Vorsteuerabzug und -korrektur bei Vorauszahlung für ein nicht geliefertes Blockheizkraftwerk in einem betrügerischen Schneeballsystem

von Björn Keller

Der Bundesfinanzhof entschied mit seinem Urteil vom 05.12.2018 (XI R 44/14), dass der Vorsteuerabzug aus einer geleisteten Vorauszahlung dem Erwerber eines später nicht gelieferten Blockheizkraftwerks nicht zu versagen ist, wenn zum Zeitpunkt der Zahlung die Lieferung als sicher zu erwarten war. Im Streitfall hatte der Kläger für den Erwerb eines Blockheizkraftwerks den Kaufpreis auf Basis einer entsprechenden Rechnung an die liefernde GmbH im Voraus gezahlt. Außerdem wurde ein Pachtvertrag über das Blockheizkraftwerk mit dem Kläger geschlossen (sogenanntes Verpachtungsmodell). Danach war die GmbH berechtigt, das Blockheizkraftwerk zur Erzeugung von Strom gegen eine monatlich zahlbare Pacht zu nutzen. Die vereinbarte Pacht war ab Beginn des zweiten Monats nach Vertragsabschluss zu zahlen, ohne dass es auf eine Übergabe des Blockheizkraftwerks angekommen wäre. Zur Lieferung, zum Betrieb des Blockheizkraftwerks und somit zur echten Verpachtung kam es nicht. Die GmbH wurde kurze Zeit später insolvent. Die Verantwortlichen der GmbH hatten offensichtlich niemals beabsichtigt, das Blockheizkraftwerk auch tatsächlich zu liefern. Sie hatten ein betrügerisches Schneeballsystem aufgebaut, wofür sie später strafrechtlich verurteilt wurden. Die von der GmbH vermeintlich als monatliche Pacht an den Käufer getätigten Zahlungen zuzüglich Umsatzsteuer meldete dieser an und führte die Umsatzsteuer an das Finanzamt ab. Außerdem machte der Kläger den sich aus der geleisteten Kaufpreiszahlung ergebenden Vorsteuerabzug geltend, den das Finanzamt allerdings nicht zuließ. Da der Bundesfinanzhof im Revisionsverfahren Zweifel an der zutreffenden Auslegung der einschlägigen europäischen Mehrwertsteuersystemrichtlinie hatte, richtete er an den Gerichtshof der Europäischen Union Fragen zur Vorabentscheidung. Nach dessen Urteil vom 31.05.2018 (C-660/16) wies der Bundesfinanzhof die Revision des Finanzamts nun als unbegründet zurück. Demnach steht dem Kläger als Unternehmer der streitige Vorsteuerabzug zu. Entscheidend war, dass er zum Zeitpunkt seiner Anzahlung alle maßgeblichen Elemente der zukünftigen Lieferung kannte. Zudem war anhand objektiver Umstände nicht erwiesen, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt wusste oder vernünftigerweise hätte wissen müssen, dass die Ausführung der Lieferung ungewiss war. Auch muss der Kläger den Vorsteuerabzug nicht nachträglich berichtigen, da die Vorsteuerberichtigung nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 UStG die Rückzahlung der geleisteten Vorauszahlung voraussetzt, die nicht erfolgte. Die Vorsteuerberichtigung war im Streitfall offenkundig unangemessen und daher ausgeschlossen. Denn aufgrund der Zahlungsunfähigkeit des Lieferers hätte der Kläger ohnehin anschließend von der Steuerbehörde die Erstattung der auf die Vorauszahlung entrichteten Steuer beanspruchen können.
Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

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