenden, aber nicht verheirateten Eltern vom Splittingtarif nach §§ 26, 26b EStG verstößt nicht gegen das Gebot, Ehe und Familie zu schützen. Die Beschränkung des Splittingtarifs auf verheiratete Eltern verletzt auch nicht Art. 6 Abs. 5 GG, der eine Ungleichbehandlung von ehelichen und nichtehelichen Kindern verbietet. So entschied der Bundesfinanzhof in seinem Urteil vom 21.03.2012. Im konkreten Fall lebte ein unverheiratetes Paar mit seinem gemeinsamen Kind in einem gemeinsamen Haushalt. Die Versagung des Splittingtarifs führte dazu, dass der Vater (Kläger) für das Streitjahr 2006 im Vergleich zu verheirateten Eltern etwa 7.000 EUR mehr an Steuern zahlen musste. Das verfügbare Familieneinkommen, nach dem sich der Unterhalt des Kindes bemisst, verminderte sich demzufolge um diesen Betrag. Mit einer Nichtzulassungsbeschwerde wollte der Kläger die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend machen, was aber der Bundesfinanzhof als unbegründet zurückwies. Die Zusammenrechnung der Einkünfte verheirateter Ehegatten und die Anwendung des Splittingtarifs bei der Wahl der Zusammenveranlagung entsprechen dem Schutzgebot des Art. 6 GG. Unverheiratete Eltern, welche die mit einer Eheschließung verbundenen Rechtsfolgen, zu denen auch das Veranlagungswahlrecht des Splittingtarifs gehört, bewusst nicht eintreten lassen wollen, können diese Rechtsfolgen auch nicht für sich beanspruchen. Eine nicht zu vereinbarende Ungleichbehandlung ist deshalb darin nicht zu sehen.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Eigener Hausstand bei doppelter Haushaltsführung

Wann die Voraussetzungen einer doppelten Haushaltsführung gegeben sind, entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 28.03.2012. Grundsätzlich ist zwischen dem Unterhalten eines eigenen Haushalts und danach, wer die Kosten dafür trägt, zu unterscheiden. Einen eigenen Hausstand kann auch unterhalten, wer die Mittel dazu von einem Dritten erhält. Zudem ist regelmäßig vom Unterhalten eines eigenen Hausstands auszugehen, wenn der Haushalt in einer in sich abgeschlossenen Wohnung geführt wird, die auch nach Größe und Ausstattung ein eigenständiges Wohnen und Wirtschaften gestattet. Im strittigen Fall hatte die Klägerin nach ihrer Scheidung wieder eine Wohnung im Haus ihrer Eltern bezogen, die sie als Lebensmittelpunkt angab. Sie war aber weiterhin anderenorts beschäftigt, wo sie ebenfalls eine Wohnung unterhielt. Das Finanzamt erkannte keine doppelte Haushaltsführung an und verweigerte auch die Anerkennung der Fahrtkosten zwischen dem  neuen Wohnort und dem Beschäftigungsort. Ausschlaggebend war, dass die Klägerin keine Mietzahlungen nachweisen konnte und daher bezweifelt wurde, dass sie tatsächlich einen eigenen Hausstand unterhielt. Das FG stimmte dieser Auffassung zu, akzeptierte jedoch, dass der neue Lebensmittelpunkt im Hause der Eltern war, sodass die Fahrtkosten zu berücksichtigen waren. Der Bundesfinanzhof widmete sich dem Thema tiefgründiger. Dem Merkmal der Entgeltlichkeit wurde lediglich eine Indizfunktion beigemessen. Eine eigene Haushaltsführung eines auswärts Beschäftigten sei nicht zwingend ausgeschlossen, wenn sich dessen finanzielle Beteiligung am Haushalt nicht feststellen lässt, wie auch umgekehrt aus einem finanziellen Beitrag allein nicht zwingend auf das Unterhalten eines eigenen Haushalts zu schließen ist. Entscheidend ist, ob tatsächlich ein eigener Haushalt geführt wird. Dabei sind auch die persönlichen Lebensumstände, Alter und Personenstand des Steuerpflichtigen zu berücksichtigen. Da die Klägerin schon im Rahmen ihrer Ehe anderenorts einen eigenen Hausstand führte, sei es nicht fernliegend, dass sie diesen auch im Haus der Eltern weiter unterhalten und fortgeführt hat. Das FG muss daher in einem zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen treffen und auf dieser Grundlage erneut beurteilen, ob die Klägerin in der fraglichen Wohnung einen eigenen Hausstand unterhielt.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

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