2011

Einschränkung des Vorsteuerabzugs bei teilweise unternehmerisch und privat genutzten Gebäuden

Der Vorsteuerabzug beim Bau eines von Ehegatten sowohl unternehmerisch als auch privat genutzten Gebäudes wird vom Bundesfinanzhof mit den beiden Urteilen vom 07.07.2011 (V R 41/09 und V R 42/09) eingeschränkt. Einfluss auf die Höhe des Vorsteuerabzugs haben demzufolge der jeweilige Anteil der Miteigentümer, der unternehmerisch genutzte Anteil des Gebäudes sowie eine zeitnahe Zuordnungsentscheidung, in welchem Umfange eine unternehmerische Nutzung erfolgen soll. So hatte im ersten Fall ein Ehepaar auf einem Grundstück, das jedem Partner zur Hälfte gehörte, ein Gebäude errichtet. Der Ehemann nutzte 41,50% als Büro. Die restliche Fläche diente den Eheleuten zu eigenen Wohnzwecken. Ihren hälftigen Miteigentumsanteil vermietete die Ehefrau umsatzsteuerpflichtig an ihren Ehemann und machte aus den anteiligen Baukosten den Vorsteuerabzug geltend. Dies wurde verweigert. Klage und auch Revision wurden zurückgewiesen, weil die Ehefrau mit der Vermietung ihres Eigentumsanteils an ihren Ehemann nicht im umsatzsteuerrechtlichen Sinne wirtschaftlich tätig sein konnte. Nach der Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union werden bei einer Miteigentümergemeinschaft die dienstlich genutzten Räumlichkeiten an den unternehmerisch tätigen Miteigentümer bis zur Höhe seines Miteigentumsanteils geliefert. Dieser Anteil kann daher nicht Gegenstand einer Vermietung durch den anderen Eigentümer sein. Konkret waren es hier 50%, sodass die 41,50% Büronutzung in voller Höhe an den Ehemann geliefert wurden. Im zweiten Streitfall wurde der Vorsteuerabzug des Ehemanns abgelehnt, weil er die bei privat und unternehmerisch genutzten Wirtschaftsgütern erforderliche und grundsätzlich sofort bei Leistungsbezug zu treffende Zuordnungsentscheidung nicht “zeitnah" gegenüber der Finanzverwaltung dokumentiert hatte. Zeitnah heißt, dass die Dokumentation der Zuordnungsentscheidung im Rahmen der Umsatzsteuer-Voranmeldung, spätestens jedoch im Rahmen der Jahressteuererklärung erfolgen muss. Keine "zeitnahe" Dokumentation der Zuordnungsentscheidung liegt allerdings vor, wenn die Zuordnungsentscheidung dem Finanzamt erst nach Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist von Steuererklärungen (31. Mai des Folgejahres) mitgeteilt wird.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Aufenthaltsdauer entscheidend für unbeschränkte Steuerpflicht

Wer in Deutschland seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, ist hier auch unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Das gilt gleichfalls für Bürger eines anderen Staates, die in Deutschland arbeiten und am Wochenende und in den Ferien die Heimfahrt antreten. Der Bundesfinanzhof hat in seinem Urteil vom 22.06.2011 entschieden, dass für eine unbeschränkte Steuerpflicht trotz Unterbrechungen mindestens sechs Monate Aufenthalt im Inland maßgebend sind. Dies trifft bereits dann zu, wenn sich der Steuerpflichtige für mehr als sechs Monate an demselben Ort aufhält und hierfür kein rein privater Grund vorliegt. Im strittigen Fall hatte eine in der Schweiz lebende Moderatorin bei einem deutschen Fernsehsender einen Vertrag über vier Jahre Laufzeit abgeschlossen, beginnend am 01.01.1996. Für die Dauer von rund dreieinhalb Jahren reiste sie von Montag bis Freitag nach Deutschland. In dieser Zeit wohnte sie in einem vom Fernsehsender gebuchten und bezahlten Hotel. An den Wochenenden und in der Ferienzeit reiste sie in die Schweiz. Für die betreffenden Jahre erließ das zuständige Finanzamt in Deutschland Einkommensteuerbescheide. Die Moderatorin war allerdings der Auffassung, dass Deutschland kein Besteuerungsrecht zustehe, da sie ihren Wohnsitz in der Schweiz behalten habe. Der Bundesfinanzhof widersprach nun mit seinem Urteil, da sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt nach § 9 AO in Deutschland hatte. Der 31. Dezember eines Jahres ist dabei keine Zeitgrenze für den jeweiligen zeitlich zusammenhängenden Aufenthalt, sodass im behandelten Streitfall der Zeitraum für die jährlichen Ferien von Ende Juni bis Mitte August ebenfalls nicht schädlich für die unbeschränkte Steuerpflicht sind. Von Mitte August bis Ende Juni des Folgejahres ergibt sich eine Aufenthaltsdauer von mehr als sechs Monaten. Kürzere Unterbrechungen wie Wochenendfahrten bleiben unberücksichtigt, da der Zweck des Aufenthalts - die dauerhafte Erfüllung des Vertrages zur Produktion der Show - davon nicht berührt wird. Im konkreten Fall geht der Senat sogar so weit, dass angesichts der beruflich bedingten und auf die Vertragslaufzeit von vier Jahren bezogenen langfristigen Anwesenheitsplanung auch die vertraglich vereinbarte Sommerpause eine "kurzfristige Unterbrechung" im Rahmen des § 9 Satz 2 AO darstellt.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Elektronisch übermittelte Rechnungen ab 01.07.2011

