Unternehmereigenschaft bei planmäßigem An- und Verkauf von Waren über eine Internetplattform

von Björn Keller

Veräußert ein Verkäufer jährlich auf mehreren hundert Auktionen Waren über „ebay", so übt er eine nachhaltige und damit umsatzsteuerrechtlich eine unternehmerische steuerpflichtige Tätigkeit aus. Das entschied der Bundesfinanzhof mit seinem Urteil vom 12. Mai 2022 (V R 19/20). Im strittigen Fall erwarb die Klägerin bei Haushaltsauflösungen Gegenstände, die sie im Zeitraum von 2009 bis 2013 auf der Internet-Plattform "ebay" in reichlich 3.000 Auktionen versteigerte. Im Rahmen einer Steuerfahndungsprüfung wurden aus den Auktionen Einnahmen von rund 370.000 Euro ermittelt. Da die Klägerin keine Steuererklärungen abgegeben hatte, schätzte das Finanzamt die Betriebsausgaben und Vorsteuern in Höhe von 30 % der Einnahmen. In den Umsatzsteuerbescheiden für die Streitjahre setzte es Umsatzsteuer in Höhe von 19 % auf die festgestellten Einnahmen fest. Vorsteuerbeträge erkannte das Finanzamt nicht an. Die Klage beim FG hatte insofern einen Teilerfolg, weil dieses eine Schätzung der Betriebsausgaben bei der Einkommensteuer- und Gewerbesteuerfestsetzung von 60 % des Umsatzes als gerechtfertigt hielt. Dennoch ging die Klägerin in Revision. Der Bundesfinanzhof nahm diese an, da die Sache im Hinblick auf die Differenzbesteuerung nach § 25a UStG seitens des FG fehlerhaft war. Die Auktionstätigkeit der Klägerin als steuerpflichtige unternehmerische Tätigkeit war allerdings unstrittig.  Das FG hatte zu Unrecht zur Ermittlung der Umsatzsteuer den Bruttoumsatz zugrunde gelegt. Die Umsatzsteuer hätte jedoch aus dem Verkaufserlös herausgerechnet werden müssen. Außerdem muss das FG noch die fehlenden Feststellungen einholen, ob eine Differenzbesteuerung infrage kommt. Bei der Differenzbesteuerung wird bei einem Wiederverkäufer, der gewerbsmäßig Gegenstände öffentlich versteigert, für die keine Umsatzsteuer geschuldet wurde (hier durch Erwerb bei Haushaltsauflösungen), der Umsatz nicht nach dem Verkaufspreis, sondern nach dem Betrag bemessen, um den der Verkaufspreis den Einkaufspreis für den Gegenstand übersteigt. Fehlende Aufzeichnungen über Einkäufe stehen nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs der Differenzbesteuerung nicht zwingend entgegen, sodass dann zu schätzen ist.

Dipl.-Kfm. Björn Keller, Steuerberater, Chemnitz

Zurück