2010

Abgrenzung von haushaltsnaher Dienstleistung und Handwerkerleistung

Im Urteil vom 06.05.2010 stellte der BFH klar, dass es sich bei Maler- und Tapezierarbeiten an Innenwänden und Decken nicht um hauswirtschaftliche Tätigkeiten handelt, die als haushaltsnahe Dienstleistungen im Sinne des § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG in der Fassung des Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 26.04.2006 begünstigt sind, sondern um handwerkliche Tätigkeiten, welche als Hand­werkerleistungen nach § 35a Abs. 2 Satz 2 EStG steuerlich zu berücksichtigen sind. Bereits bei der Rechtsprechung des Senats in seinen Urteilen vom 01.02.2007 wurde entschieden, dass haushaltsnahe Dienstleistungen eine hinreichende Nähe zur Haushaltsführung aufweisen müssen. Er hat da­bei den Begriff "haushaltsnah" als sinnverwandt mit dem Be­griff "hauswirtschaftlich" angesehen. Zu diesen Tätigkeiten gehören u. a. Einkaufen von Ver­brauchsgütern, Kochen, Wäschepflege, Reinigung und Pflege der Räume, des Gartens und auch Pflege, Versorgung und Betreuung von Kindern und kranken Haushaltsangehörigen, aber demnach keine Dienstleistungen, die keinen Bezug zur Hauswirtschaft haben. Sämtliche handwerkliche Tätigkeiten, also auch einfache handwerkliche Verrichtungen, etwa regelmä­ßige Ausbesserungs- und Erhaltungsmaßnahmen, werden als Handwerkerleistungen erfasst.

Anmerkung: Das Urteil erging nicht zur aktuellen Gesetzesfassung, ist auf diese aber übertragbar.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

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Leiharbeitnehmer haben typischerweise keine regelmäßige Arbeitsstätte

Der BFH hat mit Urteil vom 17.06.2010 entschieden, dass ein Leiharbeitnehmer grundsätzlich Verpflegungsmehraufwand geltend machen kann, da er nicht  typischerweise über eine regelmäßige Arbeitsstätte verfügt. Damit ist § 9 Abs. 5 EStG in  Verbindung mit § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG für Leiharbeiter anwendbar. Sofern diese nicht dauerhaft in der Arbeitsstätte ihres Arbeitgebers, sondern bei dessen  Kunden vor Ort tätig sind, können die Mehraufwendungen für Verpflegung als Werbungskosten steuerlich geltend gemacht werden. Der BFH begründete seine Entscheidung damit, dass sich ein Leiharbeitnehmer nicht darauf einrichten kann, an einem bestimmten Tätigkeitsmittelpunkt und damit an einer regelmäßigen Arbeitsstätte dauerhaft tätig zu sein. Offen ließ der BFH allerdings, ob der Auffassung der Finanzverwaltung zu folgen sei, dass ein Leiharbeitnehmer, der von seinem Arbeitgeber für die gesamte Dauer seines Dienstverhältnisses einem Entleiher überlassen wird, über eine regelmäßige Arbeitsstätte verfügt. In früheren Urteilen vom 10.07.2008 und vom 09.07.2009 hat der BFH entschieden, dass zwar eine Auswärtstätigkeit unabhängig von der Dauer des Einsatzes beim Kunden vorliegt, dies aber nicht zutrifft, wenn ein Arbeitnehmer für die gesamte Dauer seines Arbeitsverhältnisses dem Kunden zur Arbeit in dessen betrieblicher Einrichtung überlassen oder gar mit dem Ziel der späteren Anstellung beim Entleiher eingestellt wird. In diesem Fall ist der Leiharbeiter dauerhaft an einer regelmäßigen (wenn auch außerbetrieblichen) Arbeitsstätte tätig. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn der Arbeitnehmer - bestimmt durch die Art der Tätigkeit beim Kunden - bereits bei diesem eine Auswärtstätigkeit ausübt.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Vollzeiterwerbstätigkeit schließt die Berücksichtigung als Kind nicht aus