Im Rahmen des Steuervereinfachungsgesetzes 2011 wird unter anderem geregelt, dass ab dem 01.07.2011 Erleichterungen bei der Verwendung von elektronisch übermittelten Rechnungen gelten. So ist es für elektronische Rechnungen, mit denen über nach dem 30.06.2011 erbrachte Leistungen abgerechnet wird, nicht mehr erforderlich, dass diese Rechnungen über eine qualifizierte elektronische Signatur verfügen, um einen Vorsteuerabzug vornehmen zu können. Vielmehr ist es nun grundsätzlich unerheblich, in welchem Format eine Rechnung übermittelt wird. Dies kann beispielsweise als E-Mail mit Dateianhang oder Web-Download sein. Es müssen jedoch weiterhin insbesondere die Echtheit der Herkunft und die inhaltliche Unversehrtheit der Rechnung sichergestellt werden. Dies muss mittels eines innerbetrieblichen Kontrollverfahrens erfolgen, dessen Ablauf allerdings jeder Unternehmer selbst festlegen kann. Auf jeden Fall sollten die inhaltliche Richtigkeit und der tatsächliche Zahlungsanspruch des Rechnungsausstellers geprüft werden. Zu beachten ist weiterhin, dass elektronisch empfangene Rechnungen auch elektronisch aufzubewahren sind. Dabei ist sicherzustellen, dass die Lesbarkeit über einen Zeitraum von zehn Jahren gewährleistet wird. Vom Gesetzgeber werden hierfür beispielhaft die Speicherung auf nur einmal beschreibbaren CDs oder DVDs angeführt. Diese Speicherung sollte in regelmäßigen Abständen je nach dem Aufkommen der empfangenen Rechnungen erfolgen. Eine Speicherung in Papierform wird ausdrücklich nicht als zulässig angesehen. 

Anmerkung: Das Steuervereinfachungsgesetz 2011 wurde am 23.09.2011 vom Deutschen Bundestag beschlossen. Da die Regelungen, die noch im Juli zur Ablehnung des Gesetzes durch den Bundesrat geführt hatten, gestrichen wurden, tritt das Gesetz nun in Kraft. Hinsichtlich der genauen Ausgestaltung des innerbetrieblichen Kontrollverfahrens sowie der Anforderungen an die Archivierung bleibt ein BMF-Schreiben abzuwarten. Die bisherige Sichtweise der Finanzverwaltung ist in einem Fragen-Antwort-Katalog dargestellt.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Steuerberatungskosten für die Anfertigung der Einkommensteuererklärung

In seinem Beschluss vom 18.05.2011 nahm der Bundesfinanzhof unter anderem auch Stellung zu den für die Anfertigung der Einkommensteuerklärung anfallenden Steuerberatungskosten. Demnach sind durch die Entscheidung des Großen Senats zur Aufgabe des Aufteilungs- und Abzugsverbot von Steuerberatungskosten die bislang entwickelten Grundsätze für die Zuordnung der Steuerberatungskosten nicht erneut überprüfungsbedürftig geworden. Das heißt, dass die Kosten für die Anfertigung einer Einkommensteuererklärung nicht aufzuteilen sind. Grundsätzlich sind Steuerberatungskosten als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar, wenn und soweit sie bei der Ermittlung der Einkünfte anfallen. Das einfache Übertragen der Ergebnisse der Einkünfteermittlung in die entsprechenden Anlagen zur Einkommensteuererklärung und das übrige Ausfüllen der Einkommensteuererklärung gehören nicht hinzu. Die hierauf entfallenden Kosten können daher auch nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten berücksichtigt werden. Der Kläger hatte in den Streitjahren 1996 bis 2000 fast ausschließlich Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Die für die Erstellung seiner Einkommensteuererklärungen entstandenen Steuerberatungskosten verbuchte er ebenfalls als Betriebsausgaben. Finanzamt und FG werteten diese Kosten jedoch als Sonderausgaben. Dies hatte zwar bei der Einkommensteuer keine Auswirkungen, wohl aber bei der Festsetzung der Gewerbesteuermessbeträge. Da die Pflicht zur Abgabe seiner Steuererklärung ausschließlich durch Einkünfte aus Gewerbebetrieb veranlasst sei, sah der Kläger hier grundsätzlichen rechtlichen Klärungsbedarf, ob diese Kosten auch beruflich veranlasst seien.  Der Bundesfinanzhof begründete in seinem Beschluss dazu, dass Steuerberatungskosten, die für das Erstellen der Einkommensteuererklärung über die bloße Ermittlung der Einkünfte hinaus entstehen, zu den nicht als Betriebsausgaben abziehbaren Aufwendungen im Bereich der Einkommensverwendung gehören. Auch bei nur einer einzigen Einkunftsart gelte nichts anderes. Allenfalls beruflich mitveranlasst seien im Streitfall die Eintragungen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb in die Anlage GSE. Dem standen allerdings erhebliche private Abzugsposten gegenüber, sodass der Aufwand für die bloße Eintragung der gewerblichen Einkünfte in die Anlage GSE als unbedeutend zu werten seien.

Hinweis: Nach § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG konnten bis Ende 2005 private Steuerberatungskosten als Sonderausgaben abgezogen werden. Durch das Gesetz zum Einstieg in ein steuerliches Sofortprogramm wurde § 10 Abs. 1 Nr. 6 EStG mit Wirkung ab dem Veranlagungszeitraum 2006 aufgehoben. Begründet wurde dies mit dem Ziel der Rechtsvereinfachung, des Abbaus von Ausnahmetatbeständen und der Erweiterung der Bemessungsgrundlage.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Ähnliche Artikel zu diesem Thema:

Private Steuerberatungskosten nicht abziehbar - bis auf Weiteres

Aufwendungen für die krankheitsbedingte Unterbringung eines Angehörigen als außergewöhnliche Belastungen

Der Bundesfinanzhof entschied in seinem Urteil vom 30.06.2011, dass Aufwendungen, die einem Steuerpflichtigen für die krankheitsbedingte Unterbringung eines Angehörigen in einem Altenpflegeheim entstehen, eine außergewöhnliche Belastung im Sinne des § 33 EStG darstellen können. Abziehbar sind neben den Pflegekosten auch Kosten für die Unterbringung und Verpflegung, soweit es sich hierbei um Mehrkosten handelt, die bei ganz normaler Lebensführung entstehen. Der Abzug ist jedoch nur möglich, wenn die außergewöhnlichen Belastungen den Betrag der sogenannten zumutbaren Belastung überschreiten. Eine Aufteilung derartiger Kosten in Unterhaltskosten im Sinne von § 33a EStG und Krankheitskosten im Sinne von § 33 EStG kommt nicht in Betracht. Zudem besteht bei Unterhaltsaufwendungen kein Wahlrecht zwischen einem Abzug nach § 33 EStG oder nach § 33a EStG. Im entschiedenen Fall hatte das Sozialamt die Klägerin auf Erstattung von 1.316 € für die Unterbringung ihres nach einem Schlaganfall pflegedürftigen Vaters in einem Pflegeheim in Anspruch genommen. Diese machte den Betrag in ihrer Einkommensteuererklärung als außergewöhnliche Belastungen geltend.  Nach Abzug der Unterhaltskosten für seine Frau trug der Vater selbst rd. 9.000 € der Heimkosten. Die Pflegeversicherung übernahm etwa 22.000 € und den verbleibenden Restbetrag hatte das Sozialamt gezahlt. Das Finanzamt akzeptierte die Geltendmachung als außergewöhnliche Belastungen nicht und auch das FG wies die Klage mit der Begründung ab, dass die Unterhaltsaufwendungen der Klägerin zu Recht nicht nach § 33a Abs. 1 EStG berücksichtigt wurden, weil die anrechenbaren Einkünfte und Bezüge des Vaters den Höchstbetrag von 7.680 EUR überstiegen. Der Bundesfinanzhof bestätigte zwar, dass die Geltendmachung als außergewöhnliche Belastungen richtigerweise verweigert wurde, stellte dabei aber klar, dass hier nicht § 33a Abs. 1 EStG, sondern § 33 EStG zur Anwendung komme. Im Streitfall handele es sich um eine krankheitsbedingte Unterbringung und somit um Krankheitskosten und nicht um Unterhaltskosten, die bei einer altersbedingten Unterbringung anfallen. Ein Abzug der streitigen Aufwendungen scheide im konkreten Falle aber trotzdem aus, weil die Aufwendungen in Höhe von 1.316 € die zumutbare Belastung der Klägerin im Sinne von § 33 Abs. 3 EStG nicht übersteigen. Bei ihren Einkünften im Streitjahr in Höhe von 73.180 € betrug die zumutbare Belastung gemäß § 33 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b EStG 4.390,80 € (6 % des Gesamtbetrags der Einkünfte).

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

Ähnliche Artikel zu diesem Thema:

Erwerb eines Treppenschräglifts als außergewöhnliche Belastung abzugsfähig