Entgegen der bisherigen Rechtssprechung entschied der BFH mit Urteil vom 17.06.2010, dass ein Kind, das auf einen Ausbildungsplatz wartet oder sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten befindet, auch für die Monate beim Kindergeldberechtigten als Kind zu berücksichtigen ist, in denen es einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgeht. Demzufolge sind alle Einkünfte des Kindes, unabhängig davon, ob aus Voll- oder Teilzeitbeschäftigung, bei der Prüfung des Erreichens des Grenzbetrages von derzeit 8.004 € im Kalenderjahr mit einzubeziehen. Vor dem aktuellen Urteil vertrat der BFH die Auffassung, dass dem Kindergeldberechtigten für die Monate der Vollzeiterwerbstätigkeit kein Kindergeld zustand mit der Folge, dass das Kindergeld möglicherweise aber für die übrigen Monate zu gewähren war, wenn die in diesen Monaten erzielten Einkünfte und Bezüge den dann anteiligen Grenzbetrag nicht überschritten. Die geänderte Rechtssprechung lässt zwar eine einfachere Handhabung zu, kann aber dazu führen, dass kein Anspruch auf Kindergeld besteht, wenn das Kind während der Monate, in denen es auf einen Ausbildungsplatz wartet, noch berufstätig ist und seine Einkünfte wegen der Einbeziehung des Arbeitslohns für diese Monate insgesamt über dem Grenzbetrag liegen.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

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Zusätzliche Mietzahlungen als außergewöhnliche Belastungen

Muss ein Steuerpflichtiger ersatzweise eine Wohnung anmieten, weil seine Erstwohnung nicht mehr bewohnbar oder deren Nutzung amtlich untersagt ist, so sind die zusätzlichen Mietzahlungen als außergewöhnliche Belastungen im Sinne von § 33 EStG zu berücksichtigen. So entschied der BFH in seinem Urteil vom 21.04.2010. Allerdings können diese zusätzlichen Aufwendungen nur für den Zeitraum als außergewöhnliche Belastung an­erkannt werden, der erforderlich ist, um die unbewohnbare erste Wohnung wieder in einen bewohnbaren Zustand zu versetzen. Ist das nicht möglich, so dürfen die Aufwendungen für den zusätzlichen Wohnbedarf nur bis zu dem Zeitpunkt anerkannt werden, in dem dem Steuer­pflichtigen diese Situation bewusst ist bzw. definitiv mitgeteilt wurde. Mit dieser Entscheidung berücksichtigt der BFH, dass zwangsläufig entstandene, höhere Aufwendungen zur Sicherung des existentiellen Wohnbedarfs, die einem Steuerpflichtigen gegenüber der überwiegenden Mehrzahl vergleichbarer Steuerpflichtiger erwachsen, wegen ihrer Außergewöhnlichkeit nicht durch den Grundfreibetrag abgegolten sind. Für die Höhe der steuerlichen Berücksichtigung ist wichtig, dass die zusätzlichen Aufwendungen einen angemessenen Betrag nicht übersteigen.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

 

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Änderung der Rechtsprechung zur Einkunftsart für Berufsbetreuer und Verfahrenspfleger

In zwei Urteilen vom 15.06.2010 hat der BFH entschieden, dass Einkünfte von Berufsbetreuern und Verfahrenspflegern als Einkünfte aus sonstiger selbständiger Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG und nicht als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu werten sind.

Der BFH hat festgestellt, dass sowohl Berufsbetreuer als auch Verfahrenspfleger die Interessen des jeweils Betroffenen wahrzunehmen und diese im jeweiligen Verfahren zu wahren haben. Zudem berühre die Tätigkeit auch die Vermögensverwaltung. Es handele sich bei der Tätigkeit um eine selbständige fremdnützige Tätigkeit in einem fremden Geschäftskreis, welche demnach den in § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG genannten Tätigkeiten vergleichbar sei. Einer der Entscheidungen des BFH lag die Klage einer Volljuristin ohne anwaltliche Zulassung zugrunde, die als Berufs­betreuerin und Verfahrenspflegerin tätig ist und deren Einkünfte durch die Vorinstanz, das FG Münster, als Einkünfte aus Gewerbebetrieb beurteilt wurden. Die zweite Entscheidung betraf eine Sozietät von Rechtsanwälten, die neben ihrer anwaltlichen Tätigkeit als Berufsbetreuer tätig sind. Hier hat der BFH zudem ausdrücklich festgestellt, dass die sogenannte Abfärberegelung gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG keine Anwendung finde.

Mit den Entscheidungen wendet sich der BFH von seiner bisherigen Rechtsprechung ab und stellt sich außerdem gegen die Auffassung der Finanzverwaltung.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz